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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Paul Walz
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Großvaters, ganz so, wie Lichthaus ihn kannte. Es fiel ihm schwer, hier einzudringen und mit seinen Fragen das Gleichgewicht der beständigen Gemächlichkeit zu stören, in der die beiden zufrieden lebten.
    Karl schaute auf, als er eintrat, und lächelte so wie immer, was ihn zutiefst beruhigte. Er begrüßte seinen Schwiegervater, nahm Platz und begann einen Small Talk über Henriette und Claudias Arbeit.

    *

    Claudia stellte den Berlingo neben einen verbeulten Mercedes aus dem letzten Jahrtausend, der wie ein gestrandetes Boot hier auf dem Parkplatz stand und nicht den Eindruck vermittelte, jemals wieder von dort wegkommen zu können.
    Sie hatten Otto nach der Krabbelgruppe am Krankenhaus aufgelesen und waren dann nach Speicher gefahren, wo eine große Gießerei nun ihre Arbeiten ausführen würde. Die Fahrt war beschwerlich gewesen, da es nur über kurvige Landstraßen ging, die der Citroën nicht wirklich mochte. Zum Glück wurde Henriette vom Autofahren nicht übel. Otto war aufgekratzt gewesen, da die Ärzte aufgrund der Computertomografie und auch der Blutuntersuchungen davon ausgingen, dass er keine Chemotherapie brauchen würde. Er hatte die ganze Zeit vor sich hin geschwatzt, Späßchen mit der Kleinen gemacht und offensichtlich das Leben genossen.
    In Speicher angekommen hatten sie die Gießerei ein wenig suchen müssen. Die Mitarbeiter luden schließlich die Formen aus und fuhren sie auf einem Transportwagen hinein. Sie folgten ihnen und fanden sich mitten im Gießprozess wieder. Zwei kräftige Männer hoben einen Kessel voll geschmolzener Bronze aus dem Ofen und füllten diese so lange in die Einfüllstutzen von vorbereiteten Formen, bis sie übergelaufen waren. Für Henriette war der Betrieb sehr spannend. Vor allem das flüssige, rotglühende Metall hatte sie fasziniert, und es hatte Claudia einige Mühe gekostet, das Kind festzuhalten. Die Schamottformen ihrer Figuren standen nun zum Ausschmelzen in der Gluthitze. Zum Guss in drei Tagen wollte sie dann wieder herfahren und hoffte inständig, dass Johannes dabei sein würde.
    Jetzt ging sie hinüber in den Shop für Kunstbedarf, den sie liebte wie ein zweites Zuhause. Die tollen Materialien und die Vielzahl unterschiedlichster Pinsel, Farben und all dessen, was sie für ihre Arbeiten brauchte, waren überwältigend. Sie konnte diese Dinge nicht im Internet kaufen, musste sie anfassen, die Borsten unter den Finger spüren oder die Spannung der Leinwände mit den Händen testen, bevor sie sich entschied. Heute allerdings hatte sie es eilig, da Otto und die Kleine im Auto saßen und fest schliefen. Schnell eilte sie zwischen den Verkaufsregalen hindurch und griff sich nur ein Päckchen Zeichenkohle, da sie einen Kreuzweg beginnen wollte, den ein Kunde bestellt hatte. Die Skizzen lagen bereits seit Weihnachten in der Schublade, aber sie hatte die Umsetzung immer wieder hinausgezögert, sodass die Zeit nun drängte.
    Das Mädchen an der Kasse, das gelangweilt die Einkäufe eines großen Mannes einscannte, kaute ihren Kaugummi mit weit offen stehendem Mund und zeigte hierbei zwei Reihen nikotingelber Zähne. Ein Anblick, auf den Claudia hätte verzichten können. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis die vielen Kleinigkeiten, angefangen mit Pinseln über Spatel, Farben und Lösungsmittel summiert waren und der Käufer mit praller Tüte durch die Automatiktür verschwand. Claudia war zappelig, grundlos zog eine Unruhe in ihr auf, die sie kaum zu unterdrücken vermochte.
    »Na endlich!«, platzte es unabsichtlich aus ihr heraus, was die Verkäuferin zu einem unfreundlichen Blick veranlasste.
    »Wenn Sie’s eilig haben, müssen Sie eben ein andermal kommen. Ich kann auch nicht hexen und bin ganz allein hier.«
    »Schon gut, war nicht so gemeint.« Sie hatte keine Lust auf Diskussionen und zahlte schnell.
    Draußen vor der Tür atmete sie ruhig ein, trotzdem blieb die Spannung in ihr. Scheinwerferlicht streute über den Parkplatz und blendete sie einen Augenblick, bevor das Licht erstarb und ein Mann aus seinem Wagen stieg und Richtung Kunstshop an ihr vorbeigehen wollte. Er hatte die Hände tief in seinem Kapuzenpullover vergraben und starrte vor sich auf den Asphalt. Unabsichtlich, wie es ihr schien, stieß er sie an, doch plötzlich drehte sich die Welt, der Schwindel ließ sie schwanken, während sie kräftig gepackt wurde und nicht stürzen konnte. Das Letzte, was sie wahrnahm, war ihre Sorge um Henriette, dann wurde alles um sie herum in
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