Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1549 - Der steinerne Engel

1549 - Der steinerne Engel

Titel: 1549 - Der steinerne Engel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
dass der Engel schon frei ist?«, fragte Godwin. »Ich hoffe es nicht.«
    »Und wenn doch?«
    »Denk lieber nicht daran.« De Salier schüttelte den Kopf. »Warum soll ich die Augen vor den Tatsachen verschließen, Luc? Du hast mich geholt, und das ganz gewiss nicht ohne Grund. Warum bist du so pessimistisch?«
    »Weil ich befürchte, dass wir trotz aller Bemühungen zu spät kommen werden.«
    Der Templerführer nahm das hin und sagte: »Du hast mir allerdings Hoffnung gemacht, als du mich gerufen hast.«
    »Richtig, mon ami, und die Hoffnung habe ich noch immer. Nur ist sie kleiner geworden.«
    »Ohne Grund?«
    Luc Domain lachte freundlos. »Nein, nein, aber der Grund ist nicht konkret. Ich höre einfach nur auf mein Gefühl.«
    De Salier blieb optimistisch. »Das auch mal täuschen kann, denke ich mir.«
    »Wir können es nur hoffen.«
    »Dann sag mir wenigstens, wo wir übernachten werden.«
    »In einem kleinen Ort. Er heißt Porte.«
    »Na, das ist doch schon was.«
    »Du sagst es.«
    »Kennt man dich dort?«
    Der Mönch hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wie gut sich die Menschen an mich erinnern. Ich bin schon einmal dort gewesen, um nach dem Engel zu forschen. Die Menschen zeigten sich sehr verschlossen. Es hat schon seine Zeit gedauert, bis ich ihr Vertrauen erringen konnte. Dann aber ging es, und man berichtete mir über den Todesengel. Ich habe auch die Angst aus jedem Wort herausgehört. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Menschen leiden, wenn der Todesengel erwähnt wird. Das ist kaum zu begreifen. Aber sie haben bisher mit der Geschichte gelebt und werden auch weiterhin mit ihr leben müssen. Sie fürchten um ihre Erstgeborenen, aber nicht nur die Bewohner dieses Dorfes. Es geht um die gesamte Region, die in einer fieberhaften Furcht abwartet. Weiß du, Godwin, es sind Geschichten, die in dieser Gegend bleiben und nicht so leicht an die Öffentlichkeit dringen. Was dringt schon von dieser Einsamkeit hinaus in die Welt?«
    »Wahrscheinlich so gut wie gar nichts.«
    »Genau. Sie sind mit ihrer Angst allein, aber ich will sie nicht damit allein lassen und etwas dagegen tun, und jetzt sind wir zu zweit, da fühle ich mich wohler.«
    »Ich noch nicht, wenn ich ehrlich bin. Zuerst will ich den Engel sehen.«
    »Der aus Stein ist.«
    Godwin nickte. »Das sagtest du bereits. Ich könnte dich auch fragen, wie man vor einem steinernen Engel Angst haben kann, doch das möchte ich nicht.«
    »Falls er aus Stein bleibt.«
    »Er kann sich also wandeln.«
    »Ja, er erwacht, wenn eine gewisse Zeitspanne vergangen ist. Aber dann geht die Angst um.«
    Godwin musste es so hinnehmen. Er stellte auch keine Fragen mehr, denn es brachte ihn nicht weiter, wenn sie sich in Vermutungen ergingen. Er wartete lieber ab, bis sie sich an Tatsachen halten konnten, und die würden, so hoffte er, nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Zuvor allerdings musste er sich damit abfinden, dass sie auch weiterhin durch eine wilde Einsamkeit fuhren. Hier gab es nicht viel zu sehen und erst recht keine Hinweise auf das Versteck des Engels.
    Sie hatten etwas an Höhe verloren und rollten jetzt auf einer schmalen Bergpiste weiter, die sich wenig später verengte.
    An der linken Seite fiel das Gelände plötzlich steil ab, denn dort blickte der Fahrer in eine tiefe, auf dem Grund mit Steinen gefüllte Schlucht, die wie ein schmales V in das Gelände schnitt.
    Wenn Godwin den Blick hob und nach vorn schaute, fielen ihm die ungewöhnlich geformten Felsen auf, die wie breite Finger in die Höhe ragten. Es waren drei, und sie sahen aus wie zusammengeklebt. Auf ihnen lag Schnee wie eine Mütze, der sich auch in ihrer unmittelbaren Umgebung befand. Die zu Eisklumpen zusammengedrückten Reste waren von den Steinen fast nicht zu unterscheiden.
    Der Himmel hatte sein Aussehen nicht verändert, was für die Männer von Vorteil war. Sie brauchten nicht mit einem schnellen Wetterumschwung zu rechnen.
    Luc Domain hatte Godwins Blick bemerkt.
    »Du hast die drei Felsen gesehen?«
    »Ja.«
    »Dort müssen wir hin.«
    »Gut.« Godwin deutete nach vorn. »Ich kann das Gelände nicht genau überblicken. Aber kommen wir denn bis in die Nähe? Oder müssen wir die letzte Strecke zu Fuß gehen?«
    »Vor den Felsen liegt ein Geröllfeld. Das wird auch dieser Wagen nicht schaffen.«
    »Also laufen.«
    »Den Rest schon.«
    Godwin war informiert und stellte keine Fragen mehr. Zudem wollte er den Mönch nicht ablenken. Der hatte genug mit dem Wagen zu tun, der oft
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher