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1592 - Der Tiermensch

1592 - Der Tiermensch

Titel: 1592 - Der Tiermensch
Autoren: Jason Dark
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zuckte.
    Deutlich spürte er den Druck der Zähne. Da wurde die Haut aufgerissen, Blut quoll hervor.
    Er spürte es nur wie nebenbei, aber er hörte auch das Lachen dieses Monsters.
    Ja, sie war für ihn zu einem Monster geworden. Dafür gab es kein anderes Wort. So wie sie aussah, konnte man sie nicht mehr als Menschen ansehen.
    Der zweite Biss.
    Diesmal hatte sie sich die linke Schulter ausgesucht.
    Der Schmerz war eben so wie beim ersten Biss. Er war nicht so schlimm, als dass Noah aufgeschrien hätte. Nur veränderte sich die Umgebung vor seinen Augen. Zwar gab es den Raubtierkopf noch, aber er schien sich allmählich aufzulösen.
    Zugleich verspürte Noah eine nie gekannte Entspannung oder Schwäche, die seinen Körper erfasst hatte und ihn in eine dunkle, unendliche Tiefe zog…
    ***
    »Ich werde mich mal ein wenig umschauen, Maxine«, sagte Carlotta, das Vogelmädchen.
    Die Tierärztin Maxine Wells lächelte.
    »Und was bedeutet das in deinem Fall?«
    »Das weißt du doch.« Carlotta beugte sich vor und strich Maxine durch das dunkelblonde Haar. »Fliegen, ich werde einfach fliegen.«
    Maxine reagierte wie eine besorgte Mutter. »Und das in dieser Kälte. Der Sommer ist endgültig vorbei. Hier in Schottland wird es schneller kälter als im Süden.«
    »Das kenne ich doch.«
    »Und besonders am Abend, so wie jetzt.«
    »Weiß ich alles, Max. Es soll auchnur ein kurzer Flug werden. Ich brauche die Bewegung.«
    Die Tierärztin seufzte. Ja, das brauchte Carlotta, dieses Phänomen von einem Menschen. Durch Genmanipulation war sie zu dem geworden, was jetzt vor ihr saß. Zu einem Menschen, der tatsächlich fliegen konnte.
    Sie hatte kräftige Flügel, die aus ihren Schultern wuchsen.
    Sie hatte damals die Flucht aus dem Labor eines Professors Elax geschafft, und ein günstiges Schicksal hatte sie zu Maxine Wells geführt, bei der sie sich seitdem sehr wohl fühlte.
    Sie ging ihr bei der Arbeit als Tierärztin zur Hand, aber beide hatten es stets verstanden, die Wahrheit für sich zu behalten. So wusste kein Mensch in ihrer Umgebung, was wirklich mit Carlotta war. Den Menschen, die mit ihren kranken Tieren zu Maxine kamen, war sie nur als Helferin bekannt, und dabei sollte es auch bleiben.
    »Lange genug haben wir Ruhe gehabt«, sagte Maxine.
    »Wie meinst du das?«
    »Dass nichts mehr passiert ist. Ich konnte meiner Arbeit nachgehen, und das Böse - oder wie man es auch nennen mag - hat uns nicht einmal mehr gestreift.«
    Carlotta nickte. »Deshalb musst du auch keine Angst haben. Ich kann schon auf mich achtgeben.«
    »Weiß ich.«
    Carlotta wandte ihr Gesicht dem Fenster zu. Dahinter war der Tag dabei, sich zu verabschieden. Doch noch war es nicht dunkel geworden. Die Schwaden der Dämmerung waren erst dabei, sich allmählich anzuschleichen.
    Das Vogelmädchen stand auf.
    »Ich beeile mich auch«, sagte es. »Ich werde mich entsprechend warm anziehen.«
    »Ja, tu das. Und sei vorsichtig.«
    Carlotta streckte den rechten Daumen in die Höhe.
    »Du weißt doch, das bin ich immer.«
    Maxine Wells sagte nichts mehr. Lächelnd schaute sie ihrer Ziehtochter hinterher.
    Eine gewisse Sorge blieb trotzdem zurück…
    ***
    Er war ein Nichts. Nur eine Erinnerung, die im Ozean der Gedanken schwamm und sich zunächst kristallisieren musste, um diesen schrecklichen Traum verlassen zu können.
    Noah Lynch tauchte aus einer Tiefe auf, die er gedanklich nicht nachvollziehen konnte. Sie hatte ihn für eine Weile verschlungen und bei ihm alles ausgelöscht, dazu gehörte auch die Erinnerung, denn als er die Augen aufschlug und in die Umgebung schaute, da sah er zunächst Dinge, die ihm zwar bekannt vorkamen, an die er sich aber noch nicht richtig erinnern konnte.
    Er brauchte eine Weile, um festzustellen, dass er in seinem Bett in seinem Schlafzimmer lag. Als Zweites stellte er fest, dass es um ihn herum nicht dunkel war.
    Durch die beiden Fenster drang Tageslicht.
    Es war nicht unbedingt strahlend hell, denn am Himmel lag ein dichter Teppich aus Wolken.
    Ruhig bleiben. Die Gedanken sortieren und dafür sorgen, dass die Erinnerung zurückkehrte.
    Etwas war passiert, das wusste er. Und zwar mit ihm persönlich. Es war anders gelaufen, als er es sich vorgestellt hatte, aber er hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was genau mit ihm geschehen war. Zu tief war die Erinnerung noch in ihm vergraben.
    Allerdings meldete sie sich körperlich. Sehr deutlich spürte er an beiden Schultern den Druck. Man konnte ihn auch als leichte Schmerzen
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