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2424 - Die Thermodyn-Zentrale

Titel: 2424 - Die Thermodyn-Zentrale
Autoren: Unbekannt
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fragmentarische Weite. Für gewöhnlich identifizierte Dathuel seine Umgebung nicht mehr als zehn, zwölf Schritte weit. Darüber hinaus wurde das Schallbild undeutlich und verlor sich in einem vagen Rauschen. Sobald er größere Distanzen einsehen wollte, war er auf Hilfsmittel angewiesen.
    Das Intra-Auge überwand solche Grenzen. Vor allem ermöglichte es eine Wahrnehmung, die Dathuel stets mit dem optischen Sehen anderer Lebewesen verglich. Wenn diese zum Beispiel von Farben sprachen, war das für ihn abstrakt: ein Begriff, mit dem er so gut wie nichts anzufangen wusste.
    Farben basierten auf einer besonderen Wahrnehmung von Wellenlängen des Lichts. Er vermochte sich nicht einmal Licht als solches vorzustellen.
    Andere sagten, seine Haut sei blau.
    Das musste er akzeptieren. Nur hatte er sich oft gefragt, weshalb sie ihn nicht rothäutig nannten oder grün, und wo der Unterschied lag.
    Inzwischen bildete er sich ein, mit dem Intra-Auge wenigstens drei Farben unterscheiden zu können. Lange hatte er seine Hände betrachtet und die Wahrnehmung als Grundlage eines Vergleichs aufgenommen. Gleichwohl wusste er, dass er damit auch falsche Ergebnisse erzielte. Weil sich fünfdimensionale Zustände veränderten und in deren Feinheit die grobschlächtige Analogie oft genug zur Makulatur wurde.
    Wenn er dennoch rot zu etwas sagte, was er als rot einschätzte, empfand er das als erhebendes Gefühl. Nicht nur, weil er über spezielle Sinne verfügte, sondern vor allem, weil er etwas erreicht hatte, was die Mehrzahl intelligenten Lebens auszeichnete.
    Die Arme leicht abgespreizt, um seinen sicheren Stand auszubalancieren, verharrte Dathuel vor dem schadhaften Aggregat. Hinter ihm, glaubte er mit seinem Intra-Auge erkennen zu können, brodelte die weitläufige Halle in einem düsteren Rot. Das waren die Ausschüttungen von Maschinen, die ihn aber schon nicht mehr interessierten, weil sie einwandfrei funktionierten.
    Schicht für Schicht des schadhaften Aggregats löste er in seiner Vorstellung ab. Übrig blieb der Schaltkern, ein länglich ovales Gebilde, das im äußeren Segment von abgeschirmten Zuleitungsröhren durchstoßen wurde.
    Energieringe umhüllten den Kern berührungsfrei. In der Mitte waren sie groß und stark, nach außen verloren sie sich zur Bedeutungslosigkeit. Sie schützten den Schaltkern vor Fremdeinflüssen, und deshalb hatte er in dem Schallbild den Verlust der Normalenergie nur vage wahrgenommen.
    Über mehrere Terzen hinweg ließ Dathuel den Eindruck auf sich einwirken, dann war er überzeugt, dass er keineswegs selbst Hand anlegen musste. Zwölf Tefta-Raga waren mit ihm in der brachliegenden Thermodyn-Zentrale SIAH zurückgeblieben, andere Besatzungsmitglieder gab es nicht mehr.
    Die Tefta-Raga konnten die Reparatur unbeaufsichtigt zu Ende bringen.
     
    *
     
    Nur vorübergehend nahm Dathuel die Tefta-Raga in seine Wahrnehmung.
    Sie arbeiteten schnell und präzise, wie er es erwartete und wie es für die Funktionen der Redundanzanlage wichtig war. Bislang war die Thermodyn-Zentrale SIAH nicht in die Kontrolle der Spendersonnen integriert, sie diente ausschließlich als Reserve für den Notfall. Wobei Dathuel zweifelte, ob er diesen Notfall herbeiwünschen sollte.
    Er hätte dann, von einer Mindesteinheit zur anderen, eine wirklich wichtige Aufgabe wahrzunehmen. Seine Kontrollgänge und die einfachen Reparaturarbeiten ermüdeten ihn nur und verzerrten im Lauf der Jahre den Blick auf das tatsächlich Wichtige.
    Wie wandelnde Bäume erschienen ihm die Tefta-Raga, die sogar ein Stück größer waren als er selbst. Er hatte auf manchem Planeten knorrige Bäume wahrgenommen, in deren Rinde Bilder und Schriftzeichen eingeritzt gewesen waren, und so ähnlich erschienen ihm die Arbeitsanzüge der Helfer. Ebenso die blütenförmigen, angeblich farbigen Gliedmaßen, die wie dickes Geäst wirkten. Sie und der zweigeteilte buschförmige Kopf waren Teil dieser Arbeitsumgebung. Nur wer genau hinschaute oder über entsprechend feine Sinne verfügte, entdeckte die Augen in diesem buschähnlichen Dickicht.
    Diese Augen – Dathuel verglich sie mit den optischen Wahrnehmungsorganen eines Aeganers oder auch eines Schohaaken – gehörten zu dem eigentlich glatthäutig nackten und sehr hageren Wesen eines Tefta-Raga.
    Dathuel erteilte letzte Anweisungen, dann setzte er seinen Kontrollgang fort.
    Die Stille der großen Thermodyn-Zentrale umfing ihn wieder. Dann verließ er den für seine Helfer zugänglichen Bereich und
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