Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2592 - Im Zeitspeer

2592 - Im Zeitspeer

Titel: 2592 - Im Zeitspeer
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
MIKRU-JON, hatte er bemerkt, dass er ungeduldiger und reizbarer war, seit der Aktivatorchip ihn nicht mehr mit Zellschwingungsimpulsen versorgte. Gut möglich, dass diese nebenbei auch eine beruhigende Wirkung hatten.
    Gehabt hatten.
    Tiff konzentrierte sich darauf, Char'imchar anzuwenden, die erste Stufe der Upanishad. Sie ermöglichte, »über das Fleisch hinaus« die vegetativen Funktionen des Körpers zu kontrollieren, bis hin zu gesteigerten Reflexen und Unempfindlichkeit gegen Schmerzen.
    Er war gut darin gewesen, früher einmal, hatte sogar den Status eines Ewigen Kriegers erlangt. Allerdings mit Zellaktivator, der ihn zweifellos stets unterstützt und physisch wie psychisch stabilisiert hatte.
    Mittlerweile war Tiff schon froh, das bohrende Kopfweh ausblenden zu können und seine Nerven einigermaßen im Zaum zu halten. Er horchte in sich hinein, verlangsamte Atmung und Puls. Sein Herz schlug regelmäßig; aber sonst pochte nichts.
    Der unterhalb seines linken Schlüsselbeins implantierte Chip hatte plötzlich ausgesetzt, an diesem Tag um kurz vor vierzehn Uhr Standardzeit. Seither hatte er seine Tätigkeit nicht wieder aufgenommen.
    Somit blieben Tiff knapp 57 Stunden. Spätestens dann setzte ein rasanter Zellverfall ein, nach allem, was man wusste, unumkehrbar.
    *
    Er zwang sich, systematisch die Zelle nach einem Ausgang abzusuchen. Welchen Sinn sollte ein hell erleuchteter Raum mit 125 Kubikmeter Atemluft haben, wenn keine Möglichkeit für potenzielle Insassen bestand, ihn bald wieder zu verlassen?
    Nun, Tiff fielen allerhand unerfreuliche Erklärungen ein ... Er wischte sie beiseite. Statt sich das Hirn zu zermartern, klopfte er die Wand ab. Die Ortung versagte nach wie vor.
    Sein Handschuh versank in dem weißen, wattigen Material, das bis zu einer Tiefe von etwa zehn Zentimetern nachgab; fünfzehn, wenn er mit voller, vom Anzug verstärkter Kraft dagegendrückte. Zog er die Hand heraus, glättete sich die Wandfläche binnen einiger Sekunden wieder, geräuschlos und ohne irgendeine andere erkennbare Reaktion.
    So war es überall, überall gleich frustrierend. Keine Fuge, kein Schalter. Nichts Auffälliges zu ertasten, auch nicht am Boden oder an der Decke, zu der Tiff hinaufgeschwebt war.
    Die Gravo-Paks des SERUNS arbeiteten klaglos. Ein schwacher Trost; und praktisch nutzlos, denn der Prallschirm ließ sich nicht aufbauen.
    Hätte Tiff über die maximale Strecke, also die ganze Raumdiagonale hinweg voll beschleunigt, wäre er mit beachtlicher Geschwindigkeit in die Ecke gekracht. Aber dabei hätte er sich wohl nur selbst Prellungen und Verstauchungen zugefügt, darum ließ er es einstweilen lieber bleiben.
    So verzweifelt war er doch noch nicht.
    *
    Er gestand sich ein, die Hoffnung gehegt zu haben, sein Zellaktivator würde flugs wieder funktionieren, sobald er das schwarze Tor durchschritten hätte. Aber dem war nicht so.
    Obwohl gewisse Indizien darauf hindeuteten.
    Die Hinweise, aufgrund derer letztlich die Silberkugel mit Lotho Keraete entdeckt worden war, wirkten in signifikanter Weise auf Tifflor und Rhodan zugeschnitten. Es konnte nach menschlichem Ermessen kein Zufall sein, dass sie Emissionen auffingen, identisch mit der Strahlung des Schwarzen Lochs Anansar, des »Splitters der Ewigkeit«!
    Lag es da nicht auf der Hand, dass auch die Sabotage von Tiffs Chip demselben Zweck diente, nämlich sie zum PARALOX-ARSENAL zu führen? Genauer ausgedrückt: einen von ihnen - der genau deswegen ausreichend motiviert war, den Sprung ins vollkommen Unbekannte zu wagen?
    So hatte Tiff es sich insgeheim zusammengereimt; zumal Lotho Keraete Stein und Bein schwor, dass nicht er diese Spuren gelegt habe.
    Die Anansar-Strahlung stellte das sprichwörtliche Zuckerbrot dar. Das Versagen von Tifflors Aktivator entsprach der Peitsche. Er und kein anderer sollte gezwungen werden, durch das schwarze Tor zu gehen.
    Dachte Tiff. Doch wie es aussah, hatte er sich schwer verschätzt. Er musste die zugegebenermaßen vage Hoffnung, quasi als Belohnung für seinen Schritt würde der Chip sogleich wieder zu pochen beginnen, wohl begraben.
    Die Uhr hingegen tickte unerbittlich weiter. Unaufhörlich rann der Sand seiner restlichen Lebenszeit durch das Stundenglas.
    Tiff presste die Zähne aufeinander und die Faust gegen die Wattewand. Er erzielte dasselbe Ergebnis wie Hunderte Male davor: nämlich keines.
    In jähem Zorn zückte er den Kombistrahler.
    *
    Er feuerte auf die Wand, ohne die Einstellung verändert zu haben. Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher