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Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Titel: Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)
Autoren: Martin Suter
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wird.
    Drittens: Bei den Hunden, die dort unten am Baumstamm hecheln, handelt es sich um Rottweiler. Eine Rasse von großer Führigkeit. Diese Tiere sind es gewohnt, zu gehorchen und sich einer starken Führungspersönlichkeit unterzuordnen.
    Eggmann holt also tief Luft und schreit: » AUS !«
    Die Tiere stutzen eine Sekunde und verfallen dann in noch rasenderes Gebell. Auch gut, denkt Eggmann, das wird das Herrchen herbeilocken. Jedes Mal, wenn das Bellen etwas abflaut, heizt er es durch einen Zwischenruf neu an.
    Das Herrchen scheint sich nicht in Hördistanz zu befinden, aber ein anderer Erfolg zeichnet sich ab: Die Tiere bellen sich müde. Eggmanns Chronometer zeigt zweiunddreißig Minuten und achtzehn Sekunden nach dem Startschuss, als der hässlichere der beiden Hunde sein Bellen durch ein herzhaftes Gähnen unterbricht. Das Gebiss, das bei diesem Vorgang sichtbar wird, dämpft Eggmanns Optimismus nur bedingt.
    Er beschimpft also jedes Mal, wenn das Gebell leicht abflaut, von der sicheren Warte seiner Tanne aus die Rottweiler mit » ZWERGPINSCHER ! – ZWERGPUDEL ! – ZWERGSCHNAUZER ! – ZWERGSPITZ !«
    Der Regen fällt jetzt so dicht, dass er das Geäst der Tanne durchdringt. Und auch Eggmanns Laufdress, welcher für einen Mann on the move gedacht ist, nicht für einen, der auf einer Tanne sitzt und Rottweiler provoziert. Auch ein Wind von schätzungsweise fünf Beaufort hat eingesetzt und verwandelt, falls er die Windchill-Formel richtig im Kopf hat, die objektiven zehn Grad Celsius Lufttemperatur in subjektive null Grad.
    Die Rottweiler stört das Wetter nicht. Im Gegenteil: Der Wind scheint sie anzustacheln. Sie bellen mit gefletschten Zähnen und sich überschlagenden Stimmen zum vor Kälte zitternden Eggmann herauf.
    Aber plötzlich verstummen sie und lauschen. Jetzt hört Eggmann es auch: das Knacken von Ästen und eine menschliche Stimme. Endlich, der Hundebesitzer! Der wird sich erinnern an diesen Tag, als er mit zwei nicht angeleinten Rottweilern im Wald spazieren ging.
    Das Geräusch kommt näher. Es muss sich um mehrere Hundebesitzer handeln, denn Eggmann kann verschiedene Stimmen unterscheiden. Gerade als er rufen will: »Hier! Hilfe! Auf der Tanne!«, wird ihm klar, dass eine davon klingt wie die von Hüssy. Und jetzt kommen ihm auch die beiden anderen bekannt vor.
    Wie ein Film läuft sein Leben vor seinem geistigen Auge ab. Und zwar das Leben nach seiner Rettung von einer Tanne durch drei der unangenehmeren Mitglieder seines Kaders.
    Ohne sich zu rühren schaut er zu, wie die beiden verblüfften Rottweiler die fluchenden, durchnässten Hüssy, Hafner und Schürch unbehelligt vorbeikeuchen lassen.
    Kaum sind sie außer Sichtweite, belfern die Köter wieder den Stamm hinauf.

Managementtraining ( III )
     
    Während Eggmann auf dem sechsten Ast einer Rottanne mit dem Projekt »Rottweiler« voll ausgelastet ist, läuft parallel dazu das Projekt »Orientierungslauf« autonom weiter.
    Verbissen kämpft sich die erweiterte Geschäftsleitung in Dreiergruppen durch den im Dauerregen immer tiefer werdenden Waldboden. Keiner von ihnen ist ein ausgesprochener Outdoor-Typ, und die wenigsten haben seit ihrer Zeit als Pfadfinder oder Rekruten im Umgang mit Karte und Kompass Erfahrungen gesammelt. Aber alle verfügen über einen ausgeprägten Führungsinstinkt und einen gesunden Ehrgeiz.
    Diese Mischung bringt es mit sich, dass der Wald bald von Rufen, energischen Befehlen und wütenden Gegenbefehlen widerhallt.
    Die Streckenposten warten unterdessen gottergeben auf etwas action und versuchen, sich mit Hüpfen am Ort und Armeschwingen warm zu halten. Die Anschläge an den Baumstämmen sind durchweicht, und ihre Themenstichworte – »Führungsinstrument Zielvereinbarung!«, »Zielorientiertes Feedback!« – in sehr bunten, aber nicht sehr wasserfesten Inkjet-Farben gedruckt.
    Bis jetzt hat noch kein Team einen Posten in der richtigen Reihenfolge angelaufen. Die Fragebogen liegen unbenützt in ihren Schachteln im Schutz der Posten-Campingtische. Die durchweichten, schlammbedeckten Läufer, die per Zufall auf einen der Posten stoßen, werden gnadenlos weitergeschickt. Denn jederzeit könnte Eggmann zu einer Posteninspektion auftauchen.
    Die unsichtbare Gegenwart von Eggmann hat in der ersten Stunde auch unter den Wettkämpfern für Disziplin gesorgt. Aber jetzt fängt auch diese an, unter den Verhältnissen zu leiden. Vor allem im Umkreis des Verpflegungsstandes. Diesen hat Eggmann aus logistischen Gründen
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