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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo
Autoren: Giovanni Guareschi
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gleich ein für allemal klar ist: Sobald ihr mit eurer Arbeit fertig seid, geht ihr. Um den Schrank zu öffnen, dazu genüge ich allein.«
    Zehn Minuten später war das ganze Dorf im Pfarrbezirk versammelt, und alle hatten eine sehr genaue Vorstellung von der Angelegenheit:
    »Don Camillo hat einen eingemauerten Schatz in der Sakristei gefunden.«
    Sogleich ging man zu den Details über und sprach von Töpfen voller Goldmünzen, von wertvollen Bildern und Gegenständen. Und es war unmöglich, die Leute zu beruhigen. Ein jeder wollte es sehen.
    Die acht Männer des Groben wurden somit sehr bald achtzig, und es bildete sich eine lange Kette von freiwilligen Helfern, die einander die Eimer voll Steinen und Mörtel weiterreichten. Die Mauer nahm rasch ab, und während sie sich verkleinerte, wurde der riesige Schrank aus Nußholz immer größer, majestätischer, faszinierender.
    Inzwischen war es Nacht geworden, aber niemand dort dachte daran, aufzuhören, und so wurde endlich der letzte Eimer mit Mörtelschutt hinausgetragen. Don Camillo pflanzte sich vor dem großen Schrank auf, wandte sich der Menge zu, die die Sakristei füllte, und sprach:
    »Vielen Dank für eure Hilfe und gute Nacht.«
    »Öffnen! Öffnen! Wir wollen es auch sehen!« schrien die Leute.
    »Das ist nicht Euer Zeug!« schrie eine Frau erzürnt: »Die Schätze gehören der Allgemeinheit!«
    »Erinnert euch daran, daß ihr hier nicht auf der Piazza seid! Hier seid ihr in der Kirche!« sagte Don Camillo. »Und alles, was in der Kirche drinnen ist, gehört der Kirche. Und über alles, was der Kirche gehört, muß ich den kirchlichen Autoritäten gegenüber Rechenschaft ablegen.«
    Der Maresciallo und die anderen Carabinieri pflanzten sich neben Don Camillo und vor dem Schrank mit dem Schatz auf. Aber es war offensichtlich, daß die Leute von Raserei gepackt waren und daß sie keiner jetzt mehr aufhalten konnte. Außerdem drückte auch noch das Menschenmeer nach, das draußen geblieben war und unbedingt hinein wollte.
    »Also gut«, sagte Don Camillo. »Geht zwei Schritte zurück, und ich werde öffnen.«
    Die Leute wichen zurück, und Don Camillo öffnete die erste Tür. Das Fach war vollgestopft mit dicken Büchern, ein jedes hatte eine Nummer am Rücken. Er öffnete die zweite Tür, und es kam das gleiche zum Vorschein. Und auch die anderen Fächer waren mit dicken Schmökern vollgestopft. Don Camillo zog einen der Schmöker heraus und blätterte ihn durch:
    »Es ist wohl ein Schatz«, erklärte er laut, »aber nicht so einer, wie ihr gedacht habt. Es sind die Geburts-, Sterbe- und Heiratsregister von zweieinhalb Jahrhunderten bis zum Jahr 1751. Ich weiß nicht, was 1751 geschehen ist. Tatsache ist, daß der Pfarrer damals wahrscheinlich recht gehabt hat zu glauben, daß die Dokumente zerstört werden könnten. Und so hat er sie hier einmauern lassen.«
    Man mußte nun alles so organisieren, daß alle mit eigenen Augen feststellen konnten, ob Don Camillo die volle Wahrheit gesagt hatte. Und als das gesamte Dorf am Schrank vorbeidefiliert war, konnte Don Camillo endlich seinen stürmischen Tag beenden.
    »Herr Jesus«, sagte er, als er allein in der Kirche war, »verzeiht mir, daß durch meine Schuld Euer Haus in ein gotteslästerliches Zeltlager von Goldsuchern verwandelt wurde. Nehmt es den anderen nicht übel, denn die Schuld ist ganz auf meiner Seite. Ich war der erste, der sich von diesem Wahnsinn hat packen lassen. Und wenn der Hirte verrückt wird, wie kann sich da die Herde weise benehmen?«
    In den nächsten Tagen wurde Don Camillo von einer anderen Raserei gepackt. Am liebsten hätte er tausend Augen gehabt, um sofort alle diese Bände durchzublättern, und so begann er damit, die Register dem Zufall nach auszuwählen. Doch das war keine schlechte Idee, denn als er auf den Band des Jahres 1650 stieß, fand er, dem offiziellen Register der Pfarre beigefügt, ein kleines Heft, in dem der damalige Pfarrer mit eigener Handschrift genauestens, Tag für Tag, alle einigermaßen wichtigen Ereignisse im Ort und in der Umgebung notiert hatte.
    Don Camillo stürzte sich gierig auf die kleinen Chroniken des Pfarrers und fand eine Menge merkwürdiger Dinge. Doch als er zu den Eintragungen des 6. Mai 1650 kam, machte er zwei außergewöhnliche Entdeckungen. Die erste betraf Giosue Scozza.
    Man muß wissen, daß Giosue Scozza der Stolz von Torricella war, dem Hauptort der Nachbargemeinde. Mitten auf dem Hauptplatz von Torricella thronte Giosue Scozza in
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