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Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Titel: Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
Autoren: Mario Giordano
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die Hügel hinab und wieder hinauf. Gedrungene Ziegelbauten mit Blechdächern, dazwischen ein- und zweistöckige Betonbauten, zerfressen von Salz und Regen, schwarz vor Schimmel. Und alles miteinander verbunden durch wirre Strom- und Telefonleitungen über den Straßen, die die ganze Stadt wie in einem gigantischen Netz gefangen hielten.
    An der Rua do Nepal bog Sophia in die Avenida Gal Costa ab. Der Käfer quälte sich rasselnd über steile, schlecht befestigte und unbeschilderte Straßen. Überall lag Müll in großen Haufen. Aber überall wucherte auch tropisches Grün.
    »Wie findest du dich hier zurecht?«, fragte Laurenz.
    »Weibliche Magie.«
    Er sah sie erstaunt an. »Hast du nicht gerade gesagt, als Ärztin …«
    Sie fiel ihm ins Wort. »Ich frage mich durch.« Grinsend hielt sie an, um einen schwarzen Jungen nach dem Terreiro Mãe Tereza , wo der Candomblé zelebriert wurde, zu fragen. Der Junge taxierte den Käfer und die beiden Gringos, deutete dann aber bereitwillig die Richtung an. Sophia bog in eine unbefestigte Seitenstraße ein. Zwischen Palmen und Müll kurvten sie an immer ärmlicheren Häusern und Hütten vorbei, bis eine lange Schlange parkender Autos ihnen den Weg wies. Schon von Eeitem hörten sie den treibenden Klang der Congas, der sich mit der drückenden Luftfeuchtigkeit zu einem klebrigen, betäubenden Dunst vermischte. Laurenz fragte sich, ob er hier nicht wirklich seinen Glauben verriet. Ob es vielleicht danach kein Zurück mehr gäbe. Aber der Auftrag, den der Großmeister vom Orden des Heiligen Schwertes ihm erteilt hatte, war eindeutig: »Finde Seth. Und wenn du kannst – töte ihn.«
    »Candomblé-Tempel werden streng hierarchisch geführt«, erklärte Sophia unterwegs. »Entweder nur von einer Frau, der Yalorixá oder auch Mãe de Santo, an der Spitze, oder von einem Mann und einer Frau gemeinsam.«
    Obwohl Laurenz das bereits wusste, unterbrach er sie nicht. Jedes Wort aus ihrem Mund vertrieb seine Nervosität. Und die Angst.
    »Diese Priesterinnen und Priester sind Autoritäten in allen Lebenslagen. Es gibt nichts Schriftliches. Sämtliche Grundregeln und Praktiken des Candomblé werden mündlich und über die Musik überliefert, von Generation zu Generation. Um Mãe oder Pai zu werden, muss man von den Orixás ausgewählt werden. Keine hat sich diese Berufung selbst gewählt, und wenn dich der Ruf ereilt, verbringst du dein restliches Leben nur noch im Terreiro. Es gibt noch einige weitere Grade in der Hierarchie, aber besonders wichtig sind die Filhas do Santo , die Heiligentöchter. Denn sie können in Trance zu Medien und Dienerinnen der Orixás werden. Bei den Festen steigen die Orixás von den Trommeln gerufen herab, um die Körper der Heiligentöchter oder auch der Gläubigen in Besitz zu nehmen. Willst du immer noch mitmachen?«
    Laurenz nickte. »Was weißt du über rituelle Pflanzen?«
    »Ah, die heiligen Kräuter!« Sie schien das Thema interessant zu finden. »Die Abós sind der geheimste Teil des Candomblé. Kaum jemand kennt die Rezepturen, denn die Priesterinnen sind zu Stillschweigen verpflichtet. Aus medizinischer Sicht ist die Sache natürlich klar: Diese psychoaktiven Tränke und Bäder lösen die Trance aus. Die Hauptbestandteile sind getrocknete Blüten und Früchte. Dandáwurzel, Orobonuss, Muskat, bestimmte Wolfsmilchgewächse und Nachtschattenarten, Taubenblut, Wein, Honig, alles Mögliche. Falls man dir was anbietet, lass einfach die Finger davon, okay?«
    »Wäre das nicht sehr unhöflich?«
    Sie sah ihn misstrauisch an. »Mach mir bloß keinen Ärger. Ich meine das sehr ernst.«
    Das letzte Stück mussten sie zu Fuß gehen. Eine steile Betontreppe führte durch einen kleinen Tropenwald zum Tempel hinunter, dem Terreiro , der allerdings nur eine Art überdachter Hinterhof war. Die Gläubigen saßen dicht gedrängt auf dem Boden. Wer keinen Platz gefunden hatte, musste am Rand stehen. Überall karibische und indianische Gesichter. Sophia und Franz waren die einzigen Weißen, aber niemand schien daran Anstoß zu nehmen. Vor der Schwelle des Terreiro , die mit Vogelfedern, Rosenblättern und einem undefinierbaren weißen Fett bedeckt war, empfingen sie eine Gruppe weiß gekleideter Mädchen und wiesen ihnen Plätze am Rand zu. Sophia wirkte unbefangen und vergnügt und winkte einigen der Gläubigen, die sie kannte. Sie alle trugen ihre besten Sachen, bunte Kleider, frisch gebügelte Hemden. Laurenz fasste die blaue Umhängetasche fester, versuchte, sich
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