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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)
Autoren: Tatjana Meissner
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Zu diesem Titel strippen die Männer der schiffseigenen Theatergruppe über die Bühne. Sie wiegen die Hüften und schauen mir vielsagend in die Augen. Sie schleudern ihre Jacketts synchron über den Köpfen, sie wippen und schreiten, werfen mir Kusshände zu und reißen sich kurz vor Ende des Titels die Hosen vom Leib. Dann wackeln sie mit ihren knackigen Popos, nehmen ihre Hüte ab und halten diese vor ihre »Patengeschenke«. »Patengeschenk« hat mein Vater immer dazu gesagt. Ich schaue zu ihm rüber, um herauszufinden, ob mir die Aufführung vor ihm peinlich sein sollte. Doch Papa hat wie immer seine Videokamera vorm Gesicht und filmt. Als ob Tino ihn ärgern möchte, geht in dem Moment das Bühnenlicht aus. Doro beginnt laut zu kreischen, die Anwesenden schließen sich an. Wir klatschen und jubeln für die Stripperjungs, die im Dunkeln die Bühne verlassen.
    Als das Licht wieder angeht, steht ein Rednerpult auf der Bühne. Hinter dem Vorhang kommt Ronny hervor. Er trägt eine Kapitänsmütze und eine Schwimmweste. Die Zettel, die er in der Hand hält, zittern leicht. Sicher ist mein Kumpel aufgeregt. Ich habe ihn noch nie auf einer Bühne erlebt. Sein Bauch ist ziemlich dick, und ich bin froh, dass er mit den Händen ans Pult reicht. Carsten krallt sich wieder an meiner Hand fest. Ronny hüstelt.
    »Liebe Mitwisser, liebe Tati, lieber Carsten!«
    Er nimmt einen Schluck aus dem mitgebrachten Bierglas, wischt mit routinierter Geste links und rechts den Schaum aus seinem Kaiser-Wilhelm-Bart und streift die Hand an der Schwimmweste ab. Dann blickt er mich an.
    »Tati, lange haben wir darauf gewartet, dass du uns nicht nur irgendeinen Mann an deiner Seite vorstellst, sondern dass du dabei auch an uns denkst. Die Männer, die wir kennenlernten, waren vielleicht nicht die schlechtesten, aber sie passten einfach nicht zu dir. Ich habe mich ständig gefragt, was mit dir und deinen Hormonen nicht in Ordnung sein könnte. Und darum bin nicht nur ich, sondern sind alle hier anwesenden Freunde und deine Familie sehr froh darüber, dass du heute mit Carsten, einem Typen, der nicht nur dein perfektes Gegenstück zu sein scheint, sondern auch zu uns allen passt, deinen dritten Kennenlerntag feierst.«
    Was stottert Ronny da zurecht? Will er meinen Eltern gefallen oder mir?
    »Heute stehe ich hier als Kapitän vor euch und habe eine wichtige Mission zu erfüllen!«
    Wahrlich, Ronny ist ein stattlicher Käpten. Allerdings trinkt er Bier statt Rum. Jetzt schon wieder. Wahrscheinlich weiß er deswegen nicht, was er da redet. »Mission«. Was für eine Mission soll das bitte sein? Rudi stupst mich von hinten an und prostet mir grinsend zu. Rechts von mir sitzt meine Tochter und tätschelt mir die Hand, als ob sie mich beruhigen müsste.»Zuerst bitte ich Flo auf die Bühne!«
    Flo? Ich kenne ihn. Wäre er nicht vorbereitet, würde er jetzt rumdiskutieren. Aber er steht auf und geht nach vorn. Rudi folgt ihm. Alles Verräter. Ich kneife Carsten in den Oberschenkel, er schaut stur zur Bühne.
    Flo fummelt einen Zettel aus seiner Hosentasche, Rudi steht wie ein Bodyguard mit vor dem Gemächt verschränkten Händen neben ihm. Ronny nickt den beiden zu, und Flo beginnt zu lesen.
    »Hiermit gebe ich, Flo, meine Entlobung mit Tati bekannt. Obwohl der Kranzgeldparagraf 1998 aus dem BGB gestrichen wurde, erkläre ich mich bereit, die hier heute stattfindende Party zu fünfzig Prozent mitzufinanzieren.«
    Dann reicht er Rudi den Zettel weiter und bemerkt: »Weil ich froh bin, dass ihr euch gefunden habt und weil ihr meine Freunde seid!«
    Rudi holt einen Stempel aus seiner Anzugtasche, stempelt und drückt meinem Carsten die Entlobungsurkunde abgestempelt und unterschrieben in die Hand. Ich bin mir nicht sicher, was ich jetzt machen soll und stehe darum einfach auf, reiche Flo die Hand und sage: »Danke! Hätte nicht für möglich gehalten, dass du in diesem Leben noch eine Entlobung finanzierst.«
    Der Saal kocht, die Gäste jubeln Flo zu, als ob mein Spätverlobter ein nebenwirkungsfreies Mittel gegen Schweinegrippe erfunden hätte, und bringen den Kahn zum Schwanken. Ich klatsche mit und bin froh, endlich die Entlobungsüberraschung als Grund für diese Party ausgemacht zu haben. Ob Rudi meinen Spätverlobten dazu überredet hat? Auf jeden Fall ist es eine lustige Idee. Aber muss zu einer Entlobung extra die ganze Familie aus Erfurt, Holland und Berlin anreisen?
    Ich freue mich natürlich; finde aber, dass dieser Anlass dadurch zu viel
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