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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I
Autoren: Karl May
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eines Sklavenjägers zu genießen, so gebietet dir dasselbe Kismet, das traurige Ende eines solchen durchzukosten. Du hast nur noch zehn Minuten zu leben.“
    „Nicht so schnell, nicht so schnell! Schenk mir das Leben, so gebe ich dir die Sklavinnen!“
    „Du hast keine Menschen zu verschenken; sie sind nur Gottes Eigentum.“
    „So nimm unsere Kamele!“
    „Die gehören mir schon; ich brauche nur die Hand auszustrecken.“
    „Nimm alle meine Leute, und töte sie, aber gib mich frei!“
    „Mensch, du bist nicht nur ein Bösewicht, sondern auch ein Feigling ohnegleichen. Du hast vielleicht Tausende von armen Negern töten helfen, aber deinen eigenen Tod fürchtest du mit Entsetzen. Fühlst du denn nicht, wie gottlos und teuflisch selbstsüchtig der Vorschlag ist, welchen du mir machst! Um einen einzelnen nicht der gerechten Strafe zu überliefern, soll ich fünfzig Menschen töten? Mir graut vor dir!“
    „Laß dir grauen! Mir graut nicht vor mir, sondern nur vor dem Tod. Ich will leben, leben, leben! Schenk mir das Leben, und ich tue alles, was du von mir forderst.“
    Der Kerl wimmerte fast vor Todesangst. Es war zum Ekeln. Um mir diese mehr als unangenehme Empfindung abzukürzen, antwortete ich:
    „Wirst du es halten, wenn ich dich beim Wort nehme?“
    „Ich schwöre es dir bei allem, was du willst!“ antwortete er, von neuem aufatmend.
    „Gut. Ich will milder sein, als du es verdienst. Ich erinnere mich deiner Forderung, dich dem Raïs Effendina zu übergeben, und bin bereit, sie zu erfüllen, wenn du tust, was ich befehle.“
    „Befiehl nur, Effendi, und ich gehorche!“
    „Ich will nicht haben, daß noch weiteres Menschenblut vergossen werde. Wir sind alle unverletzt; ihr aber habt Tote und Verwundete; das ist die Folge davon, daß dein Mitgefangener die ihm gewährte Freiheit schändlicherweise dazu benutzte, deine Leute zum Kampf aufzureizen. Damit aber mag es genug sein. Dein Auge wird dir sagen, daß es euch unmöglich ist, uns zurückzuweisen. Entweder schießen wir euch mit unseren weittreffenden Flinten einzeln weg, oder ihr wagt einen Gegenangriff und fallt unter unseren Kugeln, ehe ihr mit euern Messern uns erreichen könnt. Ergebt euch freiwillig, so verspreche ich, euer Leben zu schonen und euch dem Raïs Effendina auszuliefern.“
    Sein Gesicht erheiterte sich schnell. Er kannte die Mängel der ägyptischen Strafrechtspflege, zumal hier oben in dieser Gegend. Einem hiesigen Gericht überliefert zu werden, heißt so viel, wie sich loskaufen können. Vielleicht hielt er auch die Gerechtigkeit des Raïs Effendina für käuflich, denn er antwortete sofort:
    „Ich gehe darauf ein.“
    „Hast du aber so viel Macht über deine Leute, daß sie dir gehorchen?“
    „Ich habe sie, denn dem geringsten Ungehorsam folgt bei uns der Tod. Ohne diese Strenge würde es keine Sklavenjäger geben.“
    „Wie aber willst du ihnen den Befehl zugehen lassen?“
    „Darf ich hinüber?“
    „Nein.“
    „So erlaube mir, einen zu rufen, mit dem ich mich verständigen werde?“
    „Ich erlaube es, aber diese Verständigung muß in meiner Gegenwart geschehen.“
    Es wurde bereits erwähnt, daß unsere Asaker eine ganze Ladung von Sklavenketten bei sich führten; ich schickte einen der Leute nach oben, um sie auf einem Kamel herabzubringen. Auf den Ruf Ben Kasawis, welcher drüben verstanden wurde, kam ein Mann herüber, welcher sich zu ihm setzte. Der Anführer gab ihm seinen Entschluß zu erkennen und erklärte ihm die Gründe desselben. Der Mann sah mich, als er aufgestanden war, mit finsterem Blick an und sagte:
    „Effendi, du hast uns die Flinten weggenommen und kannst uns nun niederschießen, wie es dir beliebt; das wissen wir, und darum willigen wir in die Ergebung. Halte dein Wort, uns auszuliefern! Aber glaube ja nicht, daß man uns töten wird. Diese Freude macht kein ägyptischer Richter einem Christen. Vielleicht sehen wir uns später wieder, und dann wirst du es sein, der sich ergeben muß!“
    Er ging, und da brachte der nach den Ketten fortgeschickte Asaker sein Kamel geführt. Er war mit dem Tier an derselben Stelle ins Tal gekommen, welche ich gestern mit Ben Nil benutzt hatte, als wir mit unsern zwei Kamelen in das Wadi niederstiegen, um die Sklavenjäger zu täuschen. Jede dieser Ketten war mit einer Fuß- und zwei Handschellen versehen; wer mit einer solchen gefesselt war, den hatte man sicher, zumal hier in der Wüste, wo ein Gefangener nicht an Flucht denken konnte, ohne sich der Gefahr
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