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Black Dagger 11 - Blutlinien

Black Dagger 11 - Blutlinien

Titel: Black Dagger 11 - Blutlinien
Autoren: J.R. Ward
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Jahre. Uhren und Kalender wurden dazu benutzt, das Verstreichen der Zeit zu messen, und Cormia hatte herausgefunden, wie man sie las. Genau wie sie gelernt hatte, die Zyklen dieser Welt und der Leute darin zu deuten.
    Draußen auf der Terrasse tauchte ein Doggen auf. Er hatte eine große Schere in der einen Hand und einen großen roten Eimer in der anderen und lief an den Sträuchern und Büschen vorbei und beschnitt sie.
    Sie dachte an die sanft gewellten weißen Wiesen des Heiligtums. Und die unbewegten weißen Bäume. Und die weißen Blumen, die immer in Blüte standen. Auf der Anderen Seite war alles in seiner gebührenden Form erstarrt, so dass keine weitere Pflege erforderlich war. Es gab keinen Wandel.
    Jene, die die reglose Luft einatmeten, waren ebenfalls erstarrt, selbst wenn sie sich bewegten – sie lebten und lebten doch nicht.
    Obwohl die Auserwählten durchaus alterten. Und sie starben auch.
    Cormia blickte über die Schulter zu einem Sekretär mit leeren Schubladen. Die Schriftrolle, die zu überbringen die Directrix gekommen war, lag auf der glänzenden Oberfläche. Die Auserwählte Amalya stellte solche Geburtsanerkennungen als Directrix aus und war hier gewesen, um ihre Pflicht zu erfüllen.

    Wäre Cormia auf der Anderen Seite gewesen, dann hätte es auch eine Zeremonie gegeben. Wenn auch selbstverständlich nicht für sie. Die Einzelne, um deren Geburt es ging, erhielt keine besondere Aufmerksamkeit, da es auf der Anderen Seite kein Ich gab. Nur das Ganze.
    Selbst zu denken, an sich selbst zu denken, war Blasphemie.
    Cormia war schon immer eine heimliche Sünderin gewesen. Sie hatte schon immer schändliche Gedanken und Ablenkungen und Triebe gehabt. Die allesamt nirgendwohin führten.
    Sie legte die Hand auf die Fensterscheibe. Das Glas, durch das sie blickte, war dünner als ihr kleiner Finger, so klar wie die Luft, kaum ein Hindernis. Sie wollte schon seit geraumer Zeit hinunter zu den Blumen gehen, wartete aber auf … auf was, wusste sie selbst nicht zu sagen.
    Als sie neu an diesen Ort gekommen war, hatte sie die Reizüberflutung geplagt. Es gab lauter Dinge, die sie nicht kannte, wie Fackeln, die in die Wand gesteckt waren, so dass man sie anschalten musste, um Licht zu haben. Maschinen, die Dinge für einen erledigten, wie das Geschirr zu spülen oder das Essen zu kühlen oder Bilder auf einem kleinen Bildschirm zu erzeugen. Es gab Kästen, die jede Stunde schlugen, und Metallvehikel, in denen man herumfahren konnte. Laut dröhnende Geräte, mit Hilfe derer man die Fußböden reinigen konnte.
    Es gab hier mehr Farben als in sämtlichen Edelsteinen in der Schatzkammer des Heiligtums. Auch Gerüche – gute und schlechte.
    Alles war so anders, genau wie die Bewohner. Wo sie herkam, gab es keine Männer, und ihre Schwestern waren austauschbar: Alle Auserwählten trugen dieselben weißen Roben und schlangen ihr Haar auf dieselbe Weise zu einem Knoten im Nacken und trugen eine einzelne Perle in Tropfenform
um den Hals. Sie alle gingen und sprachen auf die exakt gleiche, stille Art und taten dieselben Dinge zur selben Zeit. Hier dagegen? Alles war ein Riesendurcheinander. Die Brüder und ihre Shellans trugen alle unterschiedliche Kleidung, jeder redete und lachte auf seine ganz eigene, unverwechselbare Weise. Einige mochten bestimmte Nahrungsmittel, andere jedoch nicht, und manche schliefen lang und andere gar nicht. Manche waren lustig, manche grimmig, manche … schön.
    Eine war jedenfalls schön.
    Bella war schön.
    Besonders in den Augen des Primals.
    Als die Uhr zu schlagen begann, schlang sie die Arme fest um ihren Körper. Die Mahlzeiten waren eine einzige Folter – ein Vorgeschmack darauf, wie es sein würde, wenn sie und der Primal ins Heiligtum zurückkehrten.
    Und er dort ihre Schwestern mit ähnlicher Bewunderung und Lust betrachten würde.
    Apropos Veränderung: Anfangs hatte sie schreckliche Angst vor dem Primal gehabt. Nun, nach fünf Monaten, wollte sie ihn nicht mehr teilen.
    Mit seinen prächtigen, mehrfarbigen Haaren und seinen gelben Augen, seiner seidigen, tiefen Stimme war er überwältigend, und darüber hinaus in seinen besten Mannesjahren. Doch das war es nicht, was sie für ihn einnahm. Er war der Inbegriff all dessen, was sie als wertvoll erachtete: Er war immer auf andere bedacht, nie auf sich selbst. Bei Tisch war er derjenige, der sich nach dem Befinden jedes einzelnen der Anwesenden erkundigte, der nachforschte, was aus Verletzungen und verdorbenen Mägen und
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