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Blumenstrauss

Blumenstrauss

Titel: Blumenstrauss
Autoren: Ashan Delon
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liefern lassen konnte.
    Diese Internetseite hatte ihm schon eine satte Umsatzsteigerung eingebracht. Ein Grund mehr, der jungen Frau ein freundliches Guten-Morgen-Lächeln zu schenken.
    Sie kam näher, stellte sich auf Zehenspitzen und streckte ihm ihr Kussmündchen entgegen. Simon beugte sich zu ihr runter und küsste ihre Wange – ihr allmorgendliches Begrüßungsritual ohne besonderen Hintergrund, denn Britta war so homosexuell wie er selbst, nur dass sie – im Gegensatz zu ihm – seit einem Jahr in einer festen Beziehung lebte.
    „Wer braucht schon den Sommer, wenn er den Sonnenschein im Haus hat“, lachte er, während er auch die andere Wange mit einem gehauchten Kuss bedachte.
    „Schleimer!“, kicherte sie und knuffte ihm leicht in den Bauch.
    Dann nahm sie ihre dicke Tasche ab und kramte ein paar handschriftlich vollgekritzelte Zettel heraus, die sie ihm in die Hand drückte.
    „Ich muss mir endlich mal einen neuen Drucker kaufen“, maulte sie mürrisch und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich hoffe, du kannst meine Sauklaue lesen.“
    Simon überflog die Zettel. Da es nicht zum ersten Mal passierte, dass sie die Bestellungen handschriftlich notierte, kannte er ihre krakelige Schrift inzwischen und nickte. „Wird schon gehen“, gab er zurück, steckte die Zettel in seine Hosentasche und zupfte ihr frech an den lila Haaren, die sie heute Morgen offensichtlich sorgsam strähnchenweise mit Haarspray, Gel und allerlei Spangen und Haargummis zu einer wilden Frisur gedreht hatte, die an eine waghalsige Mischung zwischen Afro-Look und in-den-Hurrican-geraten erinnerte. Sie lachte und wich der Hand aus. Schließlich warf sie ihre Tasche über die Schulter und ging nach hinten, um sich die Schürze mit dem Emblem des Ladens umzubinden und mit ihrer Arbeit zu beginnen.
    Während sich Simon mit gewohnter Hingabe und Können den Internet-Bestellungen widmete, bediente Britta die Kunden. Am späten Nachmittag packte er die gebundenen Sträuße in glitzernde Klarsichtfolie und verstaute sie zusammen mit den bestellten und jeder Menge Glitter und Zierrat geschmückten Blumentöpfen in seinem Lieferwagen. So beladen fuhr er los.
    Es war noch immer recht kühl. Der Himmel hatte sich noch mehr zugezogen und es würde wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, ehe ein Regenschauer über die Stadt hereinbrach. Simon parkte gegen sieben Uhr in der Bilfingerstraße in den Reihen der Anwohnerparkplätze, stieg aus und sah sich suchend um. Hausnummer Vier befand sich genau vor ihm. Er packte den in knisternde Cellophanfolie eingehüllten Strauß mit den zwanzig roten Baccara-Rosen, reichhaltig durchsetzt mit zartblütigem Schleierkraut, und marschierte los. Bevor er jedoch vor das Haus trat, warf er noch einen Blick auf den Notizzettel. Warum Britta wohl hinter der vier einen ihrer berühmten Kringelpunkte gemacht hatte, wollte ihm nicht einleuchten, doch die Adresse lautete eindeutig Bilfingerstraße 4. Nach einem Blick auf das Klingeltableau fand er auch den von Britta notierten Namen Weber.
    M. Weber, konnte er auf dem Namensschild lesen. Er drückte seinen Zeigefinger drauf und wartete.
    „Ja?“, kam nach einer Weile eine männliche Stimme.
    „Simons Blütenzauber“, sprach er beinahe mechanisch in das unsichtbare Mikrofon neben der Sprechanlage. „Ich habe eine Lieferung für Sie.“
    Es dauerte ein paar Sekunden, ehe die Antwort kam. „Für mich?“
    Simon kannte diese Reaktion und lächelte milde. Meist kam diese überraschte Rückfrage jedoch von Frauen, die von ihrem Liebsten mit einem schönen Blumengruß überrascht wurden. Männer belieferte er auf diese Weise eher selten. „So steht es auf der Bestellung.“
    Wieder dauerte es eine Sekunde. „Okay.“ Der Türsummer ertönte und Simon konnte eintreten.
    Er stieg die Treppe hoch bis in den ersten Stock, wo ihn bereits ein Mann an der Wohnungstür erwartete, der ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck musterte. Simon zwang sich, die letzten Stufen beschwingt zu erklimmen, denn der Anblick dieses Mannes hatte ihn einen Moment innehalten lassen. M. Weber war in seiner ganzen Erscheinung eine Augenweide, genau jener Typ Mann, nach dem Simon schon die ganze Zeit gesucht hatte. Sportliche Figur, in einer lässigen hellblauen Jeans. Dazu ein figurbetontes weißes Hemd, weit geöffnet und somit den Blick auf eine haarlose Brust freigebend. Ein goldenes Kettchen blitzte auf der nackten Haut. Der Mann strich seine streichholzkurzen, hellen Haare mit der
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