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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler
Autoren: Ambler by Ambler
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arbeitete, war der abc angeschlossen, hatte aber sein eigenes Programm und bei den Frühsendungen eine Zuschauerzahl von etwa einer halben Million. Egal, wie geschickt man es anstellte, man würde nur eine kleine Anzahl von Buchkäufern ansprechen. Ein Auftritt in einer der großen überregionalen Fernsehshows, etwa in ›Today‹, das von der nbc ausgestrahlt wird, konnte indes beunruhigende Folgen haben.
    Während einer Signierstunde in einem Chicagoer Kaufhaus wurde ich von einer Frau angesprochen, die zehn Exemplare meines neuesten Buchs erworben hatte. Sie bat mich, alle zehn zu signieren und jedes mit einer anderen Widmung zu versehen. Sie zog eine Liste aus ihrer Tasche und diktierte mir die Namen. Während ich schrieb, erklärte sie, daß die Bücher, die durch meine Schriftzüge »personifiziert« worden waren, sich hervorragend als Weihnachtsgeschenke eignen würden. Als ich mich aber erkundigte, welcher der Namen auf der Liste der ihre war, sah sie überrascht auf: »Ooch, ich lese nie Bücher«, sagte sie lächelnd, »ich habe seit Jahren kein Buch mehr gelesen. Ich habe Sie heute in ›Today‹ gesehen!«
    Über das Fernsehen werden tatsächlich Bücher verkauft, besonders dann, wenn sie sich von Autoren, die gerade auf Tournee sind, »personifizieren« lassen. In Amerika haben Signierstunden gleichfalls rein kommerzielle Bedeutung. Es ist branchenüblich, daß vom Autor signierte Bücher nicht mehr remittiert werden können. Auf Tournee befindliche Autoren können durch emsiges Signieren ihren Verlegern, denen es finanziell schon immer schlecht geht, einen guten Dienst erweisen. Benötigt wird nur ein Filzschreiber und ein hilfsbereiter Buchhändler, der einem die Buchexemplare aufbaut. Und wenn man dann bereit ist, sich auf die Sache zu konzentrieren, müßte man eigentlich imstande sein, bis zu zweihundert Exemplare stündlich zu signieren.
    Nötigenfalls würde ich ja neben mangelnder Belastbarkeit auch Schleimbeutelentzündung und Schreibkrampf reklamieren können. Der wahre Grund, nicht nochmal auf Tournee gehen zu wollen, würde sich nur schwer erklären lassen, jedenfalls in New York. Die dortigen Verleger haben Verständnis für körperliche Gebrechen, verlieren aber schnell die Geduld, wenn sie es mit Eigenwilligkeiten und Schwächen zu tun bekommen. Die Eigenwilligkeit bestand in meiner alten, aber ungebrochenen Auffassung, daß sich Leser und Schriftsteller am besten und am sichersten auf der gedruckten Seite begegneten. Die Schwäche bestand in meiner Unfähigkeit, mit den Besserwissern, Kulturgangstern und Schnellkritikern, die ich auf meiner Tournee immer wieder traf, effizient und freimütig umzugehen. Ich habe sie bald als Nervensägen empfunden.
    Mit professionellen Journalisten, die einen im Radio oder Fernsehen interviewen, kommt man meistens gut aus, selbst dann, wenn sie über Bücher sprechen, die sie nicht gelesen haben. Im allgemeinen verzapfen beide Gesprächspartner eine Menge Unsinn, aber Unsinn einer halbwegs unterhaltsamen Art. Zeitungsjournalisten stellen weniger unsinnige Fragen, sondern lesen mehr und können manchmal auch dazu gebracht werden, über ihre eigene Arbeit zu plaudern. Von Zuhörern lasse ich mich nicht einschüchtern. Ich kann kleinere Ansprachen halten und sogar Vorträge, wenn ich rechtzeitig gesagt bekomme, worüber ich mich auslassen soll. Mit genügend Vorbereitungszeit kann ich sogar spontan klingen und wirken. In meiner Tasche habe ich gern einen Spickzettel. Auch wenn ich ihn vielleicht nie benutze, gibt er mir eine größere Sicherheit. Wenn ich aus dem Stegreif spreche, besteht immer die Gefahr, daß ich dummes Zeug von mir gebe.
    Ich stellte fest, daß die Nervensägen bei den reinen Signierstunden nicht auftauchten, sie zogen die kalten Büfetts der Buchhandlungen vor, die Lunchgesellschaften der Verlage und die Soireen der Buchgemeinschaften. Ziemlich rasch lernte ich, sie von den höflicheren Lesern zu unterscheiden, die gekommen waren, bloß mal Guten Tag zu sagen, ältere Auflagen signiert zu bekommen, auf Druckfehler in der Taschenbuchausgabe hinzuweisen, ihre Neugier über einen Autor zu stillen, den sie schon als Jugendliche gelesen hatten, oder sich zu erkundigen, ob er bereits einen Computer verwende. Die Nervensägen warteten meistens, bis die Leser und die Autogrammjäger abgefertigt waren. Dann erschienen sie auf der Bildfläche, um ihre wohldurchdachten Ansichten zum Ausdruck zu bringen, um ihren kritischen Scharfblick zu
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