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314 - Exodus

314 - Exodus

Titel: 314 - Exodus
Autoren: Michelle Stern
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vor einer tiefgefrorenen, hornigen Echse Halt gemacht.
    Quart’ols Scheitelkamm richtete sich auf. Er strich sich bedächtig über die blaue Schuppenhaut an seinem Hals. »Wir wissen alle, dass das ein großes Risiko wäre. Was, wenn der Streiter ihn sofort wieder übernimmt?«
    Gilam’esh klackte zustimmend. »Außerdem ist fraglich, ob der Rochen den weiten Weg überhaupt schafft. Wir reden immerhin von etwa vierhunderttausend Kilometern. Und selbst wenn er dazu in der Lage ist – was, wenn der Streiter die Mondbahn passiert, noch ehe Thgáan seine Position einnehmen kann?«
    Matt richtete sich auf seinem Sitz auf. »Wir können uns stundenlang über die Risiken unterhalten, ohne auf einen Nenner zu kommen«, sagte er. Für ihn war die Entscheidung getroffen. »Die Bedenken sind berechtigt, aber wenn es klappt, würde es unsere Chancen enorm verbessern. Ich stimme also dafür, Grao aufzuwecken und es herausfinden. Wer ist noch dafür?«
    Steintriebs Hand schnellte nach oben, die von Xij folgte unmittelbar. Auch Miki Takeo fuhr seine Plysterox-Pranke in die Höhe. Clarice zögerte einen Moment, dann stimmte auch sie dafür, und schließlich schlossen sich die beiden Hydriten der Mehrheit an. Nur Voglers Hand blieb unten. Sein Blick war in sich gekehrt, als hätte er von der Abstimmung gar nichts mitbekommen. Langsam begann Matt sich Sorgen um den marsianischen Waldmann zu machen.
    ***
    Matt und Xij erreichten das Schott nach draußen als Erste. Die Temperatur in diesem Bereich des Flächenräumers lag bei minus zwei Grad. Takeo hatte sie nach Clarices Angaben so reguliert; schließlich wollten sie den Daa’muren nur bewusstlos halten, nicht umbringen.
    Matthew Drax entriegelte das innere Schott und trat in die Schleuse. Falls Grao doch erwachte, würde er die Tür mit eigener Kraft nicht öffnen können.
    Der Daa’mure lag in der Nähe des Ausgangs, der hinaus zur Eisspalte und über eine bionetische Transportröhre hinauf zum Mondshuttle führte. Vor der Schleuse sammelte sich immer wieder Schnee an, den sie regelmäßig hereinschaufelten, um Grao damit zu bedecken. Durch seine immer noch hohe Innentemperatur schmolz der Daa’mure das Eis nach und nach.
    Matt trat dicht an den wie auf einem Eisaltar aufgebahrten Echsenkörper heran. Graos Schuppenhaut glitzerte fahl, so weit sie unter Eis und Schnee zu sehen war. Ob Grao wirklich so weit weggetreten war, wie sie dachten? Er sah trotz der Schichten über ihm aus, als könne er jeden Moment aufspringen. Hinter sich hörte Matt, wie die anderen – außer Miki Takeo natürlich – aus dem inneren Schott in die Schleuse traten.
    Gilam’esh und Quart’ol brachten bionetische Stränge mit. Ohne viele Worte zu verlieren, traten sie damit an Grao heran. Gemeinsam mit Matt und Xij befreiten sie den gefrorenen Körper vom Eis und verschnürten den Daa’muren wie ein Paket. Matt zog seine Knoten besonders fest zu. Die Erinnerung, wie Grao ihn unter dem Einfluss des Streiters beinahe umgebracht hatte, war noch frisch. Das sollte sich nicht wiederholen.
    »Ich denke, das genügt«, sagte Gilam’esh. »Quart’ol, du kannst jetzt die Temperatur nach oben regeln.«
    Der Hydrit trat an ein kleines Wandpaneel, schob es zur Seite und gab den neuen Temperaturwert ein. Takeo war informiert und ließ es zu.
    Dann warteten sie darauf, dass Grao zu sich kam. Matt würde mit ihm reden; die anderen standen ein paar Schritte entfernt in der Nähe der Schleusentür – für alle Fälle.
    Matthew zog seine marsianische Thermojacke über die Finger und schaufelte mit einer Hand einen Rest Eis fort, der sich links von Graos Kopf türmte. Dabei blickte er angespannt auf das Echsenwesen.
    Er spürte, wie seine Nervosität anwuchs. Grao regte sich auch nach zwei Minuten nicht. Was, wenn er gar nicht mehr zurückgeholt werden konnte? Vielleicht hatte sein Gehirn durch die dauerhafte Unterkühlung Schaden erlitten? Er beugte sich vor. »Grao, hörst du mich?«
    Im Echsengesicht Graos zuckte es. Seine Lider bewegten sich, blieben aber geschlossen. Matt fühlte Erleichterung. Zumindest war der Daa’mure nicht tot. Ein ironisches Lächeln spielte auf seinen Lippen. Ich hätte nie gedacht, mich mal zu freuen, weil ausgerechnet diese außerirdische Echse noch unter uns weilt. Er sprach lauter: »Grao! Hörst du mich?«
    Alle schwiegen gespannt und warteten auf eine Antwort. Matt zuckte von dem Eisaltar zurück, als die Echsenhand neben ihm leicht zuckte. Der Daa’mure brachte einen erstickten
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