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1577 - Der Engelssohn

1577 - Der Engelssohn

Titel: 1577 - Der Engelssohn
Autoren: Jason Dark
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sich dem gemeinsamen Schlafzimmer näherte, sah sie den hellen Streifen unterhalb der Tür.
    Godwin war wach geworden. Er hatte sogar das Licht eingeschaltet.
    »Gleich geht es dir besser, mein Kleiner«, flüsterte sie und öffnete die Tür.
    Ihr Mann stand am Fenster und drehte sich jetzt um, weil er etwas gehört hatte.
    Kurz hinter der Schwelle blieb Sophie stehen. Sie hielt den Kleinen so, dass Godwin ihn sehen konnte.
    »Na, was sagst du?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wer ist das?«
    »Unser Findelkind, Godwin…«
    ***
    Der Templer war so überrascht, dass er zunächst keinen Kommentar von sich gab. Er fuhr sich mit einer Hand über die nackte Brust, schaute den Kleinen an und lachte.
    »Das ist doch nicht dein Ernst«, sagte er wenig später.
    »Doch, mein voller.«
    Godwin wollte etwas erwidern. In diesem Moment streckte der Junge ihm seine Ärmchen entgegen, als wollte der Sohn unbedingt zu seinem Vater.
    »Da, er mag dich, Godwini Ist das nicht toll?«
    De Salier fühlte sich hilflos. Er konnte nur mit den Schultern zucken, Worte fehlten ihm. Dafür handelte seine Frau. Sie löste sich von ihrem Platz bei der Tür und legte den Kleinen auf ihre Betthälfte.
    »So, mein Lieber, da hast du erst mal einen wunderbaren Platz gefunden.«
    »Und weiter?«, fragte Godwin.
    »Ich werde jetzt gehen und ihm etwas zu essen besorgen.«
    »Hm. Milch?«
    »Genau. Pass du in der Zwischenzeit auf ihn auf.«
    Nach diesen Worten verschwand sie aus dem Zimmer.
    Godwin konnte nicht viel tun. Er fühlte sich überfordert. Da lag der Kleine auf dem Bett, schaute ihn an und hatte sein Mündchen zu einem Lächeln verzogen.
    Godwin wusste gar nichts mehr. Er war so überrascht gewesen, dass er seine Frau nicht mal gefragt hatte, woher der Kleine gekommen war. Er musste davon ausgehen, da es sich um ein Findelkind handelte, dass jemand es zum Kloster gebracht hatte, damit man sich dort um es kümmerte. Und das war so neu nun auch wieder nicht.
    Der Junge lag auf dem weichen Kopfkissen. Godwin setzte sich auf die Bettkante und drehte sich so, dass er den Jungen anschauen konnte, der eigentlich noch ein Säugling war.
    Er lächelte ihn immer noch an.
    Godwin lächelte zurück. Dann strich er zärtlich mit seinen Fingern über beide Pausbäckchen, und plötzlich fing der Kleine an zu lachen. Es waren Laute, die die Seele des Mannes erwärmten.
    Ein Kinderlachen in seinem Kloster. Das hatte es noch nie gegeben.
    Es war eine Premiere, und Godwin gab zu, dass sie ihm sogar gefiel. Es waren väterliche Gefühle, die in ihm hochstiegen.
    Zu jung war der Kleine auch nicht. Er schätzte ihn auf noch nicht mal ein Jahr. Von einem so jungen Menschen konnte man sich doch nicht trennen! Und wenn dem doch so war, warum hatte man den Kleinen erst jetzt ausgesetzt? Normalerweise wurden Kinder gleich nach der Geburt ausgesetzt.
    Hier nicht…
    Das empfand der Templer schon als seltsam. Es keimte nicht gerade Misstrauen in ihm hoch, aber so richtig freuen konnte er sich über den kleinen Besucher nicht.
    Trotzdem tat es ihm gut, als das Kind mit seiner kleinen Hand Godwins Zeigefinger umfasste. Er drückte sogar zu, und der Mann wunderte sich über die Kraft des Kleinen.
    »Du bist ja ein kräftiger Bursche«, flüsterte er und strich über den kleinen Kopf mit dem blonden und recht dichten Haar.
    Wieder lachte das Kind.
    »Hast du auch einen Namen?«
    Das Lachen hörte auf.
    »Wenn du reden könntest, dann…«
    Plötzlich erhielt er eine Antwort. Es war nur ein Flüstern, ein Hauch, aber er vernahm sie deutlich.
    »Ich heiße Gabriel…«
    ***
    Das hatte der Templer nicht erwartet. Er saß wie erstarrt auf der Bettkante.
    Der Junge hatte gesprochen!
    Nein, unmöglich. Ein so kleines Kind konnte keine ganzen Sätze sagen.
    Das musste es alles noch lernen. Trotzdem hatte er sich nicht geirrt. Die Stimme war da gewesen. Sie hatte sich zudem hell angehört, als hätte wirklich ein Kind gesprochen.
    Godwin atmete tief aus. Eine schwache Gänsehaut war auf seinem Gesicht zurückgeblieben, während der Junge ihn lächelnd anschaute, als wollte er sagen: Na, überrascht?
    »Gabriel«, wiederholte Godwin flüsternd. »Ich habe den Namen wirklich gehört und ihn mir doch nicht ausgedacht. Jemand hat zu mir gesprochen. Der Junge…«
    Er brach seine Gedanken ab. Das war nicht möglich. Zugleich setzte sich ein anderer Gedanke in seinem Kopf fest. Er und seine Templer hatten viel erlebt.
    Sie kämpften gegen die Mächte des Bösen. Sie waren angegriffen worden.
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