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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)
Autoren: Fabian Hischmann
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bekommt, sämtliche Hauptfiguren aus den Disney-Trickfilmen umzubringen.
    Das erste Gedicht heißt »Over The Sea« und erzählt, wie der Junge Arielle, die Meerjungfrau, aus ihrem Unterwasserkönigreich in die Wüste Gobi verschleppt und sie in der Sonne zu Tode röstet.
    Im zweiten Gedicht mit dem Titel »Big Ears, No Tears« ist er Großwildjäger und erlegt bei einer Safari sowohl Dumbo als auch den König der Löwen.
    »Dog Eat Dog«, das letzte, dass ich mir anhöre, handelt vom größten Hundekampf, den Tijuana je gesehen hat. Der Junge hat ihn organisiert und hetzt 101 American Pit Bull Terrier auf 101 Dalmatiner.
    Ich trinke den Whisky aus und gehe auf mein Zimmer.
    Zum Einschlafen schalte ich den Fernseher an. Sie bringen 24 . Jack Bauer ist gerade dabei, einen Terroristen unter Wasser zu tauchen. Er sagt: »For the last time, when?«
    Der Terrorist ist gebrochen und keucht: Tomorrow … the plan is to shoot the president tomorrow, during the parade.« Jack Bauers Gesichtszüge entgleisen, er schleudert den Verräter gegen die Wand und rast los, sein Vaterland zu retten.
    Morgen Abend gehe ich auf Konfrontationskurs.

67
    Ich nehme die Tauben auf, putze nebenbei Zähne. Das Licht ist perfekt und lässt selbst das hässliche Grau ihrer Federn strahlen. Einige spreizen die Flügel, ich gehe unter die Dusche.
    Sauber und gekämmt, trete ich zurück ans Fenster. Die Sonne ist weitergewandert und die Tauben sehen wieder gewohnt krank aus. Ich frage mich, warum sie nicht abhauen, aus dem Schatten in die Sonne ziehen. Besetzen Fluchtwege und haben keine Ahnung vom Flüchten.
    Ich frühstücke Pancakes und Kaffee. Der Kellner empfiehlt mir zusätzlich ein Schälchen Obstsalat, und ich sage nicht nein, denn heute will ich es ja tun, kann ich Abwehrkräfte gut gebrauchen.
    Vor die Tür tretend, lasse ich mich einfach mit dem Strom treiben wie als Knirps mit der Luftmatratze auf dem Rhein. Mama und Papa schwammen begleitend neben mir her, und an der Endstation, dem Strandbad von Gailingen, bekam ich immer ein Bum Bum, dieses schlimme Vanilleeis mit Erdbeerüberzug.
    In der U-Bahn liegen zwei Obdachlose aneinandergeschmiegt auf den Platten. Ich kann nicht erkennen, ob sie noch atmen, und niemand scheint nachsehen zu wollen. Auch ich will sie ungern ansprechen, weil ich befürchte, dass mich einer von ihnen beißt oder mit seiner Spritze sticht oder mich umarmt. Ich sehe auf die Anzeige. Zwei Minuten bleiben. Mit klopfendem Herzen bewege ich mich auf den kauernden Haufen zu. Ich habe sie fast erreicht, da erscheint ein U-Bahn-Wärter.
    »Wake up, guys.«
    Keine Reaktion. Der Wärter geht in die Hocke, wiederholt: »Wake up.« Er wird handgreiflich. In den Anorak kommt Bewegung, ein Kopf hebt sich. Der junge Mann wälzt sich herum und blinzelt verwirrt auf den Bahnsteig. Seine Begleitung wacht ebenfalls auf, und als beide stehen, nimmt er ihre Hand und sie sieht ihn treu an. Langsam gehen sie auf den Ausgang zu. Die Bahn fährt ein. Oben sind es trotz Sonnenscheins minus fünf Grad.
    Ein Hundeausführer steht in SoHo mit seinem Rudel vor einem Prada-Store. Er trägt gigantische Plateauschuhe und hat ein Kreuz wie ein Wrestler. Die Hunde werden langsam unruhig und stolpern übereinander, drohen sich zu verknoten. Kraftvoll reißt ihr Sitter an den Leinen, stranguliert die Hunde. Dann versinkt er wieder sehnsüchtig in die Taschen hinter dem Glas. Zwei der vier Pudel lecken sich gegenseitig das Arschloch.
    Ich stehe unter dem Fieberglasmodell eines Blauwals im American Museum of Natural History. Es ist in seiner Dimension zwar eindrucksvoll, aber nicht so unmittelbar wie der präparierte Körper in Göteborg. Vielleicht hat man von der Sache in Schweden gehört und den Wal deshalb außer Reichweite gehängt. Und um die Lust im Keim zu ersticken, gibt es für 6- bis 13-Jährige die Möglichkeit, eine Nacht unter dem Wal zu verbringen.
    Der Bauch des Modells funkelt hellblau, und ich stelle mir vor, wie es wäre, im nächsten Moment darunter begraben zu werden.
    Eine Mutter mit Kind gesellt sich zu mir.
    »Wow. That is a big fish, Mommy.«
    »Yes, Quinn. It is the biggest fish in the world.«
    Resigniert senke ich den Kopf und sage, ohne sie dabei anzusehen: »It’s a mammal. You should know that.«
    »Thank you, Mister«, erwidert die Mutter beleidigt.
    »You’re welcome.«
    Lächelnd ziehe ich meine rote Mütze auf und gehe weiter.
    Um die Mittagszeit streife ich durch Chinatown. An den Tischen im Columbus Park liefern
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