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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale
Autoren: Tess Gerritsen
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vorgeschlagen. Ein Haus
    oben in den White Mountains. Er sagt, es ist sicher.« »Wem gehört das Haus?« »Einem Freund von Mrs. Felway.« »Und wir sollen einfach auf Sansones Urteil vertrauen?« »Marquette hat sein Okay gegeben. Er sagt, die oberste
    Führungsebene hat keinerlei Zweifel an seiner Integrität . «
    Dann wissen sie mehr über Sansone als ich.
    »Okay«, sagte sie. »Wie finde ich dieses Haus?« »Mrs. Felway wird dich anrufen und dir den Weg beschrei
    ben.« »Was ist mit Sansone und Maura? Was werden sie tun?« »Sie sind schon unterwegs und treffen dort mit euch zu
    sammen.«

36
    Es war ein Uhr mittags, als sie die Staatsgrenze zwischen Massachusetts und New Hampshire überquerten. Lily hatte kaum ein Wort gesprochen, seit sie am Morgen aus dem Motel in Oneonta ausgecheckt hatten. Jetzt, als sie Richtung Nor den fuhren, in die White Mountains hinein, war das einzige Geräusch das Quietschen der Wischerblätter, die Schneeflocken von der Frontscheibe kratzten. Sie ist zu nervös für einen lo ckeren Plausch , dachte Jane, als sie zu ihrem stummen Fahrgast hinüberschielte. Letzte Nacht, in ihrem gemeinsamen Motelzimmer, hatte Jane gehört, wie Lily sich schlaflos in ihrem Bett hin und her gewälzt hatte. Heute hatte sie dunkle Schatten um die Augen, und ihr Gesicht war so eingefallen, dass man glaubte, durch die bleiche Haut das Weiß der Knochen schimmern zu sehen. Mit ein paar Pfund mehr auf den Rippen wäre Lily Saul eine attraktive Frau gewesen. Aber was Jane jetzt sah, wenn sie sie betrachtete, war ein wandelnder Leichnam.
    Und vielleicht ist sie ja genau das.
    »Bleiben Sie heute Nacht bei mir?« Die Frage kam so leise, dass sie fast im Geräusch der Wischer unterging.
    »Ich werde erst mal die Lage checken«, sagte Jane. »Mal sehen, was ich für einen Eindruck habe.«
    »Dann bleiben Sie vielleicht nicht da.«
    »Sie werden da oben nicht allein sein.«
    »Sie wollen sicher nach Hause.« Lily seufzte. »Haben Sie einen Mann?«
    »Ja, ich bin verheiratet.«
    »Und Kinder?«
    Jane zögerte. »Ich habe eine Tochter.«
    »Sie wollen mir nichts über sich erzählen. Sie vertrauen mir nicht wirklich.«
    »Ich kenne Sie nicht gut genug.«
    Lily sah aus dem Fenster. »Alle, die mich wirklich gekannt haben, sind tot«, sie zögerte einen Moment, »bis auf Dominic.«
    Draußen bildeten die Schneeflocken einen immer dichter werdenden weißen Vorhang. Sie fuhren bergan durch einen dichten Kiefernwald, und zum ersten Mal kamen Jane Bedenken, ob ihr Subaru diese Straße bewältigen könnte, wenn es weiter so heftig schneite.
    »Warum sollten Sie mir vertrauen?«, meinte Lily mit einem sarkastischen Lachen. »Ich meine, alles, was Sie von mir wissen, ist, dass ich versucht habe, meinen Cousin umzubringen. Und mich dabei nicht sonderlich geschickt angestellt habe.«
    »Diese Botschaft an Lori-Anns Schlafzimmerwand«, sagte Jane, »die war für Sie bestimmt, nicht wahr? Ich habe gesün digt. «
    »Denn das habe ich«, murmelte Lily. »Und ich werde bis an mein Lebensende dafür bezahlen.«
    »Und die vier Gedecke auf ihrem Esstisch. Die sollten die Sauls symbolisieren, nicht wahr? Eine vierköpfige Familie.«
    Lily fuhr sich mit der Hand über die Augen und blickte aus dem Fenster. »Und ich bin die Letzte. Der vierte Platz am Tisch.«
    »Wissen Sie was?«, sagte Jane. »Ich hätte den Dreckskerl auch umgebracht.«
    »Sie hätten bessere Arbeit geleistet.«
    Die Straße stieg jetzt steiler an. Der Subaru kämpfte sich den Berg hinauf, die Reifen wühlten den tiefer und tiefer werdenden frischen Pulverschnee auf. Jane warf einen Blick auf ihr Handy und sah nicht einen Balken. Seit fünf Meilen waren sie an keinem Haus mehr vorbeigekommen. Vielleicht sollten wir umkehren , dachte sie. Ich soll dafür sorgen, dass diese Frau am Leben bleibt, und nicht mit ihr in den Bergen liegen bleiben, wo sie mir am Ende noch erfrieren wird.
    War das überhaupt die richtige Straße?
    Sie spähte durch die Windschutzscheibe und versuchte, den Gipfel des Berges auszumachen. Und da entdeckte sie die Hütte, die wie ein Adlernest oben auf dem Felsen thronte. In der näheren Umgebung gab es keine anderen Häuser, und nur diese eine Zufahrtsstraße führte zum Gipfel. Von oben würde man sicher einen fantastischen Blick über das Tal haben. Sie fuhren durch ein Tor, das bereits für sie offen stand.
    »Viel sicherer kann man es sich nicht wünschen«, meinte Jane. »Wenn das Tor da erst verschlossen ist, dann ist dieses
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