Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Cliffhanger
Vom Netzwerk:
gelbe.
    Iris notierte es sich. Ich konnte hören, wie der Stift
sich bewegte, Kratzer auf meinem Herzen.
    »Das ist gut«, sagte sie. »Irgendwer muss sie in dem Mantel
gesehen haben. Die Dinger sieht man auf eine Meile Entfernung.«
    Wir fuhren nach Wareham, Ted in seine Gedanken versunken,
Iris in ihre, ich in meine. Wie ich es geschafft hab, den Wagen auf der Straße
zu halten, ist mir schleierhaft; instinktiv, vermute ich, ich kann mich nämlich
an keine Sekunde erinnern, in der ich bewusst gefahren bin. Miranda draußen im
Regen, Miranda in einem von Teds Regenmänteln, Miranda, heulend am Rand der
Klippe. Es konnte nicht Miranda gewesen sein, Miranda war zweiundzwanzig.
Audrey war zweiundfünfzig. Eine so junge Frau mit einer im mittleren Alter zu
verwechseln, das geht nicht, nicht mal, wenn sie dick eingepackt sind. An denen
ist einfach alles anders. Sie gehen anders, sie stehen anders. Sogar die Aura
um sie herum ist anders. Es konnte nicht sein, dass ich Miranda getötet hatte.
Es konnte einfach nicht sein. Sie war mein Mädchen, auch wenn sie es nicht war.
Ich konnte Miranda nicht getötet haben. Das gehörte absolut nicht zum Plan.
     
    ***
     
    U rsprünglich hatte das
Taxiunternehmen Audreys Dad gehört. Wir waren zu dritt gewesen, Gil, ich und
einige Zeit später Ian Newdick. Das Geschäft war klein, aber fein, über die
Jahre aufgebaut worden; der Militärstützpunkt, die Urlauber, Leute wie die
gute Mrs Schnüffelnase, die sich einmal die Woche zum Friseur kutschieren
ließ, wir hatten eine bunte Mischung. Als Gil krank wurde, übernahm ich die Leitung,
heiratete auch seine Tochter. Na, so blieb alles hübsch überschaubar, und ich
hatte die ganze Familie im Griff. Vor vier Jahren dann machte Ian seinen
eigenen Laden auf. Es gab keine Veranlassung dafür. Es war undankbar, schließlich
hatten Gil und ich ihn einst unter unsere Fittiche genommen. Als er die Sache
erstmals anschnitt, versuchte ich mit allen Mitteln, ihn zur Vernunft zu
bringen, im Beisein seiner Frau Bettina, die mich über einen von diesen
Tina-Turner-Kaffeebechern hinweg blöde angrinste. Simply the
best, von wegen. Ich setzte ihm auseinander, dass zwei Taxifirmen
hier in der Pampa wirtschaftlicher Schwachsinn wären, aber er wollte nichts
davon hören. »Am besten, wir gehen getrennte Wege«, sagte er und legte die
Hände um die Schultern seiner Gattin, wie zwei Turteltäubchen, als ob sie so
einen Scheiß auch machten, wenn sie allein waren.
    »Wir bilden ein Mann-Frau-Team, nicht, Tina?«, verkündete
er.
    Ein Mann-Frau-Team! So was Abartiges hatte ich mein Lebtag
noch nicht gehört. Man stelle sich vor, Audrey würde den Vanden Pias fahren und
meine Kunden mit Gott weiß was für einem Gewäsch volllabern. Wie dem auch sei,
so kam es dann. Ian kaufte einen Minivan, eins von diesen Autos, die aussehen
wie Zäpfchen auf Rädern, und einen viertürigen Hitachi. Weiß der Teufel, woher
die das Geld hatten. Sie ließen sich auch kleine Uniformen machen, hellgrau,
Anzug und Krawatte für ihn, Kostüm mit einer kecken, kleinen grauen
Baskenmütze für sie, damit ihre kecken kleinen Titten besser zur Geltung kamen.
Ich hätte kotzen können, wenn ich sie in Dorsetshire rumkutschieren sah, wie
Lord und Lady Fauntieroy.
    Am Anfang erlaubte ich mir ein paar kleine Racheakte,
spätabendliche Buchungen, die sich in Luft auflösten, Nägel in die Reifen, die
eine oder andere Kartoffel im Auspuff, aber nach einer Weile wurde das öde,
und außerdem schöpfte sogar Police Constable Hühneraugenpflaster allmählich
Verdacht. Ungerecht war, dass bei ihnen im Nu das Geschäft boomte, während es
bei mir stetig den Bach runterging. Und ich konnte rein gar nichts dagegen
tun. Tinas Vorgebirge war mein Ruin, so einfach war das.
    Dann hatte ich einen Geistesblitz. Miranda. Tina hatte ja
ein hübsches Paar vorzuweisen, aber im Vergleich zu Mirandas waren sie nichts
als kleine Bodenwellen. Mirandas dagegen waren die reinsten Skischanzen. Mir
wurde schon schwindelig, wenn ich sie bloß ansah. Tatsache war, Miranda hatte
einfach alles, sie sah gut aus, war groß und hatte Haare wie Jane Russell
ausgestreckt auf einem Strohballen. Wenn sie lachte, fühltest du dich zehn
Jahre jünger, und wenn sie lächelte, fielen weitere fünf von einem ab.
Obendrein war sie helle, auf Draht, interessiert, hatte einen super
Schulabschluss und konnte so geschmeidig vom zweiten in den dritten Gang
schalten, wie ein Vaselinefinger in den Verdauungskanal flutscht.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher