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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman
Autoren: Birgit Ebbert
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ist nicht da«, brummte sie gleich darauf, als wollte sie jede Nachfrage abblocken.
    Ein Pfarrer also! Karina merkte sich den Namen, um es zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu versuchen.
    Karina sah die anderen Telefonnummern durch. Die Auskunft. Ihre Eltern. Eine Nummer mit zwei Nullen am Anfang erregte ihr Interesse. Dunkel erinnerte sie sich, dass ihr Großvater von einem Verwandten im Ausland gesprochen hatte. Entschlossen drückte Karina die Wahlwiederholung.
    »Hello?«, fragte eine männliche, brüchig klingende Stimme. »Who’s calling?«
    Karina wollte wieder auflegen, besann sich jedoch eines Besseren und antwortete: »My name is Karina Bessling. I’m Katharina Bessling’s grandniece.«
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung schwieg lange. Dann hörte Karina: »Hello, Karina, how are you? Äh«, wieder war nichts zu hören, dann fuhr der Mann fort: »Ich bin Georg, Katharinas Bruder.«
    Karina suchte fieberhaft in ihrer Erinnerung. Ihr Vater hatte erzählt, dass sein Onkel Georg nie wieder zurück nach Deutschland gekommen sei, damals nach dem Krieg.
    »Bist du die Enkelin vom Anton?«, wollte der Mann wissen, der sich Georg nannte und von dem Karina nur wusste, dass er einmal mit ihrem Großvater und ihrer Großtante in diesem Haus gelebt hatte.
    »Ja«, gab Karina zurück. »Doch wo lebst du? Ich bin gerade im Haus von Tante Katharina und räume hier auf.«
    »Ich weiß«, lautete die Antwort in immer besserem Deutsch. »Ich kenne das Testament. Katharina hat sich mit mir beraten, wem sie ihren Nachlass anvertrauen kann.«
    Karina war überrascht. Bis zu diesem Tag hatte sie nie mit ihrem Großonkel gesprochen. Immerhin fiel ihr jetzt ein, dass er aus Deutschland geflohen war, nachdem Hitler an die Macht gekommen war. Als Mitglied der Kommunistischen Partei musste er immer damit rechnen, verhaftet zu werden. »Georg, der Kommunist«, hatte die Großmutter oft abfällig gesagt und jedes Mal ein böses »Lass das!« vom Großvater zur Antwort bekommen.
    »Was hat Tante Katharina über mich gesagt?« Karina konnte es sich nicht verkneifen, diese Frage zu stellen. Sie hatte nie das Gefühl gehabt, dass sie ihrer Großtante besonders viel bedeutete.
    Karina hörte ein Glucksen in der Leitung. Es hörte sich an wie ein Kichern. Schnell überschlug sie, wie alt ihr Großonkel sein mochte. Er musste fast 100 Jahre alt sein. Kein Alter, in dem Männer kicherten, fand Karina.
    »Katharina hat gesagt, dass du einen hellen Verstand hast und neugierig bist und bestimmt Interesse an ihrem Nachlass hast«, sagte Karinas Großonkel und dieses Mal konnte Karina deutlich hören, dass er leise lachte.
    »Aber warum muss ich neugierig sein, um einen Haushalt aufzulösen?«, wollte Karina wissen.
    Ihr Großonkel ging nicht auf die Frage ein. »Weißt du, Katharina und ich haben uns im Krieg zwar aus den Augen verloren, doch dann haben wir uns wiedergefunden. Das ist nicht lange her. Als Katharina die Familie Weizmann hier in Santa Monica besucht hat, haben wir uns wiedergesehen.«
    Als sie den Namen ›Weizmann‹ hörte, horchte Karina auf. Der Name wurde auf einigen Postkarten erwähnt. Ehe sie nachfragen konnte, fuhr ihr Großonkel fort: »Stell dir vor: Die ganze Zeit lebte eine Menschenbrücke zwischen Katharina und mir ganz in meiner Nähe.«
    Karina grinste. Die Bezeichnung ›Menschenbrücke‹ gefiel ihr, sie stellte sich gleich eine Brücke aus Menschen vor, über die andere Menschen gehen konnten.
    »Das ist schon einige Jahre her«, die Stimme des Großonkels klang wieder brüchig. »Long, long ago«, wechselte er ins Englische. »All dead and gone«, stammelte er. Karina wollte gerade fragen, wer tot sei, da hörte sie eine junge weibliche Stimme: »Grandpa can’t call anymore.« Dann wurde der Hörer aufgelegt.
    Karina starrte den Hörer an und versuchte zu sortieren, was sie erfahren hatte. Ihre Großtante hatte außer ihrem Großvater einen Bruder, der in Amerika lebte. Zusammen mit einer Enkelin. Das hieß, ihr Vater hatte einen Onkel in Amerika. Erst jetzt ging ihr auf, dass die Enkelin mit ihr verwandt war. Warum hatte ihr Vater nichts davon gesagt, als sie nach der Schule als Au-pair-Mädchen ins Ausland gegangen war?
    Tante Katharina hatte mit Onkel Georg über sie gesprochen, auch das wunderte Karina. Sie beschloss, ihren Vater anzurufen und mehr über ihre Verwandtschaft zu erfahren.
    »Hallo, Papa«, begrüßte Karina ihren Vater. »Ich habe gerade mit Onkel Georg telefoniert«, begann sie ohne
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