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2935 - Leichen lügen nicht

2935 - Leichen lügen nicht

Titel: 2935 - Leichen lügen nicht
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seinen Kindern. Von dem bürgerlichen Leben, das sie sich aufgebaut hatten. Für das er so schwer geschuftet hatte. Er spürte, dass er diese Fassade nicht mehr lange aufrechterhalten konnte.
    Etwas in ihm war stärker. Etwas in ihm wuchs. Übernahm mehr und mehr die Kontrolle über sein Leben. Er hatte es aufgegeben, sich dagegen zu wehren. Es war zwecklos. Er hatte den Kampf verloren.
    Ein Blick auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Thomas Gloome zahlte und verließ den Coffeeshop. Es war immer noch ungemütlich kalt draußen. Er schlug den Mantelkragen hoch. Zwar hatte es aufgehört zu schneien, aber überall zogen sich die Schneewälle an den Straßen entlang, die die Räumfahrzeuge zur Seite geschoben hatten.
    Schon von weitem sah er das dreistöckige Haus mit dem charakteristischen Erker im Erdgeschoss. Genauso hatte Mighty Mona es ihm beschrieben.
    Vor zwei Stunden hatte sie ihn angerufen. Sie wollte sich diesmal nicht mehr im Hotel mit ihm treffen. Sie hatte ihm ihre Privatadresse verraten. Eine ganz besondere Auszeichnung. So weit war nicht mal Lady Natascha gegangen.
    Sie hatte ihm von ihrem Kerker im Keller erzählt. Von den Foltergestellen und anderen Spezialgerätschaften. Allein die Beschreibung der Utensilien hatte in ihm schon eine unbändige Lust erzeugt. Jetzt war es so weit. Jetzt würde er den ultimativen Garten der Lüste betreten. Das Paradies der Schmerzen. Thomas Gloome drückte auf den Klingelknopf.
    ***
    Die Gloomes wohnten in den Prospect Towers am Tudor City Place, ein feines Art-deco-Wohnhaus mit Quadratmeterpreisen, die sich ein normaler Special Agent niemals leisten konnte. Hier musste noch anderes Geld im Spiel sein, entweder von ihrer oder von seiner Familie.
    Der Doorman erklärte uns diskret, dass Mrs Gloome mit den beiden Kindern allein zu Hause sei. Wir nahmen den Aufzug in die 17. Etage, wo Lucy Gloome uns bereits in der Tür erwartete. Der Doorman hatte unseren Besuch angekündigt.
    »Es ist doch nichts mit Thomas!?«
    Es war eine ganze Menge mit Thomas. Aber das mussten wir nicht unbedingt im Treppenhaus besprechen.
    Sie führte uns durch einen breiten Flur in ein geräumiges Wohnzimmer. In der Mitte befand sich eine quadratische Sitzecke aus cremefarbenen Polsterelementen, in der bequem zwanzig Gäste Platz hatten. Sie lag tiefer und man musste drei grün lackierte Holzstufen hinabsteigen, um es sich in den Polstern gemütlich zu machen.
    So wie die beiden Kinder, die mit ihren Malbüchern auf den sofaähnlichen Sitzgelegenheiten lümmelten. Ein Junge und ein Mädchen, vielleicht sechs und neun Jahre alt.
    »Sammy, Liza, geht bitte auf eure Zimmer. Ich muss ein paar Dinge mit den Männern besprechen.« Als sie die misstrauischen Blicke der Kinder bemerkte, fügte sie hinzu: »Das sind Kollegen von eurem Papa.«
    Daraufhin trollten sich die Kinder ohne Widerworte. Kaum hatten sie den Raum verlassen, blickte Lucy Gloome uns angstvoll an.
    »Ist mit meinem Mann alles in Ordnung? Normalerweise meldet er sich nach einer Nachtsitzung. Heute habe ich den ganzen Tag noch nichts von ihm gehört. Im Büro ist er nicht. Sein Handy hat er ausgeschaltet. Langsam mache ich mir wirklich Sorgen.«
    Phil und ich sahen uns betreten an. Was sagte man einer Frau, die offenbar völlig ahnungslos war, was das zweite, das geheime Leben ihres Mannes betraf? Erst recht, wenn sie so zart und zerbrechlich war wie Lucy Gloome? Mit ihrem schmalen, blassen Gesicht, dem blonden Pagenschnitt und der viel zu großen schwarzen Brille, hinter der zwei große Augen furchtsam in die Welt blickten, wirkte sie wie ein hilfloses Mädchen, das man vor den bösen Mächten dieser Welt beschützen musste.
    »Wann haben Sie Ihren Mann zum letzten Mal gesehen, Mistress Gloome?«
    Sie legte die Stirn in Falten und dachte kurz nach.
    »Gestern Abend«, erinnerte sie sich. »Er kam plötzlich aus seinem Zimmer und sagte etwas von einem kurzfristig angesetzten Meeting. Ich glaube, es ging um einen geplanten terroristischen Anschlag, der vereitelt werden sollte. Bevor ich nach Einzelheiten fragen konnte, war er schon verschwunden.«
    Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie dieses ›Meeting‹ abgelaufen war. Sicher nicht in einem Konferenzraum im Field Office. Eher irgendwo in einem schmuddeligen Folterkeller zwischen Lederpeitschen, Fesselsesseln und Plüschhandschellen.
    Es war nicht mein Job, sie über die Abwege ihres Mannes aufzuklären. Wir mussten nur dringend wissen, wo er sich aufhielt.
    »Hat er Freunde in der Stadt, die
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