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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd
Autoren: Nele Neuhaus
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denn ich musste sogar für vier unendlich lange Wochen nach Frankreich fahren. Früher hatte mir das Spaß gemacht, aber jetzt, wo ich Gento hatte, war der Gedanke an eine vierwöchige Trennung kaum auszuhalten. Ja, ich wäre viel lieber hiergeblieben, um mit meinen Freunden den lieben langen Tag im Reitstall sein zu können. Und nun würde ich auch noch den Reitabzeichenlehrgang verpassen! Ich war den Tränen nahe, als ich meinen Namen in das Buch schrieb, und machte mich niedergeschlagen auf den Weg nach Hause.

»Was machst du denn für ein Gesicht?«, fragte meine Mutter, nachdem sie mein Zeugnis gelesen hatte. »Bis auf Mathe ist doch alles ganz gut.«
    Ich sah sie einen Moment lang verständnislos an. Das Zeugnis hatte ich über die Aussicht, was ich alles verpassen würde, völlig vergessen. Sie ging zurück in die Küche, wo unser Mittagessen schon auf dem Herd vor sich hin köchelte. Ich folgte ihr und setzte mich auf den Hocker, der vor dem Fenster stand.
    Â»Herr Kessler hat mich gefragt, ob ich am Reitabzeichenlehrgang teilnehmen möchte«, erwiderte ich.
    Â»Tatsächlich? Das ist doch schön.« Mama öffnete die Spülmaschine. »Kannst du die bitte mal ausräumen?«
    Mit einem Seufzer erhob ich mich wieder, nahm das saubere Geschirr und Besteck aus der Maschine und sortierte es in Schränke und Schubladen. Dabei kam mir eine Idee.
    Â»Der Lehrgang findet in der zweiten Julihälfte statt. Kann ich nicht hierbleiben?«
    Mama zog die Augenbrauen hoch und musterte mich, als hätte ich den Verstand verloren oder hohes Fieber.
    Â»Du willst wegen eines Lehrgangs nicht nach Noirmoutier?«
    Ich zuckte mit den Schultern und nickte.
    Â»Auf Noirmoutier hocke ich doch nur sinnlos am Strand herum«, antwortete ich. »Doro und Inga werden auch beim Lehrgang mitmachen, vielleicht dürfen sie dann sogar im September am Turnier teilnehmen. Ich verpasse das alles!«
    Â»Es wird sicher mal wieder ein Lehrgang stattfinden.« Mama warf einen Blick auf die Küchenuhr über der Mikrowelle.
    Das war also alles, was sie dazu zu sagen hatte! Ich konnte es nicht fassen.
    Â»Würdest du bitte noch den Tisch decken? Es gibt gleich Essen.«
    Erst wollte ich protestieren, immerhin hatte ich schon die Spülmaschine ausgeräumt, aber ich hatte Hunger. Außerdem hoffte ich in einem Winkel meines Herzens, dass ich meine Mutter durch meinen Arbeitseifer milde stimmen und davon überzeugen konnte, ohne mich nach Frankreich zu fahren.
    Vielleicht konnte ich direkt nach dem Essen zu Dorothee gehen. Sie war meine beste Freundin und wohnte mit ihrer Familie direkt neben uns. Ich hatte beschlossen, sie zu fragen, ob ich, für den Fall, dass meine Eltern sich erweichen ließen, in den Ferien bei ihr bleiben konnte. Dorothees Eltern würden das ganz sicher erlauben. Allein der Gedanke an diese wunderbare Lösung vertrieb meine trübe Stimmung.
    Um kurz vor eins begann Alissa, unser Berner-Sennenhund-Mischling, draußen wild zu bellen. Papa war eingetroffen.Als Landrat hatte er von morgens bis abends einen Termin nach dem anderen, sogar an den Wochenenden, aber wenn er es einrichten konnte, kam er mittags für eine Stunde nach Hause.
    Â»Na, wie sind die Zeugnisse ausgefallen?«, erkundigte er sich, nahm sie von Mamas Sekretär und setzte sich an den Esstisch. Er fing mit Florians Zeugnis an. Mein kleiner Bruder grinste stolz. Für jede Eins gab es fünf Euro, für eine Zwei zwei Euro, für eine Drei immerhin noch einen. Er würde einen schönen Batzen Geld kassieren. Papa hatte keinen Grund, sich wirklich zu ärgern, nicht mal über Phils Zeugnis. Nur meine Fünf in Mathe veranlasste ihn zu einem Stirnrunzeln.
    Â»Noch sieben Tage bis zum wohlverdienten Urlaub«, stellte er fest und blickte in die Runde. »Das sind doch richtig schöne Aussichten, nicht wahr?«
    Â»Am liebsten würde ich hierbleiben«, verkündete ich, worauf mich meine Eltern und Geschwister entgeistert anstarrten.
    Vier Wochen Atlantikküste! Schwimmen, Ballspielen am Strand, Fahrradtouren, Windsurfen, Faulenzen, Krabbenessen, Sonnenuntergänge am Meer – was konnte es Schöneres geben?
    Â»Lotte ist eben nicht glücklich, wenn sie nicht nach Pferden stinkt und den Mist an den Schuhen kleben hat«, lästerte Phil mit vollem Mund.
    Â»Ihr habt ja keine Ahnung«, erwiderte ich und stieß einen tiefen
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