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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
Autoren: Alexandra Marinina
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Rektor kommen und sich der alten Mitarbeiter auf dieselbe Weise entledigen, wie es vor ihm Strelnikow getan hatte.
    Ihre Befürchtungen bestätigten sich. Es vergingen nicht einmal drei Jahre, und Strelnikow kam auf die Idee, einen Fonds zur Förderung humanistischer Bildung zu gründen. Zur großen Erleichterung seiner zwei Freunde und Stellvertreter nahm er sie mit in diesen Fonds. Die vorausschauende Larissa warnte ihren Mann allerdings schon damals.
    »Tu das nicht, Slawa«, sagte sie, »geh lieber wieder in die Wissenschaft, solange es noch nicht zu spät ist. Die drei Jahre, die du verloren hast, kannst du noch irgendwie aufholen, zumal du jetzt Prorektor einer Hochschule bist und durchaus die Chance hast, stellvertretender Direktor irgendeines wissenschaftlichen Forschungsinstitutes zu werden. Aber wenn du Strelnikow in diesen Fonds folgst, wird das irreversibel sein. Leute, die den Staatsdienst verlassen, um in die private Wirtschaft zu gehen, können nicht mehr zurück. Solche mag man dort nicht. Bestenfalls kannst du danach noch die Stelle irgendeines kleinen wissenschaftlichen Mitarbeiters bekommen. Wäre das nicht ein allzu tiefer Fall?«
    »Strelnikow braucht mich«, sagte Tomtschak starrsinnig. »Er hat mich gebeten, mit ihm zu gehen.«
    Gegen diese Art von Treue war Larissa machtlos. Und bei den Leontjews war es ähnlich. Anna flehte ihren Mann ebenfalls an, sich zu besinnen, solange es noch nicht zu spät war, aber auch der berief sich hochtrabend auf Männerfreundschaft. Die beiden verließen gemeinsam die Hochschule und folgten Strelnikow in den berüchtigten Fonds, den er sich ausgedacht hatte. Aber es dauerte nicht lange, und Strelnikow wechselte seine Arbeitsstelle erneut. Er bekam einen hohen Posten beim Staatskomitee und überließ seine treuen Freunde ihrem Schicksal. Beide kannten sich in der freien Wirtschaft nicht aus, sie hatten keine Ahnung von kommerziellen Dingen und auch wenig Enthusiasmus dafür. Ohne den findigen, energischen, geschäftstüchtigen Strelnikow konnten sie den Fonds nicht leiten.
    Das alles war aber nur das Fundament für das Gebäude des wachsenden Hasses und der Wut gegen Strelnikow. Die Steine für dieses Gebäude hatte Strelnikow Larissa Tomtschak und Anna Leontjewa Tag für Tag geliefert.
    Er hatte die bezaubernde Angewohnheit, gegen sechs Uhr abends von unterwegs bei seiner Sekretärin anzurufen.
    »Natalia Semjonowna, sagen Sie Tomtschak, dass er nicht nach Hause gehen soll. Ich brauche ihn heute noch. Ich bin in zwanzig Minuten im Büro.«
    Tomtschak saß wie angenietet in seinem Büro und wartete. Nach einer halben Stunde rief er bei der Sekretärin an und fragte nach Strelnikow.
    »Wladimir Alexejewitsch ist beschäftigt«, antwortete Natalia Semjonowna, »er hat Gäste.«
    Und Tomtschak wartete. Alle zehn Minuten rief Larissa an, weil sie an diesem Abend etwas vorhatten. Entweder wollten sie ins Theater gehen, auf ein Bankett, oder sie waren bei Freunden eingeladen. Jedenfalls hatten sie ganz konkrete Pläne für den Abend. Oder Larissa erwartete ihren Mann einfach nur zum Abendessen, ohne ihn setzte sie sich nicht an den Tisch, und sie wollte wissen, wie lange es noch dauern würde.
    »Geh nach Hause«, sagte sie, »es wird nichts passieren.«
    »Er hat mich gebeten, auf ihn zu warten. Er braucht mich.«
    Endlich, gegen neun Uhr, öffnete sich die Tür, und in Tomtschaks Büro erschien Strelnikow, ein blendend aussehender Mann in einer teuren, aufgeknöpften Lederjacke und mit einem Handy in der Hand.
    »Mach Schluss, lass uns nach Hause gehen«, sagte er, so, als sei nichts geschehen.
    »Wolltest du etwas mit mir besprechen?«, fragte Tomtschak zaghaft.
    »Wir unterhalten uns morgen. Ich habe da so eine Idee, ich erzähle dir morgen davon.«
    Kein einziges Mal kam es ihm in den Sinn, Tomtschak in seinem Privatwagen mitzunehmen und nach Hause zu bringen, nachdem dieser stundenlang umsonst auf ihn gewartet und den Fahrer des Dienstwagens pünktlich um sechs Uhr in den Feierabend entlassen hatte. Und erst recht kam er niemals auf die Idee, sich bei Tomtschak zu entschuldigen. Aber das war noch der günstigste Fall. Es kam auch vor, dass Tomtschak, erzürnt vom langen, sinnlosen Warten, selbst zum Büro des Rektors ging und auf eine verschlossene Tür stieß. Strelnikow war bereits nach Hause gegangen, er hatte völlig vergessen, dass er seinen Stellvertreter gebeten hatte, auf ihn zu warten.
    Er behandelte seine Stellvertreter wie Sklaven, die keine eigenen
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