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Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman

Titel: Blendwerk - Ein Piet-Hieronymus-Roman
Autoren: PeP eBooks
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Sturm zerrissen
Des Himmels graues Kleid!
Die Wolkenfetzen flattern
Umher in mattem Streit,
     
    Und rote Feuerflammen
Ziehn zwischen ihnen hin:
Das nenn’ ich einen Morgen
So recht nach meinem Sinn!
     
    Mein Herz sieht an dem Himmel
Gemalt sein eignes Bild -
Es ist nichts als der Winter,
Der Winter, kalt und wild!
DIE TÄUSCHUNG
    Ein Licht tanzt freundlich vor mir her,
Ich folg’ ihm nach die Kreuz und Quer;
Ich folg’ ihm gern und seh’s ihm an,
Daß es verlockt den Wandersmann.
    Ach, wer wie ich so elend ist,
Gibt gern sich hin der bunten List,
Die hinter Eis und Nacht und Graus
Ihm weist ein helles, warmes Haus.
Und eine liebe Seele drin -
Nur Täuschung ist für mich Gewinn.
DER WEGWEISER
    Was vermeid’ ich denn die Wege,
Wo die andern Wandrer gehn,
Suche mir versteckte Stege
Durch verschneite Felsenhöhn?
     
     
     
    Habe ja doch nichts begangen,
Daß ich Menschen sollte scheun,
Welch ein törichtes Verlangen
Treibt mich in die Wüstenein?
     
    Weiser stehen auf den Straßen,
Weisen auf die Städte zu,
Und ich wandre sonder Maßen,
Ohne Ruh’, und suche Ruh’.
     
    Einen Weiser seh’ ich stehen
Unverrückt vor meinem Blick;
Eine Straße muß ich gehen,
Die noch keiner ging zurück.
DAS WIRTSHAUS
    Auf einen Totenacker
Hat mich mein Weg gebracht;
Allhier will ich einkehren,
Hab’ ich bei mir gedacht.
     
    Ihr grünen Totenkränze
Könnt wohl die Zeichen sein,
Die müde Wandrer laden
Ins kühle Wirtshaus ein.
     
    Sind denn in diesem Hause
Die Kammern all besetzt?
Bin matt zum Niedersinken,
Bin tödlich schwer verletzt.
     
    O unbarmherz’ge Schenke,
Doch weisest du mich ab?
Nun weiter denn, nur weiter,
Mein treuer Wanderstab!
MUT
    Fliegt der Schnee mir ins Gesicht,
Schüttl’ ich ihn herunter;
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing’ ich hell und munter.
     
    Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren;
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Toren.
     
    Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter!
DIE NEBENSONNEN
    Drei Sonnen sah ich am Himmel stehn,
Hab’ lang und fest sie angesehn;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.
Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!
Schaut andern doch ins Angesicht!
Ja, neulich hatt’ ich auch wohl drei;
Nun sind hinab die besten zwei.
Ging nur die dritt’ erst hinterdrein!
Im Dunkeln wird mir wohler sein.
DER LEIERMANN
    Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann,
Und mit starren Fingern
Dreht er, was er kann.
     
    Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her,
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.
    Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.
     
    Und er läßt es gehen,
Alles, wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.
     
    Wunderlicher Alter,
Soll ich mit dir gehn?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier drehn?
     
     
     
    Die Liedertexte schrieb der Dessauer Gymnasiallehrer Wilhelm Müller (1794-1827).

Die Erstausgabe dieses Romans erschien 1994
im Vito von Eichborn Verlag, Frankfurt am Main.
     
     
     
    Umwelthinweis:
Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches
sind chlorfrei und umweltschonend.
     
     
    btb Taschenbücher erscheinen im Goldmann Verlag,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH
     
    1. Auflage
Neuausgabe September 2003
    Copyright © 2003 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
    in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagfoto: Zefa/Masterfile
KR · Herstellung: Augustin Wiesbeck
    eISBN : 978-3-641-02389-8
    www.btb-verlag.de
    www.randomhouse.de
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