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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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zurückbezahlt werden muss. Dies ist zum Beispiel möglich über die Grameen Bank oder die amerikanische Organisation kiva, bei der jedermann Mitglied werden kann, der über einen Internetanschluss und eine Kreditkarte verfügt. Die Mitglieder von kiva können aus einer Liste konkret die Privatpersonen auswählen, denen sie einen Kleinkredit (mindestens 25 US Dollar) geben wollen. Das scheint zu funktionieren. Die Rückzahlungsquote bei kiva beträgt 98.35 Prozent. Damit scheint die Anlage fast sicherer als das Deponieren von Vermögen bei grossen amerikanischen Investmentbanken.

    Die südafrikanische Regierung hat sich deshalb auch für einen Weg entschieden, wie die schwarze Bevölkerung an der Wirtschaft teilnehmen kann. Es ist offensichtlich, dass die grossen südafrikanischen Firmen nicht zerschlagen werden dürfen. Ebenso offensichtlich ist es aber, dass die Wirtschaftsführer keine schwarzen Mitarbeiter „von der Strasse“ in ihr Management aufnehmen würden – wenn sie denn nicht müssten. Die ANC-Regierung hat daher das schlaue Programm Black Economic Empowerment , kurz BEE eingeführt. Vereinfacht dargestellt erhalten die südafrikanischen Firmen Punkte für jede nicht-weisse Person, die im Management einer Firma Einsitz nimmt. Je höher die Position, und je grösser die Benachteiligung der Bevölkerungsgruppe, desto mehr Punkte. Eine schwarze Frau im Verwaltungsrat einer Firma gibt grob gesagt ebenso viele Punkte wie zum Beispiel zwei schwarze männliche Buchhalter. Und jede Firma muss eine bestimmte Anzahl von Punkten vorweisen können, um in Südafrika Geschäfte machen zu können. Das System ist einfach zu verstehen, sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit, gibt den Firmen doch die Freiheit zu wählen, wen sie anstellen, und wird mittelfristig hoffentlich dazu führen, dass die wirtschaftliche Führung des Landes farbiger wird. Genial einfach, einfach genial!

    Wie mir schon früher aufgefallen ist, mischen sich die Angehörigen verschiedener Farben bzw. Kulturen in diesem Land kaum. In der südafrikanischen Werbung sieht man immer diese braais mit Menschen aller Farben, die gemeinsam am Tisch sitzen und sich fröhlich unterhalten. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Entgegen meinen Erwartungen muss ich sogar gestehen, dass ich hier in Südafrika keine schwarzen Freunde habe. Zwar habe ich die Kontaktaufnahme mit schwarzen Müttern in der Kinderkrippe versucht, doch eine Freundschaft hat sich nicht ergeben. Nicht einmal eine Beziehung. Ich wurde recht zügig, freundlich und doch resolut abgewiesen. Ihre Kinder treffen sich in der Freizeit mit anderen schwarzen Kindern zum Spielen, meine spielen mit weissen Kindern. Nur in der Krippe oder auf den Spielplätzen in Dainfern treffen Menschen aller Farben zusammen: Die schwarzen Maids bringen ihre weissen, schwarzen oder farbigen Schützlinge an diesen Ort, wo sie sich fröhlich mischen.
    Die Südafrikaner aller Couleur haben Vorurteile gegenüber den Angehörigen anderer Farben, das ergibt sich wohl aus der südafrikanischen Geschichte.
    Wahrscheinlich kann kein Mensch völlig frei von Rassismus sein. Umso wichtiger ist es, wie wir damit umgehen.

    Mittlerweile ist es so richtig Sommer geworden in Johannesburg. Nachts fällt das Thermometer nicht mehr unter 16 Grad, und tagsüber steigt es auf rund 28 Grad. Feucht-schwül wie in den Tropen ist es hier aber nicht, weshalb der Himmel auch immer blau strahlt und nicht gräulich verhangen ist.
    Die Johannesburger erzählen einem bei jeder Gelegenheit und mit viel Stolz, dass sie das beste Klima der Welt hätten. Für das Gemüt ist die grosszügige Sonnenbestrahlung jedenfalls wunderbar! Insgeheim hatte ich ja ein bisschen befürchtet, die vielen Sonnentage könnten langweilig werden – der Wechsel der Jahreszeiten ist doch grossartig! Zum Glück gibt es den in Johannesburg auch: Wir kamen im milden Spätsommer an; bald verfärbten sich die Bäume und verloren ihr Laub; im Juni und Juli fielen die Temperaturen nachts bis nahe zum Gefrierpunkt und morgens lag weisser Raureif auf den schattigen Wiesen; im August stiegen die Temperaturen langsam wieder; im September lag der Frühling spürbar und, dank dem blühenden Jasmin, riechbar in der Luft, die Blätter sprossen; dann begann die Regenzeit mit den wärmeren Tagen und den regelmässigen Platzregen, und jetzt ist es Sommer. Und während all dieser Zeit gab es selten einen trüben Tag, an dem die Sonne überhaupt nicht schien. Ein Funkthermometer, bei dem sich
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