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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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zur Abwehr des Bösen in Toraks Richtung.
    »Der Mann, von dem ihr sprecht«, sagte Maheegun, »war der mächtigste Schamane, den wir je hatten. Ihm allein gelang es, sich für einige Herzschläge in einen Wolf zu wandeln. Aber dann ist er zum Seelenesser geworden.« Er berührte sich an der Schläfe. »Seinetwegen tragen wir das Zeichen der Schande.«
    Das war mehr, als Torak ertragen konnte. »Welcher Schande?«, rief er. »Mein Vater hat den Feueropal zerschmettert ! Er hat die Seelenesser in alle Winde zerstreut! Reicht das etwa nicht, um den Fehler wiedergutzumachen?«
    Maheegun würdigte ihn keiner Antwort. »Ich frage dich erneut, Fin-Kedinn: Weshalb hast du uns gerufen?«
    Rasch berichtete Fin-Kedinn, wie Torak zu den Raben gestoßen war und seither bei ihnen gelebt hatte und warum er nun der Fürsprache seines Clans bedurfte. Als Beweis für Toraks Clanzugehörigkeit hielt er das Medizinhorn von Toraks Mutter hoch sowie das blaue Schiefermesser, das einst seinem Vater gehört hatte.
    Der Wolfshüter lauschte schweigend, wich jedoch zurück, als Fin-Kedinn ihm die Gegenstände zur Begutachtung entgegenstreckte. »Halte sie fern von uns, sie sind unrein.«
    »Das sind sie nicht«, sagte Torak hitzig. »Fa hat sie mir gegeben, als er starb.«
    »Bezähme dich, Torak«, mahnte Fin-Kedinn.
    Die Frau, die gelächelt hatte, trat näher. »Maheegun«, sagte sie. »Wir brauchen keine Beweise. Du musst dem Jungen nur ins Gesicht sehen, um zu wissen, dass er der Sohn des Wolfsschamanen ist.«
    Ein Schauer überlief die Angehörigen des Wolfsclans. Aus den Augenwinkeln sah Torak, wie Renn triumphierend die Faust reckte.
    »Ja«, stimmte Maheegun zu. »Dennoch kann ich mich nicht zu seinem Fürsprecher machen.«
    Torak klappte die Kinnlade herunter.
    Sogar Fin-Kedinn wirkte erschüttert. »Aber das musst du. Er ist euer Verwandter.« Als der Wolfsführer schwieg, sagte er nachdrücklich: »Maheegun, ich kenne den Jungen. Er wurde gegen seinen Willen gezeichnet und ist kein Seelenesser.«
    Maheegun runzelte die Stirn. »Du hast mich falsch verstanden. Mir bleibt keine andere Wahl. Habe ich gesagt, dass ich nicht für ihn sprechen will ? Nein. Ich sagte, dass ich nicht für ihn sprechen kann . Dieser Junge ist zwar der Sohn des Wolfsschamanen, aber er gehört nicht zu unserer Sippe.«
    Niemand sprach ein Wort.
    »Natürlich gehöre ich zum Wolfsclan!«, schrie Torak. »Meine Mutter hat mich bei meiner Geburt eurer Sippe zugeführt, so wie es der Brauch ist. Und Fa hat mir die Clantätowierung eingeritzt, als ich sieben Sommer zählte.«
    »Nein«, entgegnete Maheegun.
    Er schritt zu Torak hinüber und ließ den ausgestreckten Zeigefinger über die Wange des Jungen gleiten.
    Torak zuckte erschrocken zusammen. Der schale Geruch des Clanführers nach nassem Rentierleder stieg ihm in die Nase, während der schwielige Finger über die alte Narbe quer über der Clantätowierung auf seiner linken Wange strich.
    »Du gehörst nicht zum Wolfsclan«, sagte Maheegun und seine gelben Augen bohrten sich in Toraks. »Du bist ohne Clan  …«

    Fassungslose Stille senkte sich. Dann riefen alle mit einem Mal durcheinander.
    »Was redest du?«, rief Torak. »Ich gehöre zum Wolfsclan! Ich gehöre seit meiner Geburtsnacht zu euch.«
    »Das ist nur eine Narbe«, protestierte Fin-Kedinn. »Sie hat nichts zu bedeuten.«
    »Wie kann er ohne Clan sein?«, rief Renn aus. »Niemand ist ohne Clan! Das ist unmöglich!«
    »Maheegun hat recht«, krächzte Saeunn.
    Mit einem Ruck wandten sich alle zu ihr um.
    »Diese Narbe ist kein Unfall«, erklärte sie. »Der Vater des Jungen hat ihn absichtlich gezeichnet, um zu zeigen, dass er nicht zum Clan der Wölfe gehört.«
    »Das ist nicht wahr!«, platzte Torak heraus. »Außerdem  – woher willst du das wissen?«
    »Weil er es mir gesagt hat«, erwiderte die Rabenschamanin. »Er hat mich damals beim Sippentreffen am Meer aufgesucht.« Ihre Glutaugen hefteten sich auf ihn. »Das weißt du. Du warst dabei.«
    »Das ist nicht wahr«, hauchte Torak. Doch in diesem Augenblick wusste er, dass Saeunn die Wahrheit sprach.
    Er hatte sieben Sommer gezählt, und Fa hatte ihn mit einer johlenden Kinderschar allein gelassen, um mit jemandem zu reden, er hatte nicht sagen wollen, mit wem. Noch nie hatte Torak so viele Menschen gesehen. Er war zugleich ängstlich und aufgeregt gewesen und stolz auf die neue Clantätowierung, in die Fa allerdings ärgerlicherweise und wie im Spiel dunklen Bärentraubensaft
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