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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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nicht fest. Noch habe ich nicht bezahlt.«
    »Warum?«
    »Ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    »Nach Kuba zu kommen. Zu dir. Ich weiß nicht genau, was ich tun soll.«
    Wir redeten noch ein bisschen weiter und verabschiedeten uns dann.
    »Wie honigsüß du mit der Schwedin tust. Und nach allem, was du sagst, lässt du dich von ihr doch nur aushalten. Wäre es eine Liebesbeziehung, würdest du dir doch am Telefon einen runterholen.«
    »Lass den Blödsinn, Gloria.«
    »Was sagt denn das gebildete, anständige schwedische Fräulein?«
    »Ach, verdammt …!«
    »Was hast du? Will sie sich aus Liebe umbringen?«
    »Schlimmer.«
    »Was?«
    »Sie sagt, dass sie vielleicht in den nächsten zwanzig Tagen kommt.«
    »Ach jaaa? Du willst mir doch nicht erzählen, dass eure Romanze weitergeht?«
    »Spiel hier nicht die Ehefrau, wo du doch mit Tony el Pelú zusammen bist und ihn sogar bei dir wohnen lässt. Und deine Mutter, diese Schlampe, setzt Scheuklappen auf und spielt die Dumme.«
    »Lass meine Mutter in Ruhe. Sie ist eine Seele Gottes.«
    »Ja, deine Schwester und deine Mutter sind halb schwachsinnig. Und natürlich musste ich mich mit dem einzigen schwarzen Schaf der Familie einlassen.«
    »Wäre ich nicht so, wie ich bin, säßen wir jetzt auf der Straße und würden um Almosen betteln. Du hast keine Ahnung, in was für eine Familie von Idioten ich hineingeboren wurde.«
    »Verdammt noch mal, du nimmst aber auch alle Kerle mit zu dir, um dich richtig schön in Szene zu setzen.«
    »Ich bin keine Frau von der Straße. Ich nehme alle Männer mit nach Hause, aber mein richtiger Mann bist du. Das mit Tony ist nur wegen des Geldes. Das kapiert er. Er zahlt, und ich lasse ihn von Zeit zu Zeit den Schwanz reinstecken. Es ist für ihn weder umsonst noch auf Abruf, sondern in Abständen und gegen prompte Rechnung.«
    »Ach, tu nicht so schlau.«
    »Und du stell dich nicht so blöd. Alle Frauen machen das.«
    »Nicht alle.«
    »Sehr wohl alle. Einige haben Glück und bekommen von einem einzigen Mann Liebe und Geld. Aber die meisten haben zwei: einen Mann, den sie mögen, und einen anderen fürs Geld.«
    »Wie verdammt intelligent du doch heute bist. Seit wann ist das so?«
    »Schon immer. Von Liebe allein kann keiner leben. Hast du nicht gehört: Liebe, Gesundheit, Geld?«
    »Gloria, Gloria, wenn du einen auf intelligent machst, bist du ein Desaster.«
    »Mensch, gebildet, wie du bist, weißt du das nicht? Es steht schon in der Bibel.«
    »Was steht in der Bibel?«
    »Das: Liebe, Gesundheit und Geld.«
    »Erzähl doch nichts, Gloria. Wo in der Bibel?«
    »Ich kann mich grad nicht erinnern. Such doch selber. Aber lenk mich nicht vom Thema ab: Ich will die Schwedin hier nicht haben.«
    »Bist du etwa eifersüchtig?«
    »Ja, natürlich. Mein Mann bist du! Mein Kerl bist du! Lass die Schwedin nur kommen, und ich hetze vier großschwänzige Neger auf sie, die sie um den Verstand bringen, die ihr alles abknöpfen bis auf die Schuhe, bis auf den letzten Dollar. Lass sie nur kommen. Hast du ihr nicht erzählt, dass du eine Frau hast und mit mir eine Familie gründen willst?«
    »Gloria, um deiner Mutter willen, reg dich ab!«
    »Ich weiß schon, welche Neger ich auf sie hetze. Die werden ihr jede Lust nehmen, je wieder nach Kuba zurückzukehren.«
    »Gloria, verdammt noch mal! Ich habe einen Kater, dass mir der Schädel brummt! Ich habe Kopfschmerzen, Hunger und Durst.«
    »Durst hast du, Schätzchen? Warte, ich habe dir zwei Bierchen von letzter Nacht aufgehoben.«
    »Von letzter Nacht?«
    »Von denen, die Tony el Pelú mitgebracht hat.«
    »Und woher hat er die?«
    »Ach, Süßer, er ist Angestellter in einem Shop. Ja, glaubst du denn, er ist ein Hungerleider? Nichts da! Er hat viel Kohle und lebt wie ein Krösus. Abgesehen von den Scheinchen kommt er immer mit Seife, Shampoo, Bierdosen, Limonade und Keksen für den Kleinen …«
    »Alles, was er sich unter den Nagel reißen kann.«
    »Ach ja. Ich wünschte, ich hätte einen solchen Job. Dann würde es dir an nichts fehlen. Den ganzen Shop würde ich dir mitbringen!«
    »Schon gut, Gloria, du plapperst wie ein Papagei.«
    »Ach, mein Süßer, red nicht so mit mir. Komm schon, wir gehen zu mir. Du trinkst die kühlen Bierchen, und gleich geht’s dir viel besser.«
    »Nein. Es ist mir peinlich vor deiner Mutter.«
    »Wieso?«
    »Sie wird sagen, dass ich ein Gehörnter bin.«
    »Ach, Schätzchen, komm mit in mein Zimmer, du wirst schon sehen. Der Gehörnte ist Tony. Und er weiß es.
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