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Abitreff (German Edition)

Abitreff (German Edition)

Titel: Abitreff (German Edition)
Autoren: Darius von Benin
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gehen.“
     
    „Als ob das könntest!?“
     
     
    Matthias blieb dann aber doch noch so lange im Krankenhaus, bis die
Schwägerin seiner Großmutter, besagte Tante Marianne, auftauchte. Für den
Rücktransport seiner Mutter war also gesorgt, er konnte ohne große
Gewissensbisse von dannen ziehen. Wieder in heimischen Gefilden berichtete er
seinem Liebsten die Neuigkeiten, musste sich dann aber doch beeilen, um nicht
zu spät „zu spät“ zu seinem Treffen zu kommen, denn auch ein verspätetes
Erscheinen will vorbereitet sein.
     
     
    Als der Beamte gegen 19:10 Uhr das Taxi verließ, stieß er noch auf dem
Parkplatz auf Florian Geißler, der gerade dabei war, seinen Wagen
abzuschließen. Man begrüßte sich herzlich, umarmte sich sogar. Florian, Mister
Death genannt, hatte genau wie der Brillenträger nicht viele Freunde in der
Stufe gehabt, allerdings nicht wegen seiner sexuellen Orientierung, sondern
eher wegen des Berufes seines Vaters, der in dritter Generation ein
Bestattungsunternehmen geführt hatte.
     
    Sie hatten sich gerade in Bewegung gesetzt, als ihre Namen gerufen
wurden. Die Stimmen gehörten Gunnar und Heiko Grundenhagen. Mit einem der
Zwillinge hatte Matthias gemeinsam Mathe-Leistung, der andere war sein Nachbar
im Geschi LK gewesen. Gunnar, der fünf Minuten ältere des zweieiigen Duos, war
ebenfalls bei der Stadt und stellvertretender Leiter des Wahlamtes, der jüngere
und mittlerweile ergraute Heiko hatte Informatik studiert und ist heute Chef
eines Systemhauses in Dortmund.
     
    Zu viert machten sie sich auf, denn das eigentliche Treffen fand auf
der kleinen Terrasse des alteingesessenen Ausflugslokals „Zur Schleuse“ statt.
Vom Namen her hätte man – ohne Weiteres – auf gutbürgerliche Küche schließen
können, aber der Herr der Töpfe und Pfannen war ein Chinese, der wie jeden
Abend seine zahlreichen Gäste mit einem üppigen Buffet erfreute. Erfreulich war
auch der Preis dieses All-You-Can-Eat-Erlebnisses, keine 15 Euronen.
    Als sie das zu diesem Zweck abgesperrte Areal betraten, okkupierten die
vier Männer sofort den nächsten freien Stehbiertisch, denn vor dem Essen sollte
es, glaubte man dem Programm, einen kleinen Umtrunk geben. Der städtische
Beamte blickte sich um, es waren zu diesem Zeitpunkt maximal 30 Personen
anwesend; von Michael Waldmann, dem Organisator des Treffens, war weit und
breit nichts zu sehen.
    Plötzlich ertönte ein Pfiff. Alle Augen richteten sich auf Johannes
Schulte, den ehemaligen Stufensprecher, der in der Mitte des Platzes stand und
ein Bierglas in Händen hielt. „Leute! Ich habe hier und heute zwar keine
offizielle Aufgabe, aber ich habe Hunger! Also: Hiermit eröffne ich unser
Treffen. Ich wünsche uns viel Spaß, gute Gespräche und – vor allen Dingen – einen
guten Appetit.“
     
    Applaus war zu hören, die Spiele konnten also beginnen. Die
Vierergruppe hatte längst Verstärkung bekommen, Klaus Prömpers,
Kriminalhauptkommissar und Leiter der hiesigen Drogenfahndung, Berthold
Brachtbäcker, Abteilungsleiter bei der örtlichen Agentur für Arbeit, und Gunnar
van Haaren, Braumeister des örtlichen Gerstensaftproduzenten, waren zu ihnen
gestoßen. Einzig weibliches Wesen am Tisch war Anja Grundhaus, eine der
Moderatorinnen des lokalen Radiosenders. Gesprächsthema war, wie nicht anders
zu erwarten, die Verhaftungen in der Verwaltungsspitze, wobei der Fokus des
Interesses eindeutig bei Holger Heinken, dem beurlaubten Leiter der Stadtkasse,
lag. Die Machenschaften von Dorothea Piepenkötter schienen schon wieder
vergessen zu sein.
     
    Als Frank Weinski in die Runde trat, musste Matthias schlucken, alte
Erinnerungen kamen in ihm hoch. Mit Frank, dessen Eltern sich Mitte der
siebziger Jahre ihrer deutschen Wurzeln erinnert hatten und, mit Sack und Pack
und Großmutter, aus Glatz hierher übersiedelten, hatte er nicht nur die
Schulbank, sondern auch ab und an das Bett geteilt. Es war keine Affäre
gewesen, die die beiden verbunden hatte, es waren eher episodenhafte
Spielereien Jugendlicher gewesen, die mit dem Abitur abrupt geendet hatten; man
verlor sich aus den Augen.
    Wiedergetroffen hatte man sich nach knapp zehn Jahren, als Frank,
mittlerweile Ergotherapeut am Josefs-Krankenhaus, ins Haus gekommen war, um
sich um Matthias‘ Großvater zu kümmern, der nach einer Wirbelsäulenoperation
kurzzeitig im Rollstuhl gesessen hatte. Man hatte sich ab und an in der Stadt
gesehen oder war sich beim Einkaufen über den Weg gelaufen, der
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