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1335 - Mandragoros Liebeshexe

1335 - Mandragoros Liebeshexe

Titel: 1335 - Mandragoros Liebeshexe
Autoren: Jason Dark
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mir gegenüber immer gewesen, und so glaubte ich auch daran, dass er mich diesmal nicht angelogen hatte…
    ***
    Gerda Simmons lag halb auf der Seite und halb auf dem Rücken.
    Die Kraft der Würgehände hatte sie in diese Haltung gebracht, und diese Hände lagen weiterhin um ihre Kehle.
    Liane kniete neben Gerda. Sie bewegte sich nicht. Liane war zu einem Denkmal geworden. Aus unglaublich starren Augen glotzte sie nach vorn, ohne dass sie etwas sagte. Sie handelte nur. Die Hände hielten die Kehle umschlungen, und der starre Blick war auf Gerda Simmons Gesicht gerichtet.
    Drückten die Hände?
    Gerda bekam ihre Zweifel. Eigentlich hätte sie schon längst durch sie erwürgt sein müssen, aber genau das war nicht eingetreten. Die Hände klebten am Hals fest. Sie waren wie Gummi, die sich von einer bestimmten Schicht nicht lösen konnten.
    Kein Zucken, kein Drücken. Die gesamte Szene hatte sich in eine Pose verwandelt.
    Auch Gerda tat nichts. Sie konnte sich einfach nicht dazu überwinden. Sie sah nur, dass sich etwas im Gesicht dieser Person tat. Es blieb nicht nur beim Zucken. Aus dem Innern drang eine Kraft nach außen, die die Haut des Gesichts aufriss.
    Löcher und kleine Wunden entstanden. Aus ihnen sickerte eine grünliche Flüssigkeit, dick wie Schleim. Nicht nur auf das Gesicht blieb es beschränkt, der gesamte Körper weichte auf und fiel allmählich zusammen.
    Ein scharfer Geruch erreichte Gerdas Nase. Das Gesicht der anderen quoll plötzlich auf. Ein Matsch aus Blätterwerk, Moos und kleinen Blättern strömte ins Freie.
    Längst waren die Hände von Gerdas Hals abgerutscht. Sie drückten gegen den Boden und wurden dort zu weichen Klumpen, die sich immer mehr auflösten.
    Es gab keinen Menschen mehr. Es gab nur noch diesen stark riechenden Pflanzenbrei, der sich als Lache ausbreitete, die immer größer wurde. In den Hals hinein sackte der Kopf, der kein Gesicht mehr aufwies, und die Äste, die aus dem Körper ragten, brachen mit knirschenden Geräuschen, denn auch sie konnten das Vergehen nicht stoppen.
    Wenig später sah Gerda sie in der Lache schwimmen. Sie selbst war nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Fassungslos schaute sie auf das, was geschehen war und stellte dann fest, als sie wieder mehr zu sich selbst kam, dass der Druck um ihren Hals verschwunden war. Es gab keine Pflanze mehr, die sie würgte.
    Ich bin frei!, schoss es ihr durch den Kopf. Ich bin tatsächlich frei und lebe noch!
    Von ihrer Feindin war nur eine grünliche Lache zurückgeblieben.
    Jemand tippte ihr auf die rechte Schulter. »Nicht erschrecken, Mrs. Simmons, aber ich denke, dass wir diesen Ort gemeinsam verlassen sollten.«
    Es war kein Traum. Es gab die Stimme, und sie gehörte John Sinclair, der sie behutsam auf die Füße zog…
    ***
    Eine halbe Stunde später.
    Zusammen mit Gerda Simmons stand ich unbeweglich auf dem Fleck und schaute auf die Hütte, die noch vorhanden war, aber jetzt anders aussah.
    Auf das Dach und auf die Wände hatte sich ein dicker, feuchter und grüner Schleim gelegt, der selbst die Fenster verdeckt hatte.
    Und er bedeckte auch den Boden um die Hütte herum, denn mit dem Sterben der Waldhexe waren auch die Sträucher, Pflanzen und hohen Gräser vergangen und breiteten sich als Schleim um die Hütte herum aus.
    Gerda Simmons hatte weinen müssen. Ich hatte sie weinen lassen. Sie konnte jetzt wieder sprechen und flüsterte mit rauer Stimme: »Ist das alles wahr, Mr. Sinclair?«
    »Ich denke schon.«
    »Aber die Erklärung und…«
    »Bitte, Mrs. Simmons. Es gibt manche Dinge, die kann man erklären. Muss es aber nicht tun, verstehen Sie?«
    »Vielleicht, Mr. Sinclair. Vielleicht erklärt sich auch so der Tod meines Mannes.«
    »Gehen Sie davon aus.«
    Sie gab mir durch ihr mehrmaliges Nicken Recht und sagte dann:
    »Jetzt möchte ich nur weg von hier.«
    »Ich auch.«
    Gemeinsam gingen wir zu meinem Rover, dessen Reifen nicht zerstochen waren.
    Gerda Simmons würde es schwer haben, die Ereignisse zu verkraften, und auch ich würde noch lange an Mandragoros Liebeshexe zurückdenken…
    ENDE
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