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Abgründe der Leidenschaft

Abgründe der Leidenschaft

Titel: Abgründe der Leidenschaft
Autoren: Vicky Flame
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Der Cadillac, der in westlicher Richtung auf der 53 rd Street unterwegs gewesen war, stand auf der Straße. Carlas Stoßstange berührte noch immer dessen Beifahrerseite.
    Mit einem tiefen Seufzen erhob sich Carla aus dem Auto und sah zu, wie die Fahrerin des Cadillacs ausstieg. Als die Frau sich aufrichtete, starrte Carla sie erstaunt an. Die Fahrerin war eine große, schlanke Frau von klassischer Schönheit. Ihr dunkelblondes Haar war zu einem perfekten französischen Knoten zusammengesteckt. Als die wunderschöne Frau sie durch ihre dunkle Schildpatt-Sonnenbrille ansah, fuhr sich Carla verlegen mit den Händen über ihre ausgewaschene Jeans.
    Je länger Carla die Frau betrachtete, desto unglaublicher sah sie aus. Die Frau nahm ihre Designer-Sonnenbrille ab und schirmte ihre Augen gegen die Nachmittagssonne ab. Sie hatte perfekt geschwungene Augenbrauen, tiefblaue Augen, eine lange schmale Nase und korallenrote Lippen. Sie erinnerte Carla unwillkürlich an Grace Kelly in ihren besten Tagen.
    Carla strich sich durch ihr schulterlanges braunes Haar und schob sich eine widerspenstige Strähne hinters Ohr. »Es tut mir schrecklich leid«, rief sie, während die Frau die Tür des Cadillacs schloss. »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte.« Was für eine dumme Bemerkung, dachte sie.
    Carla war so glücklich gewesen, als sich bei ihrem Arzttermin herausgestellt hatte, dass sie sich ganz umsonst Sorgen gemacht hatte. Der Knoten in ihrer Brust hatte sich als eine mit Flüssigkeit gefüllte Zyste herausgestellt. Nach einer Woche voller Anspannung war sie so erleichtert gewesen, dass sie fast in die Garage gerannt war, um ihren Wagen zu holen und sich auf den Weg nach Hause zu machen. Aber warum wollte sie eigentlich nach Hause? Sie war sich nicht sicher. Die Kinder waren noch in der Schule, ihre Mutter und ihr Vater waren unterwegs. Außerdem hatte sie weder ihren Eltern noch ihren drei Söhnen von dem Knoten erzählt. Kein Grund, sie unnötig zu beunruhigen, hatte sie gedacht. Das hieß aber auch, dass sie nun niemanden hatte, mit dem sie das Ergebnis feiern konnte.
    Carla sah zu, wie die blonde Frau um die beiden Autos herumging, ganz ruhig die Lage einschätzte und den Kopf schüttelte. Gott, dachte Carla, da muss ich ausgerechnet in so jemanden wie sie fahren. Die Frau trug ein klassisches dunkelrotes Kostüm von
Donna Karan
, eine passende rot-weiß gemusterte Bluse und dazu abgestimmte Pumps von
Robert Clergerie
. Mit ihren langen, schlanken, perfekt manikürten Fingern zog sie den rot, weiß und golden gemusterten
Hermès
-Schal über ihrer Schulter zurecht. »Oje«, sagte sie. Ihre Stimme klang sanft und akzentuiert. »Es tut mir so leid.«
    »Ihnen
tut es leid?«, fragte Carla.
    »Natürlich«, entgegnete die Frau. »Ich war ein bisschen zu schnell unterwegs und habe nicht auf den Verkehr geachtet.« Die Frau hielt inne und betrachtete Carla. »Moment. Das gibt es doch nicht.« Sie blickte sie aufmerksam an. »Carla?«
    »Entschuldigen Sie?«
    »Carla. Du bist Carla MacKensie.«
    »Carla Barrett«, antwortete sie. »Aber ich hieß Carla MacKensie, bevor ich geheiratet habe. Kennen wir uns?«
    »Ich bin Veronica. Ronnie Browning, jetzt Talmidge.«
    »Ronnie? Das gibt es nicht.« Carla und Ronnie waren an der
Michigan State University
Mitbewohnerinnen gewesen und hatten vor fünfzehn Jahren ihren Abschluss gemacht. Während ihrer drei Jahre als Zimmergenossinnen hatten sie einfach alles geteilt: Feldhockey, den Debattierklub, die Theaterkurse und sogar – unabsichtlich – einige Freunde.
    Ronnies Lachen klang voll und tief. »Ich würde dich überall wiedererkennen. Du hast dich überhaupt nicht verändert.« Sie sah an sich herab. »Ich hingegen sehe wohl etwas anders aus seit damals.«
    Carla erinnerte sich an die recht hübsche Brünette, die eine Brille getragen und nur wenig Make-up benutzt hatte – sie hatte sie wie eine Schwester geliebt. »Das kannst du laut sagen! Du siehst großartig aus.« Sie lächelte schief. »Und du hast recht: Ich habe mich nicht verändert. Leider sehe ich immer noch so aus wie vor fünfzehn Jahren – mittelbraun und durchschnittlich, durchschnittlich, durchschnittlich.« Carla betrachtete Ronnie genauer. »Was, um alles in der Welt, hast du in den letzten Jahren gemacht?«
    »Mehr als du dir vorstellen kannst.« Ronnie warf einen Blick auf die beiden Autos und winkte ab. »Das scheint mir ein geringfügiger Schaden zu sein. Wohin wolltest du gerade?«
    »Geringfügig?«
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