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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen
Autoren: Thomas Kuban
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ist. So erklärte vor einigen Jahren die inzwischen aufgelöste Esslinger Rechtsrockinitiative »Identität durch Musik«, der deutsche Ableger einer europäischen Identitätsrockbewegung: »Die Identitätsrockbands verfolgen das grundsätzliche Ziel, mit ihren Texten Denkanstöße zu politischen Problemen zu geben, nationale Inhalte zu vermitteln und dabei diese Inhalte so weit wie möglich aus der politischen Isolation herauszubekommen.« »Frei.Wild« hat sich nie an dieser Initiative beteiligt, ist aber das Paradebeispiel einer Identitätsrockband.
    Die Heimathymne Südtirol ist laut der offiziellen Bandbiografie in »den letzten Wochen der ›Kaiserjäger‹ geboren«. Sänger der Skin | 293 | head-Gruppe »Kaiserjäger« war ebenfalls Philipp Burger, der die Truppe im Rückblick zunächst so umschrieb: »rechts angeschlagen, aber keine Nazimucke«. Später räumte er gegenüber dem Online-Magazin Laut.de ein, »in jungen Jahren in einer Nazi-Band« gewesen zu sein.
    Den Schlusspunkt in der »Kaiserjäger«-Geschichte setzte ein Konzert, das in einer Massenschlägerei mündete – zwischen Deutsch und Italienisch sprechenden Neonazis. Und das in einer Phase, über die es in der »Frei.Wild«-Biografie heißt: »Ohne es zu merken, entfernt sich Philipp von der Szene und ändert seine Einstellung.« Er und seine Freunde hätten sich in der Pflicht gesehen, die Veneto Fronte Skinheads zu dem Konzert einzuladen: eine italienische Organisation, die zwar eine faschistische Einstellung propagiere, bei deren Veranstaltungen jedoch auch Punkbands auftreten dürften. »Alles ist erlaubt: Skins, Faschisten, Rockabillys, Punks, aber auch hier gibt es keine Probleme. Eher wirken ihre Veranstaltungen wie Volksfeste, inklusive Senioren und Kindern.«
    Die Veneto Fronte Skinheads sind jedoch keineswegs so weltoffen wie in der »Frei.Wild«-Biografie dargestellt. Bei dem offiziell als Kulturvereinigung anerkannten Fronte handelt es sich in Wirklichkeit um eine Neonazi-Truppe, die den B&H-Divisionen anderer Länder in Europa vergleichbar ist. Auf ihren Festivals spielen Bands wie die »Bully Boys«, die für Titel wie Six Million More und Fire Up The Ovens bekannt sind, in denen der Holocaust verherrlicht wird. Ich habe einen ihrer Auftritte beim österlichen Fest der Veneto Fronte Skinheads und der United Skingirls Italy am 22. März 2008 in Spiazzo di Grancona miterlebt.
    Zum »Kaiserjäger«-Konzert kam die Veneto-Truppe offenbar mit Baseballschlägern, weil ihnen Südtiroler Skins Prügel angedroht hatten. »Eine gewaltige Massenschlägerei« machte dem Auftritt der Burger-Band ein Ende, wie in der »Frei.Wild«-Biografie nachzulesen ist. Dieser 11. Februar 2001 soll demnach das Ende der »Kaiserjäger« markiert haben.
    »Frei.Wild« gibt es seit September 2001. Im Sommer 2008 hieß es auf der Bandseite im Internet: »›Frei.Wild‹ ist frei von politischen Einflüssen und wird auch in Zukunft keine politische Richtung | 294 | unterstützen.« Für Ende September 2008 war »Frei.Wild« allerdings für ein Konzert der Freiheitlichen Jugend angekündigt worden. Das ist die Jugendorganisation der Freiheitlichen, einer Art Südtiroler Schwesterpartei der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die damals nicht nur »Südtirol zuerst« forderte, sondern auch einen Einwanderungsstopp. Wie sich herausstellte, gehörte Philipp Burger ihrer Bezirksgruppe Eisacktal an.
    Die Partei wurde in Deutschland zum Imageproblem für die Band: »Frei.Wild« verloren ihren Manager und ihre Plattenfirma. In Südtirol schien hingegen Burger zum Imageproblem für die Partei zu werden. Deren Generalsekretärin Ulli Mair erklärte am 2. Oktober 2008, dass der Sänger der Partei nicht mehr angehöre: »Wir lassen es nicht zu, dass im Namen der Freiheitlichen Spannungen und sinnlose Polemiken erzeugt werden.« Burger ist ausgetreten – und »Frei.Wild« hatte das geplante September-Konzert abgesagt.
    Drei Jahre später ist die Band angeblich wieder unpolitisch: »Wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten. Wir sind einfach gleich wie ihr, von hier.« Das singt Burger in seinem Lied über Das Land der Vollidioten, als das er bei seinem Stuttgarter Auftritt, Ende 2011, Südtirol, Österreich, die Schweiz und Deutschland gleichermaßen bezeichnete. Zuvor hatte er auf »viele Pressevertreter« verwiesen, die sich dächten: »Oha, da ist ne Südtiroler Rechtsrockkapelle hier in der Schleyerhalle, da passiert etwas.« Das Publikum bedachte die
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