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1188 - Wartesaal zum Jenseits

1188 - Wartesaal zum Jenseits

Titel: 1188 - Wartesaal zum Jenseits
Autoren: Jason Dark
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mussten wir auch die Kirche umrunden.
    Einen Weg gab es nicht. Gras wuchs hoch aus dem Boden. Es hätte längst geschnitten werden müssen, aber darum kümmerte sich niemand. Es war auch keiner da gewesen, der das Laub zur Seite gefegt hätte. Hinter der Kirche wuchs dichtes Gestrüpp, und dort stand auch wieder ein dunkles Denkmal.
    Nur einen zweiten Eingang entdeckten wir nicht. Das wiederum ärgerte uns.
    Die Dunstschwaden begleiteten uns auch dann noch, als wir vor dem Eingang stehen blieben.
    »Dann rein!«, sagte ich.
    Suko öffnete die Tür. Wie alle Kirchentüren war sie ziemlich schwer. Er musste schon den nötigen Druck geben, um sie nach innen schieben zu können.
    Es machte mich nicht eben glücklich, als ich die schabenden und knarrenden Geräusche hörte. Der Wind hatte auch Laub in die Kirche geweht. An einer Wand bildete es einen flachen Haufen.
    Es gab kein künstliches Licht, aber uns reichte das noch aus, was vorhanden war und durch die Fenster sickerte. Vor uns standen die dunklen Bänke in einer Reihe. Es gab keine Seitengänge, sondern einfach nur die breite Gerade nach vorn, wo sich auch ein Altar befand. Den allerdings sahen wir nicht, denn er wurde von den Besuchern verdeckt. Der Prediger hatte seine Schäfchen um sich herum versammelt. Da er nicht erhöht stand, war er selbst nicht zu sehen. Aber er hatte seine Schäfchen unter Kontrolle. Niemand der Anwesenden interessierte sich für die Eingangstür. Dabei war ich davon überzeugt, dass sie unter Eintreten gehört haben mussten.
    Bevor wir unseren Platz verließen, griff ich unter mein Hemd und holte das Kreuz hervor. Ich wollte auf Nummer Sicher gehen und fühlen, ob es sich erwärmt hatte.
    Nein, da machte sich nichts bemerkbar. Nur die Wärme meiner Haut war noch auf dem Silber zurückgeblieben.
    »Und?«
    »Nichts«, flüsterte ich Suko zu.
    Er lächelte knapp. »Wie auch, in einer Kirche?«
    »Weiß man's?«
    Wir blieben nicht stehen und nutzten eine günstige Gelegenheit aus, um nach links zu sehen. Dort an der Wand war es am schattigsten, denn das wenige Licht streute in einem breiten Winkel in die kleine Kirche hinein. Es legte sich teilweise über die dunkelbraunen Holzbänke, in die jetzt die Menschen sich begaben.
    Es ging alles sehr gesittet zu. Niemand drängte. Alle bekamen ihre Plätze. Sie verteilten sich in den ersten beiden Reihen und ließen sich dort stumm nieder.
    Bis auf einen.
    Der Prediger blieb außen vor. Er stand vor dem Altar mit dem Rücken zu seiner kleinen Gemeinde.
    Den Kopf hatte er leicht zurückgelegt, und so konnte er gegen die Decke der Kirche schauen. Seine Hände waren gestreckt, die Arme leicht ausgebreitet. Er wirkte wie jemand, der sich für ein Gebet präpariert.
    »Schwester Marga!« rief er mit halblauter Stimme in die Leere über seinem Kopf hinein. »Schwester Marga, wir alle, die wir uns hier versammelt haben, wissen genau, dass du die Erste von uns bist, die den Weg ins Jenseits und wieder zurück geschafft hat. Du hast dich gemeldet. Du bist dem Wartesaal entflohen, um uns Bescheid zu geben. Wir allein warten darauf, dass du dich uns öffnest und berichtest, was wir nach unserem Tod zu erwarten haben. So können wir uns jetzt schon darauf einrichten. Wir wissen, dass es dich gibt. Bitte, zeige dich. Ich - wir haben deinen Ruf empfangen…«
    Was dieser Mensch tat, wirkte nicht eben unheimlich und auch nicht besonders überzeugend. Wir hätten seine Bemühungen auch nicht ernst genommen, wäre uns diese angerufene Person nicht begegnet. Jetzt waren wir ebenso gespannt wie der Prediger.
    Noch geschah nichts. Die Worte mussten wohl erst wirken, bevor sie die richtige Adresse erreichten.
    Stille trat ein.
    Die Menschen hielten den Atem an. Keiner wollte die Andacht stören.
    Ich hatte das Kreuz nicht wieder verschwinden lassen. Es lag auf meiner rechten Handfläche und wurde von mir beobachtet. Als Indikator ließ es mich im Stich, aber wenn ich ehrlich war, dann musste ich zugeben, dass ich es bei Marga nicht mit einer Dämonin zu tun hatte, sondern mit einer Lichtgestalt.
    Der Prediger und seine Freunde glaubten an eine Heilige. Ich konnte mir vorstellen, dass sie sich in der Vorstufe zu einem Engel befand. Das hatten wir schon alles erlebt.
    Dem Mann am Altar dauerte es wohl zu lange, denn er rief Marga erneut an.
    »Bitte, Schwester, denk an uns, die wir hier versammelt sind. Wir wissen, dass du nicht endgültig fortgegangen bist. Du hast eine Botschaft für uns. Durch deine Tochter hast du
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