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212 - Das Skelett (German Edition)

212 - Das Skelett (German Edition)

Titel: 212 - Das Skelett (German Edition)
Autoren: Thomas Graser
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ungefähr dieses Urteil erwartet. Steuerhinterziehung und ein Betrug in dieser Größenordnung sind wahrlich keine Kavaliersdelikte, zumindest nicht in eurem so geordneten Land.«
    Artjom lachte laut auf, es dröhnte regelrecht in meinen Ohren.
    » Aber ich habe dich ja vorm Gefängnis bewahrt und du kannst dein Luxusleben fortführen. Ich führe dein Bewusstsein in eine andere Sphäre.
    D u wirst erheblich gewinnen, nicht nur materiell.«
    Ich schluckte mehrmals und antwortete erst einmal nicht. Sein Geschwafel hielt ich für einen geschmacklosen Scherz oder nur dumme Prahlerei. Es wurde noch besser, er fuhr weiter fort:
    » Du trägst eine Mitschuld, warum du heute hier sitzt. Du hast mich damals mit deiner zur Schau gestellten Überheblichkeit einfach nur angestachelt und letztlich inspiriert. Als du meine kleine Jekaterina in deinen Räumlichkeiten untersucht hast, hieltest du einen Vortrag über rekonstruktive und plastische Chirurgie. Meine Tochter und auch ich verstanden nicht wirklich viel. Aber etwas hat mich sofort und nachhaltig beeindruckt. Nicht du als Mensch, sondern deine Kunst, die du in dir trägst. Dieses Talent hat den Raum gefüllt. Denn als Mensch bist Du eine absolute Lachnummer, auch dazu später einmal mehr. In mir reifte ein Plan, kompliziert und verworren, ähnlich wie ich mich selbst beschreiben würde. Ja, so in etwa.
    Was steht hinter deine m voluminösen roten Lackschreibtisch rechts in der Ecke?«
    »Ein menschliches Skelett aus Kunststoff, sehr detailgetreu,ungefähr ein Meter achtzig hoc h« , antwortete ich wie aus der Pistole geschossen.
    »Ja u nd solch ein maßstabsgerechtes, besser detailliertes perfektes Skelett will ich meiner ungewöhnlichen Sammlung einreihen, nur aus echten Knochen! Aus wie vielen Teilen besteht ein menschliches Skelett überhaupt?«
    Er besaß anatomische Kenntnisse, das sah ich ihm an. Hatte ich akustisch wirklich alles verstanden? Ich konnte Gehörtes nicht richtig einordnen oder wollte es nicht.
    Irritiert rief ich gespeichertes Wissen ab und leierte Oberflächliches herunter:
    » Eindeutig kann ich das nicht beantworten. Wenn du eine brauchbare Zahl haben möchtest, würde ich 212 sagen. Das menschliche Skelett ist sehr individuell. Üblicherweise liegt die Zahl zwischen 206 und 215, die natürlich kategorisiert eingeteilt sind.
    Säuglinge zum Beispiel haben über dreihundert Knochen, von denen einige im Laufe der Zeit in unterschiedlichem Maße zusammenwachsen.
    Ein recht komplexes Thema. Ich empfinde deine Begierde als arg sonderbar, und ich verstehe nicht so recht, wie ich dir dabei helfen soll? Was du von mir willst oder gar verlangst? Ich bin doch kein Rechtsmediziner, der tagtäglich mit Leichen zu tun hat und diese Extremitäten entnehmen könnte.
    D as allein wäre schon strafbar, pietätlos und unsinnig. Ich arbeite auch nicht in einem öffentlichen Krankenhaus oder in einem schaurigen Bestattungsinstitut, wo vielleicht mit erheblich viel krimineller Energie, derartige Bestandteile zu stehlen wären. Oder soll ich für dich alte Gräber plündern? Das wäre auf alle Fälle einfacher, da liegen dann nach der Verwesung der Leiche nur noch Knochenzellen, wie du dir dein Skelett sicherlich vorstellst. Alles müsste dann nur noch verdrahtet werden.«
    Es war scherzhaft gemeint, seine Mimik blieb aber ausdruckslos, eher leicht belustigt.
    Weiter ging es mit meinem kleinen Referat:
    »Man kann nicht von einer kleinwüchsigen Frau ein Schädelskelett, von einem stattlichen Bauarbeiter ein Rumpfskelett und von einem mittelgroßen Mann das Gliedmaßenskelett nehmen, in einem Behälter durchschütteln und dann aus allem ein Modell zusammenpuzzeln. Artjom du tickst doch nicht richtig!
    Ich bin Chirurg und kein Präparator von derartigen Konstruktionen. Aus meiner Sicht würde solch ein irres Skelett vollkommen unansehnlich sein. Der ganze Körperaufbau ist so kompliziert, dass ich noch Stunden brauchen würde, um es dir schlüssig zu erklären. Dein gewünschtes Sammlerstück würde nicht so aussehen, wie das Kunststoffteil in meinem Büro. Knochen sind nicht ansehnlich oder ästhetisch! Sie sind von Nerven und Blutgefäßen durchzogen. Hast du schon mal eine offene Unfallverletzung mit Fraktur gesehen, wo dann zum Beispiel Extremitäten freigelegen haben? Nein, sicher nicht.
    Das würde d ir auch nicht gefallen.
    Also , was soll das Ganze hier?
    Das ist doch völlig abwegig, ich kann deinen wirklich schrägen Gedanken nicht folgen.
    Artjom , bist du
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