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1273 - Upanishad

Titel: 1273 - Upanishad
Autoren: Unbekannt
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philosophische Unterweisungen und so weiter, mit denen erreicht wird, daß die Persönlichkeit des Shad sich soweit formt und festigt, daß er echtes Charisma erlangt."
    Erste ernsthafte Zweifel kamen in mir hoch.
    Wollte ich das wirklich werden, was Ris Bhran mir da ankündigte? Wollte ich Charisma erlangen? Wollte ich wie ein Fakir über glühende Kohlen gehen und mich auf Nagelbretter legen können? Wollte ich meine Persönlichkeit umformen lassen?
    Natürlich nicht! Sogar auf gar keinen Fall!
    Aber dann besann ich mich darauf, daß nichts so heiß gegessen wie gekocht wird. Auch die Ankündigungen des Panish würden sich im Lauf der Trainingszeit als weit überhöht erweisen. Ich mußte diesen Dingen mehr Gelassenheit entgegenbringen.
    „Der dritte Schritt heißt Sh'ant, was soviel wie ‚Kampf’ bedeutet", fuhr Ris Bhran fort. „In ihm wird die Ausbildung in waffenloser Selbstverteidigung sowie an allen denkbaren modernen und archaischen Waffen durchgeführt und perfektioniert, auch in den Überlebenstechniken."
    Seine Augen schienen zu flammen, als er mir direkt in die Augen sah, und mit gehobener Stimme schloß er: „Wenn ein Shad alle drei ersten Schritte erfolgreich absolviert hat, wird er endgültig als Upanishad-Schüler aufgenommen und erhält die Weihe zum Shan, seinen Kampfnamen und die Insignien."
    Er kreuzte die Arme vor der Brust und verbeugte sich. Ich tat es ihm nach und verwünschte im stillen meine Abneigung gegen die Art, wie die Fremden auftraten. Zwar waren sie äußerlich geschlechtslos; dennoch störte mich die Nacktheit ihrer Körper, die noch dazu teilweise kraß gegen unser terranisches Schönheitsideal verstießen.
    Als wir uns wieder aufgerichtet hatten, sagte der Panish: „Ich bringe dich jetzt zu deiner Unterkunft, Tiff. Dort wirst du warten, bis wir dich holen lassen, um dich den anderen Shada vorzustellen."
    Er drehte sich um, wie zu demonstrieren, daß die Anweisungen eines Panish an einen Shad keinen Widerspruch duldeten, und ging mir voran. Entgegen meiner Erwartung führte er mich nicht zu einem Raum innerhalb der oberirdischen Kopie des Schlosses Neuschwanstein, sondern zu einem Antigravlift.
    Meine Spannung wuchs, als wir hinabschwebten, denn ich wußte zwar, daß die eigentliche Schule sich in mehreren Subetagen befanden, tief in die schief rigen Kalke, Dolomite und den Intrusionskörper aus hellem Granit gegraben, aus denen der Everest-Gipfel bestand, aber über Details war ich nicht informiert, da diese Geschosse während der Eröffnung nicht zur Besichtigung freigegeben waren. Diesmal würde ich sie endlich zu sehen bekommen.
    Doch ich wurde enttäuscht.
    Ris Bhran stieg schon in der ersten Subetage aus, und ich mußte ihm wohl oder übel folgen, wollte ich nicht gegen meine Pflichten als Gast verstoßen.
    Es war totenstill hier unten, wie in einer Gruft. Die Wände und die Decke des Korridors, durch die der Panish mich geleitete, bestanden aus dem gleichen hellblauen, von innen her leuchtenden Material wie das Schloßgebäude, der Boden war lückenlos mit einer Art Teppichboden ausgelegt, dessen Anblick mich an Sisalmatten erinnerte, der jedoch alle Schrittgeräusche schluckte. Niemand begegnete uns. Anscheinend herrschte Ruhezeit.
    Ich wurde an meine „Lehrzeit" in der Raumakademie von Terrania erinnert.
    Wahrscheinlich würde ich auch hier als Individuum zurückstecken müssen.
    Aber es war ja nur für zwei Tage.
    Vor einer der Türen, die in die Wände eingelassen waren, blieb der Panish stehen. Er bewegte die Finger der linken Hand, ohne die Tür zu berühren, aber sie öffnete sich gleitend und lautlos.
    Dahinter wurde ein Raum sichtbar, der an eine Schiffskabine erinnerte, aber noch spartanischer ausgestattet war. Er enthielt nur ein Bett, eine herabklappbare Wandbank, einen Plastiktisch und einen Schrank.
    Ich sah mich suchend nach der Tür um, die in die Hygienezelle führen mußte, aber ich entdeckte keine.
    „Wo geht man hier austreten, Panish?" erkundigte ich mich.
    „Nirgends", antwortete Ris, Bhran. „Von einem Shad wird ein Minimum an Körperkontrolle vorausgesetzt. Das Duschen findet im gemeinsamen Duschraum statt, und der Körperhygiene sowie den Absetzfunktionen darf während der Freizeiten gefrönt werden, die über den Interkom bekanntgegeben werden."
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen und konnte es nicht fassen, daß ich mich in eine solche Reglementierung begeben hatte. Allmählich wallte in mir der Zorn hoch, bis er den Siedepunkt
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