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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Rivalen
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für die Labour Party«, sagte Andrew und sah seinem Vater in die Augen.
     
    »Ich glaube, ich weiß nicht, was du meinst«, sagte der Oberbürgermeister.
    »Es ist ganz einfach, Vater. Ich beabsichtige nicht, mich um den Sitz eines Konservativen zu bewerben. Ich hoffe, für die Labour Party zu kandidieren – wenn sie mich aufstellen.«
    Sir Duncan sah ihn ungläubig an. »Aber du warst doch dein Leben lang ein Konservativer«, rief er, und seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
    »Nein, Vater«, erwiderte Andrew ruhig. »Du warst es, der mein Leben lang ein Konservativer war.«

ERSTES BUCH 1964 – 1966 DIE HINTERBÄNKLER
1
    DONNERSTAG, 10. DEZEMBER 1964
    Der Speaker erhob sich und blickte auf das Unterhaus. Nervös zupfte er an seiner langen schwarzen Seidenrobe und an der Perücke, die seinen kahlen Kopf bedeckte. Während einer besonders stürmischen Fragestunde – die Fragen galten dem Premierminister – war das Unterhaus außer Rand und Band geraten; jetzt war der Speaker glücklich, daß die Uhr bereits halb vier zeigte. Man konnte den nächsten Punkt der Tagesordnung in Angriff nehmen.
    Von einem Fuß auf den anderen tretend, wartete er, bis die etwa fünfhundert anwesenden Abgeordneten sich beruhigten, bevor er feierlich anhob: »Mitglieder, die den Eid abzulegen wünschen.« Wie bei einem Tennismatch wanderten die Blicke der Anwesenden vom Sprecher zum Ende des Saales. Dort stand der Sieger der ersten Nachwahlen nach der Machtübernahme durch die Labour-Partei vor zwei Monaten.
    Von seinen beiden Sponsoren flankiert, trat das neue Parlamentsmitglied vier Schritte vor. Wie gut gedrillte Wachsoldaten blieben die drei Männer stehen und verbeugten sich. Der neue Parlamentarier maß gut und gern einen Meter neunzig. Mit seinem Patrizierkopf und der aristokratischen Haltung, das blonde Haar sorgfältig zurückgekämmt, sah er aus wie der geborene Tory. Er trug einen dunkelgrauen Zweireiher und die braun-blaue Krawatte der Guards. Langsam näherte er sich dem langen Tisch, der zwischen den zwei Vorderbänken – sie waren nicht mehr als eine Schwertlänge voneinander entfernt
– vor dem Stuhl des Speakers stand. Seine Sponsoren zurücklassend, ging er an der Regierungsseite vorbei und stieg über die Beine des Premier- und des Außenministers, bevor ihm der Protokollführer die Karte mit der Eidesformel überreichte. Er hielt die kleine Karte in der Rechten und sprach die Worte mit einer Überzeugung aus, als wären sie ein Ehegelübde.
    »Ich, Charles Seymour, schwöre, daß ich Ihrer Majestät, der Königin Elizabeth, ihren Erben und Nachfolgern treu und ergeben dienen werde, wie das Gesetz es befiehlt. So wahr mir Gott helfe.«
    »Hört, hört«, kam es von seinen Kollegen auf den gegenüberliegenden Bänken, während der neue Abgeordnete seinen Namen in das Mitgliederverzeichnis eintrug, das der Protokollführer für ihn aufschlug. Dann trat der neue Abgeordnete vor den Stuhl, blieb stehen und verbeugte sich.
    »Willkommen im Parlament, Mr. Seymour«, sagte der Speaker und schüttelte ihm die Hand. »Ich hoffe, Sie werden dem Parlament viele Jahre dienen.«
    »Danke, Mr. Speaker«, sagte Charles und verbeugte sich ein letztes Mal, bevor er hinter den Stuhl des Speakers trat. Er hatte die kleine Zeremonie genauso ausgeführt wie der Tory Chief Whip, der Fraktionsvorsitzende, sie mit ihm im Korridor geprobt hatte.
    Hinter dem Stuhl des Speakers und von den anderen Mitgliedern verborgen, wartete der Führer der Opposition, Sir Alec Douglas Home, auf ihn. Auch er schüttelte Charles herzlich die Hand.
    »Gratuliere zu Ihrem glänzenden Sieg, Charles. Ich weiß, daß
    Sie unserer Partei und Ihrem Land viel zu bieten haben.« »Danke«, erwiderte Charles, wartete, bis Sir Alec wieder
seinen Platz auf der ersten Bank der Opposition eingenommen
hatte und ging dann einen Seitenkorridor entlang, um sich einen
Platz auf einer der hinteren grünen Bänke zu suchen.
Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Erregung verfolgte er
zwei Stunden lang die Vorgänge im Saal. Zum erstenmal im
Leben hatte er etwas, worauf er weder ein Anrecht besaß und
das auch nicht etwas war, das ihm mühelos in den Schoß gefallen war. Er blickte zur Besuchergalerie hinauf und sah seine Frau Fiona, seinen Vater, den vierzehnten Earl of Bridgwater, und seinen Bruder, Viscount Seymour, stolz auf ihn hinabschauen. Sicher zweifelte niemand mehr, welcher Seymour den Familientitel hätte erben sollen. Charles hatte die erste Stufe zum Erfolg
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