Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2446 - Die Negane Stadt

Titel: 2446 - Die Negane Stadt
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
lebte.
     
    *
     
    Glorithlin Pal aktivierte den Transmitter und trat ins Energiefeld. Der Schritt führte ihn in eine kleine Knotenstelle der Exklusiv-Transmitter des Neganen Beamtenkorps. Er musste noch zweimal umsteigen, dann hatte er sein Ziel im Zentrum der Neganen Stadt erreicht.
    An der Tempolaren Arkade herrschte hektischere Aktivität als sonst. Alles wurde für einen kompletten Testlauf der Kern-Zeremonie bereit gemacht.
    Die Generalprobe sozusagen ...
    Pal schlüpfte in sein Zeremoniengewand, nahm seinen Platz ein, zählte die Untergebenen durch, verteilte letzte Instruktionen an alle, die ihm unterstellt waren ...
    ... und sah sich plötzlich von vier Augen gemustert: der Blick des Zeremonienmeisters – der so kritisch und so tödlich sein konnte. Der Dual – oder seine Projektion – betrachtete ihn kurz.
    Und nachdenklich, wie es Glorithlin Pal vorkam.
    Damit war seine letzte, winzige Hoffnung geschwunden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er gehofft, der Zeremonienmeister würde ihn einfach vergessen, gar nicht beachten. Aber ganz im Gegenteil: Der Meister hatte ihm soeben klargemacht, dass er von Anfang an sein besonderes Vieraugenmerk auf ihn, Pal, legen würde!
    Und damit war sein Schicksal besiegelt.
    Das Zeichen ertönte, die Zeremonie begann.
    Mehrere Holos erhellten sich, die die Innenfläche der Hohlkugel, die die Tempolare Arkade umschloss, als Ganzes zeigte und einen Eindruck von der Erhabenheit des Gesamtbilds erwecken sollte, doch Glorithlin Pal hatte keine Muße, das majestätische, bis ins Detail choreografierte Gepränge zu betrachten. Er musste sich auf seinen Teilbereich konzentrieren.
    Welche Schrittfolgen würde der Zeremonienmeister für ihn bestimmen?
    Es konnte nicht angehen, dass Millionen von Neganen Beamten den Chaotarchen Xrayn mit einer Zeremonie begrüßten, die absolut gleichförmig verlief. Das wäre Ordnung pur gewesen, zumal schon die Hohlkugel, auf der sie ihre Schritte präsentierten, ein perverses Synonym der Ordnung war. Chaos musste her; im Idealfall durfte die Schrittfolge in keinem einzigen Abschnitt der Tempolaren Arkade mit der identisch sein, die gerade in einem anderen vollzogen wurde.
    Im Idealfall ... Aber das war die Aufgabe des Zeremonienmeisters. Er musste Chaos in die Ordnung bringen und Xrayn vergessen machen, dass auch das Chaos von Ordnung durchdrungen war.
    Gespannt beachtete er die Anweisungen, die er über Miniholos und das Headset erhielt.
    Noch war alles gut verlaufen. Er spürte, dass er sehr angespannt war, seine Mitarbeiter mit der Nervosität eines Anfängers dirigierte und leitete.
    Aber sie bewältigten die ersten 2000 Schritte mit einer Perfektion, die nach der an Ereignissen reichen Nacht eigentlich nicht zu erwarten gewesen war.
    Mit sehr viel Glück, gestand er sich ein. Sein Leben hing immer noch am seidenen Ordnungsfaden!
    Er hatte erst einige wenige Schlüsselsequenzen aus der zweiten Hälfte beschreiten müssen, die er tatsächlich beherrschte. Aber je länger die Zeremonie dauerte, desto größer wurde die Aussicht, Schrittfolgen einzulegen, die er verstolperte.
    Und jetzt ... Glorithlin Pal konnte sein Glück nicht fassen. Getafe. Zen-San-Pet. Das Double.
    Dreidrei. Nullvier. Zwei.
    Der unvergessliche Ruhm. Dann der Sturz, die Peinlichkeit ersten Ranges, der Tiefpunkt. Und dann der Triumph selbst, zweizwei, aber geschmälert durch die zuvor erlittene Schande.
    Das beherrschte er im Schlaf, würde er nie im Leben vergessen.
    Dennoch hätte er Zen-San-Pet fast verstolpert, einen Schritt gemacht, wo keiner angesagt war. Null! Null! Null!
    Wollte er etwa Ordnung ins Chaos bringen? Natürlich wäre ein Schritt angesagt gewesen, aber in der uralten Tradition war keiner erfolgt. Und er konnte die Vergangenheit doch nicht umschreiben!
    Ihm wurde klar, dass er versagt hatte.
    Er hätte keinen Schritt tun dürfen, die Schande dieser Peinlichkeit ertragen müssen, doch er konnte es nicht. Sein rechtes Bein hatte gezuckt, die Kiemen hatten sich geöffnet.
    Nur einen Spaltbreit, aber das genügte.
    Er fragte sich, ob der Meister es bemerkt hatte, wusste aber, dass er jetzt noch keine Antwort darauf bekommen würde. Die Urteile wurden erst nach der Zeremonie ausgesprochen. Welchen Sinn hätte es gehabt, die Delinquenten noch während der Probe ihrer gerechten Strafe zuzuführen?
    Doch von diesem Patzer abgesehen, blieb das Glück ihm treu. Seine Abteilung erhielt zumeist Schrittfolgen, die er aus dem Flossenschwung beherrschte, und nur ganz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher