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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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»Da, schreiben Sie's auf Ihre Manschette, sagen Sie
einfach, es ist ein Rendezvous oder eine Freundin oder so. Fertig? Hongkong
fünf-null-zwei-vier . . . « Sie leierten die Zahlen im Chor herunter, dann
wurde es still. Irgendwo schlug eine Uhr Viertel nach drei. Luke erhob siel
langsam und klopfte sich den Staub von den Jeans. Der alt« schanghainesische
Kellner gab seinen Posten bei den Regalen au und holte die Speisenkarte hervor,
in der Hoffnung, jemand wolle essen. Eine Weile zögerten sie. Der Tag war
vertan. War es schon beim ersten Gin gewesen. Im Hintergrund ertönte tiefes
Knurren als der Rocker sich einen üppigen Lunch bestellte: »Und dazu ein kaltes
Bier, kalt, verstanden? Sehl kalt.
Und luck zuck.« Der Superintendent wußte mit Eingeborenen umzugehen
und versäumte nie, darauf hinzuweisen. Dann war es wieder still »Na, geschafft,
Lukie«, rief der Zwerg und brachte sich außer Reichweite. »Damit dürften Sie
den Pulitzerpreis gewinnen. Gratuliere, darling. Knüller
des Jahres.«
    »Ach,
leckt mich doch, alle mitnander«, sagte Luke und begab sich durch das Lokal zur
Bar, wo zwei blaßgelbe Mädchen saßen. Armymädchen auf der Pirsch. »Jake Chiu
hat mir die Scheiß-Anweisung gezeigt, oder? Anweisung von Her Majesty's
Scheiß-Service, oder? Scheiß-Wappen aufm Briefkopf, Löwe vögelt Geiß. Hei, sweethearts, kennt ihr mich noch? Ich bin der nette Onkel, der euch aufm Jahrmarkt
die Lutscher gekauft hat.«
    »Thesinger
antwortet nicht«, sang Deathwish der Hunne moros vom Telefon her. »Niemand
antwortet. Nicht Thesinger, nicht sein Diensthabender. Apparat ist außer
Betrieb.« War es die Aufregung oder die Langeweile gewesen, niemand hatte
bemerkt, wie Deathwish ans Telefon gegangen war.
    Bis jetzt
war Old Craw so leblos gewesen wie ein Dodo. Nun blickte er jäh auf.
    »Wähl
nochmal, du Narr«, befahl er scharf wie ein Feldwebel beim Exerzieren.
    Achselzuckend
wählte Deathwish wiederum Thesingers Nummer, und ein paar von ihnen gingen
hinüber und sahen ihm dabei zu. Craw blieb, wo er war, und beobachtete. Es gab
zwei Apparate. Deathwish probierte es mit dem zweiten, aber das Ergebnis blieb
das gleiche.
    »Ruf die
Vermittlung an«, befahl Craw quer durch das Lokal. »Steh nicht da wie die
schwangere Jungfrau. Ruf die Vermittlung an, du afrikanischer Baumaffe.«
    »Kein
Anschluß unter dieser Nummer«, sagte die Vermittlung. »Seit wann,
Menschenskind?« fragte Deathwish. »Keine weiteren Angaben«, sagte die
Vermittlung. »Haben die vielleicht ne neue Nummer gekriegt? Hallo! Vermittlung!«
heulte Deathwish in die Muschel. Niemand hatte ihn je so aufgebracht gesehen.
Das Leben war für Deathwish etwas, was sich vor dem Sucher abspielte: an dieser
Leidenschaftlichkeit konnte nur der Taifun schuld sein. »Keine weiteren
Angaben«, sagte die Vermittlung. »Ruf Shallow Throat an«, befahl Craw, der
jetzt richtig wütend war. »Ruf jeden verdammten Protokollhengst in der Kolonie
an.« Deathwish. schüttelte zweifelnd den langen Kopf. Shallow Throat war der
offizielle Regierungssprecher, ihnen allen ein Dorn im Auge. Ihn um irgend
etwas angehen hieß das Gesicht verlieren. »Los, gib ihn mir«, sagte Craw, stand
auf, schob die anderen beiseite, griff nach dem Telefon und hob ein makabres
Werben um Shallow Throat an. »Ihr ergebener Craw hier, Sir, Ihnen stets zu
Diensten. Wie geht's Euer Eminenz an Leib und Seele? Sehr erfreut, Sir, sehr
erfreut. Und die Frau Gemahlin und die Kleinen, Sir? Essen schön ihren Teller
leer, will ich hoffen? Kein Kopfgrind, kein Typhus? Wundervoll. Also dann,
vielleicht würden Sie die Güte haben, mir mitzuteilen, warum zum Teufel Tufty
Thesinger sich aus dem Staub gemacht hat?«
    Sie
beobachteten ihn, aber seine Züge waren wie versteinert, und es gab nichts aus
ihnen zu lesen.
    »Danke
sehr, gleichfalls, Sir!« schnaubte er schließlich und hieb den Hörer so hart auf
die Gabel, daß der ganze Tisch einen Satz machte. Dann wandte er sich an den
alten schanghainesischen Kellner. »Monsignore Goh, Sir, besorgen Sie mir eine
Benzinkutsche, seien Sie so freundlich! Ehrwürdens, lüftet eure Ärsche, die
ganze Bande!«
    »Warum zum
Teufel?« fragte der Zwerg, in der Hoffnung, der Befehl gelte auch für ihn.
    »Weil's
'ne Story gibt, du rotziger kleiner Kardinal, 'ne Story, ihr versoffenen
Eminenzen. Und Reichtum, Ruhm, Weiber und ein langes Leben!«
    Seine
grimmige Laune war ihnen allen ein Rätsel.
    »Was hat
Shallow Throat denn so Schlimmes gesagt?« fragte der zottige
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