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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'!
Autoren: C Winter
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einfach da und sieht mich an. Ihr Gesicht ist schmal und Schatten liegen unter den Augen. An den Rändern des weißen Kragens machen sich rötliche Flecken breit. Ihre Haartönung löst sich in Wohlgefallen auf. Die Hände vergräbt sie in ihren Hosentaschen. Ihre Schultern beugen sich vornüber, als trüge sie eine Last auf dem Rücken. Oh je. Sehe ich übel aus. Ich wende mich schnell ab und beschleunige meinen Gang.
    Es ist ein bisschen so, als erwachte ich aus einem bösen Traum. Benebelt und orientierungslos. Die Häuserreihen rechts und links von mir öffnen sich trichterförmig. Ich gelange auf einen Platz und befinde mich unvermittelt in einem Menschengewusel. Unter den bunten Planen biegen sich Tische mit Gemüse und Obst aus ganz Europa und Übersee. Dort stapeln sich Melonen vom Umfang von Medizinbällen. In den Vitrinen liegen Käse und Wurst. Der Fischverkäufer hängt Räucherforellen an einen Haken. Aus einem Bäckerwagen dringt der Duft von ofenwarmem Brot herüber. Mein Blick verfängt sich in den Windungen einer Brezel und verliert sich haltlos darin. Jemand rempelt mich an, ich taumele. Eine kurze Entschuldigung, und die Gestalt verschwindet mit ihren Einkaufstüten in der Menge. Allmählich dämmert es mir. Freitags ist Wochenmarkt.
    Mein Finger zeigt selbsttätig auf einen Strauß Sonnenblumen, ich bezahle und nicke stumm, als sie mir den Sommer reicht. Es hat aufgehört, zu regnen. Am nächsten Stand kaufe ich eingelegten Schafskäse in Chili und mit Mandeln gespickte, große Oliven. Der Verkäufer schenkt mir ein zahnloses Lächeln und sagt etwas auf Türkisch. Ich lächle zögernd zurück. Beim Bäckereiwagen erstehe ich ein Möhrenvollkornbrot. Dann wandern drei Pink Ladies, zwei Kiwis und eine Schale Erdbeeren in meine Tasche. Hinzu gesellen sich Zuckerschoten, ein Bund Möhren und eine Babyzucchini. Am Käsestand probiere ich einige Sorten italienischen Käse und entscheide mich für ein Stück Fontina und einen Parmigiano Reggiano. Die Bäuerin packt mir einen kleinen Mini-Ziegenkäse dazu ein und endlich kann ich sprechen. Danke. Von dem Südtiroler Schinkenspeck möchte ich gleich mehrere Lagen. Der schmeckt göttlich, vor allem zu einem vollmundigen Rotwein. Das Huhn sieht nackt und frierend aus. Aus Mitleid nehme ich es mit. Die Nässe klebt auf meiner Haut und überflüssigerweise beginne ich, zu zittern. Ich werde mir eine ordentliche Erkältung einfangen. Doch in meinen Händen trage ich ungefähr sechs Tüten voller Trost.
    Bis in die Südstadt haben meine Beine mich getragen. Die Füße in den Absatzschuhen spüre ich schon lange nicht mehr. Der Heimweg zieht sich unendlich. Ratlos bleibe ich an irgendeiner Straßenecke stehen. Wie eine Spielzeugpuppe zum Aufdrehen, der die Batterie ausgegangen ist. Ich schlottere vor Kälte. Zum Handheben reicht es gerade. Ein Taxi. Bitte.
    Im Auto fliegt die Stadt an mir vorüber. Es kratzt im Hals. Mir kommt die Welt so unwirklich vor. Nach Hause. Ich betrachte die Sonnenblumen im Arm. Sie sehen wunderschön aus. Und dann friere ich nicht mehr ganz so sehr. Stattdessen lache ich eine Spur zu gezwungen. Der Taxifahrer schaut prüfend in den Rückspiegel. Seine Haut schimmert kaffeefarben mit einem winzigen Schuss Sahne darin. Die glänzende Pomade seines Haarzopfs riecht nach Kokos. Wie wohltuend ist der plötzliche Gedanke an Sonne und Strand.
    Da ist sie wieder. Diese schüchterne Regung von gestern Nacht. Heute lauter, nicht so zaghaft und verborgen. Tatsächlich kriecht so etwas wie ein Gefühl von Freiheit zwischen meiner Verzweiflung hervor. Es stupst mich leise an und flüstert.
     
    *
     
    Als ich aufwache, ist es finster. Das Telefon schrillte unablässig irgendwo hinter meinen wirren Träumen. Es gelang mir nicht, aufzuwachen. Ein nackter Dr. Hennemann jagte mich mit gefletschten Reißzähnen durch den Wald. Dauernd bimmelte sein Handy. Eine irre lachende Hexe mit Elfis Gesicht schlug mit Stöcken gegen Bäume, deren krallenartige Äste nach mir griffen.
    Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, das Klopfen nicht zu träumen. Jemand randaliert an meiner Tür. Das Zimmer dreht sich ein wenig, als ich mich aufrichte und erst den linken, dann den rechten Fuß prüfend auf den Boden stelle. Ein fieser Geschmack liegt auf meiner pelzigen Zunge und der Hals tut mir weh.
    Brittas Gesichtsausdruck spricht Bände. Sie hat diese vorwurfsvolle Körperhaltung angenommen, die sie ganz groß und andere winzig klein macht. Gerade holt sie zu
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