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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Autoren: Gisbert Haefs
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abschloß, traten einige Männer; ihre Gesichter verdüsterten sich, als sie die Makedonen sahen. Einer sagte halblaut etwas über die Schändung der Agora durch Barbaren und Pferde; ein anderer legte die Finger an die Lippen. Auch aus dem Gebäude der Strategen, am Weg zur kaum noch für Volksversammlungen genutzten Pnyx, näherten sich Männer, vermutlich Vertreter der nach der Schlacht von Krannon gefangenen Feldherren. Zusammen mit ihnen betraten die Makedonen die Tholos. Die Marmorstufen des rot und ockerfarben bemalten Kalksteingebäudes starrten vor Taubendreck.
    In einem kühlen, dämmerigen Raum nahmen alle Platz auf Steinbänken; Sklaven brachten Becher, Weinkrüge, Wasser und Oliven. Nach kurzem Austausch von Höflichkeiten wiederholte Kleitarchos den Ratsherren und Beamten gegenüber die Botschaft, die er am Tor verkündet hatte. Im Schweigen der Athener war etwas beinahe greifbar, was Peukestas dennoch nicht völlig erfassen konnte – furchtsame Verachtung, geringschätziger Haß?
    » Ihr mögt die Tore versperren und bewaffnete Sklaven auf die Mauern stellen, aber eure Hände sind leer. Dies sagen Antipatros und Krateros: Ehe ein einziges Wort über Frieden gesagt werden kann, wird Athen die Viper Demosthenes und seinen Helfer Hypereides ausliefern.
    Wir werden Demosthenes am Hals aufhängen, damit er feststellen kann, wie schwer sein Arsch wiegt. Über Hypereides ist noch nicht entschieden. Und– alle Athener, die wegen ihrer Haltung zu Alexander aus der Stadt gejagt wurden, werden in Ehren wieder aufgenommen. Dies gilt vor allem für den großen Aristoteles.«
    Die Ratsherren wechselten lange Blicke. Einer räusperte sich. » Es ist unüblich, hier derlei anmaßende Reden zu halten.«
    Kleitarchos entblößte die Zähne. » Ich will gern mit zehntausend sittsam schweigenden Kämpfern zurückkommen. Ihr werdet dann aber keine Ohren mehr haben, zu hören, und keine Köpfe, das Gehörte zu bedenken.«
    Die Athener tuschelten miteinander; dann lächelte der Vorsitzer des Prytaneions den Makedonen beflissen an.
    » Eure Männer vor der Stadt sind natürlich unsere Gäste. Sie sollen alles erhalten, was sie brauchen. Habt ihr besondere Wünsche? Braucht ihr Decken? Brot? Feuerholz?«
    » Den Kopf des Demosthenes«, sagte der Makedone ruhig.
    Peukestas hob die Hand. » Auskunft über ihn, Hypereides und Aristoteles.«
    » Hypereides? Niemand weiß, wo er sich aufhält. Und, ah, Demosthenes? Ich glaube, er hat sich vor ein paar Tagen zum Piräus begeben, für eine kleine Seereise. Bevor eure Schiffe erschienen.«
    Kleitarchos runzelte die Stirn und wandte sich an den älteren Helmlosen. » Du weißt, was zu tun ist? Deine Aufgabe. Zum Hafen; nimm zwei Schiffe mit Kämpfern und bring Demosthenes zurück.«
    Der Unbewaffnete stand auf, senkte den Kopf, legte die Hand auf Peukestas’ Schulter und ging.
    » Was nun Aristoteles angeht«, sagte der Athener müde, » so lebt er in einem Haus außerhalb von Chalkis, auf der Insel Euboia. Zuletzt hieß es, er liege im Sterben.«
    » Aber wir haben doch Truppen in Chalkis«, sagte Peukestas beinahe empört. » Warum melden die so etwas nicht?«
    Kleitarchos hob die Schultern. » Wen kümmert ein Philosoph, wenn er einen nicht kümmert? Nimm ein paar Reiter, Peukestas. Heil und hurtigen Weg.«
    Die hölzerne Zugbrücke an der engsten Stelle des Euripos zwischen Boiotien und Euboia war zerstört, ebenso ein Teil des aufgeschütteten Damms. Ein paar Bausklaven hockten im Schatten eines Uferbaums, neben Werkzeug und Steinhaufen; sie würfelten und redeten leise. Nicht weit von ihnen schnarchte der Aufseher und Baumeister. In den Haaren auf seiner Brust badete ein gleißend roter Schmetterling in einem Strahlenbündel, das durchs Laub fiel. Die Luft war süß und schwer von Stauden, Geißblatt und dem Gesang der Zikaden; keine Brise rührte Salz aus der öligen Wasserfläche, die unter der Nachmittagssonne glitzerte.
    Auf der anderen Seite der Brücke hatte man Pfosten in den Uferboden gerammt, an denen dicke Taue befestigt waren. Die breite flache Zugfähre zwischen dem Festland und Euboia füllte sich mit heimkehrenden Bauern und Händlern. In der Mitte der Fähre standen drei Ochsenkarren; zwei waren leer, der dritte überladen mit leeren Körben und Amphoren. Auf der linken Seite war noch ein wenig Platz; rechts von den Wagen drängten sich die Leute. Jemand reichte eine lederne Feldflasche herum.
    » Guter Tag«, sagte einer der Bauern. » Ich bin alle Vögel und
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