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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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zwischen ihnen. Lukes Büro legte nochmals fünftausend
Dollar zu, und der Zwerg, obzwar untröstlich, bewarb sich allen Ernstes um die
Gesamtsumme. Schließlich hatte er, dank unermüdlicher Zweifronten-Arbeit, von
Deathwish erfahren, daß die Wohnung an der Cloudview Road, die Luke zuletzt
benutzt hatte, vom Fußboden bis zur Decke renoviert wurde, ehe die
scharfäugigen Fahnder des Rocker dazu kamen, sie zu durchsuchen. Wer hatte das
angeordnet? Wer hatte das bezahlt? Niemand wußte es. Der Zwerg hatte auch aus
erster Hand Berichte gesammelt, wonach Jerry am Flugplatz von Kai Tak einen
japanischen Touristenschwarm interviewt hatte. Aber die Sonderkommission des
Superintendent sah sich gezwungen, diese Informationen zurückzuweisen. Die
besagten Japaner seien willige, aber
unzuverlässige Zeugen gewesen, als es darauf ankam,
einen Europäer zu identifizieren, der nach einer langen Reise so einfach über
sie hergefallen sei. Und was Luke anging: nun ja, so wie er es getrieben habe,
hieß es, habe es mit ihm auf jeden Fall ein übles Ende nehmen müssen. Die
Wissenden sprachen von Gedächtnisverlust, verursacht vom Alkohol und
Ausschweifung. Nach einer Weile wurden auch die besten Storys kalt. Gerüchte
gingen um, die beiden Männer seien während des Falls von Hue - oder war es Da
Nang? - in Saigon gesehen worden, wo sie gemeinsam gejagt und getrunken hätten.
Dann wieder hätten sie angeblich Seite an Seite am Strand von Manila gesessen. »Und
Händchen gehalten?« fragte der Zwerg. »Schlimmeres«, lautete die Antwort.
    Der Name des Rocker war außerdem in aller Munde, dank seines
Erfolges bei einem spektakulären Rauschgiftprozeß, der mit Hilfe des amerikanischen Drogenbekämpfung unlängst über die Bühne gegangen war. Mehrere Chinesen und eine betörend schöne
englische Abenteurerin, Heroinschmugglerin, waren die Hauptangeklagten. Der
große Boß konnte zwar, wie üblich, nicht vor Gericht gestellt werden, jedoch
wäre es dem Rocker, wie es hieß, um Haaresbreite gelungen, ihn festzunageln.
»Unser rauher, aber redlicher Retter in der Not«, schrieb die South China
Morning Post in einem Leitartikel zum Lobe seiner Tüchtigkeit. »Hongkong
könnte mehr Männer seines Schlages gebrauchen.« Weitere Zerstreuungen konnte
der Club aus der dramatischen Wiedereröffnung von High Haven beziehen. Das Haus
wurde jetzt von einem zwanzig Fuß hohen Drahtzaun umzogen, mit Flutlicht
angestrahlt und durch Wachhunde gesichert. Aber es gab keine Einladungen zum
Lunch mehr, und so hatte die Sache bald ihren Reiz verlören.
    Was Old
Craw anging, so wurde er monatelang nicht gesehen, und niemand sprach von ihm,
bis er eines Abends wieder erschien, sehr gealtert und nüchtern gekleidet, sich
in seine angestammte Ecke setzte und ins Leere starrte. Ein paar Leute waren
noch da, die ihn kannten. Der kanadische Cowboy schlug eine Runde »Shanghai
Bowling« vor, aber Craw lehnte ab. Darin geschah etwas Seltsames. Es kam zum
Streit über einen albernen Punkt der Clubsatzung. Durchaus nichts Ernstes: nur
ob man im Interesse des Clubs unbedingt die traditionelle Form der Bons für
Speisen und Getränke beibehalten müsse. Eine Kleinigkeit. Aber aus irgendeinem
Grund brachte sie den alten Knaben völlig aus dem Häuschen. Er stand auf,
stapfte zu den Lifts, und die Tränen liefe i ihm übers Gesicht, während er die
Clubmitglieder mit Beleidigungen überhäufte.
    »Daß ihr
mir nichts ändert!« drohte er und schüttelte wütend seinen Stock. »Du sollst
nichts ändern an der alten Ordnung, laßt alles weiterlaufen, wie es ist. Ihr
werdet das Rad nicht anhalten, nicht gemeinsam und nicht einzeln, ihr
rotznäsigen, verschissenen Grünschnäbel! Sonst sägt ihr den Ast ab, auf dem ihr
mit euern fetten Ärschen sitzt!«
    Durchgedreht,
entschieden sie, als die Türen sich hinter ihm geschlossen hatten. Armer Kerl.
Peinlich.
    War
wirklich eine Verschwörung gegen Smiley von der Größenordnung im Gang, wie  Guillam
vermutete? Und wenn ja, wie wirkte sich Westerbys Alleingang darauf aus? Es ist
keine einschlägige Information verfügbar, und sogar Leute, die einander
durchaus vertrauen, sind nicht geneigt, die Frage zu diskutieren.
    Ganz
sicher bestand eine geheime Absprache zwischen Enderby und Martello, wonach die
Vettern den ersten Happen von Nelson kriegen und sich in den Ruhm teilen sollten,
ihn herbeigeschafft zu haben - als Gegenleistung für ihr Votum zugunsten
Enderbys. Ganz sicher waren Lacon und Collins, in ihren weit
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