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1173 - Der irre Doc

1173 - Der irre Doc

Titel: 1173 - Der irre Doc
Autoren: Jason Dark
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ab. »Nein, nein, bleiben Sie ruhig sitzen. Ich werde mich hierher setzen.« Er pustete und nahm auf der Schreibtischkante Platz. »Ungewohnte Umgebung hier, nicht wahr?«
    »Da haben Sie Recht.«
    »Was soll ich machen? Ich habe nun mal dieses Geschäft. Und hier kümmert man sich nicht darum, was ich mache. Die Gegend ist für diesen Job ideal.«
    »Wenn Sie das sagen, Mr. Walters.«
    »Klar.« Er lachte kurz auf und fragte dann: »Haben Sie mein Motto gelesen?«
    »Es war ja nicht zu übersehen.«
    »Wie finden Sie es?«
    »Sie haben Humor.«
    »Ja, habe ich. Man soll nicht alles so eng sehen. Selbst den Tod nicht. Finde ich.«
    »Das sagen Sie mal einem Menschen, der soeben seinen Angehörigen verloren hat.«
    Vernon Walters drehte mir sein Gesicht mit den schweißfeuchten Wangen zu. »Das weiß ich, Mr. Sinclair, das weiß ich alles. Deshalb strenge ich mich auch so an. Ich sorge dafür, dass die Menschen beim letzten Abschied die Lieben in angenehmer Erinnerung behalten. Sie werden es kaum glauben, Mr. Sinclair, aber mein Geschäft boomt. Die Denkweise der Leute hat sich geändert. Sie wollen auch nicht mehr die schlichten Särge, sondern mehr Farbe. Es gibt Sargdesigner und…«
    »Das ist mir bekannt, Mr. Walters.«
    Das Gesicht des Mannes sackte plötzlich zusammen, weil es einen traurigen Ausdruck erhalten hatte. »Und dann, Mr. Sinclair, gibt es irgendjemand, der den Toten das nicht gönnt. Er will nicht, dass ich sie präpariere. Nein, er schleicht hier herum und schändet sie. Er schneidet sie auf, er entnimmt ihnen Organe. Er fügt ihnen schreckliche Wunden zu. Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe für vieles Verständnis, aber dafür nicht.«
    »Deshalb bin ich ja hier.«
    »Danke, Mr. Sinclair. Eric Lamont war auch überfordert. Ist denn schon was passiert?«
    »Nein.«
    »Gut, sehr gut. Aber Sie haben sich mittlerweile schon umgeschaut, denke ich.«
    »Natürlich. Ich habe nicht nur hier am Schreibtisch gesessen und Däumchen gedreht. Ich bekam schon mit, was hier abläuft. Ich war in allen drei Räumen. Im Moment haben Sie vier Leichen, die vorbereitet werden sollten?«
    »Ja. Zwei davon müssen morgen fertig sein.«
    »Ich sah nichts, was mir an ihnen aufgefallen ist. Es hat sich niemand mit ihnen beschäftigt, Mr. Walters.«
    »Ja.« Er nickte schwer. »Das habe ich auch gehofft gehabt, Mr. Sinclair. Aber die Nacht fängt erst an, das dürfen Sie nicht vergessen. Da kann noch viel passieren.«
    Ich lächelte ihn von der Seite her an. »Wollen Sie mir in der Nacht Unterstützung leisten, Mr. Walters?«
    »Nein, auf keinen Fall.« Beinahe entrüstet wehrte er ab. »Das geht nicht, Mr. Sinclair. Ich wollte nur nach Ihnen schauen und sehen, ob es Ihnen gut geht.«
    »Schlecht geht es mir nicht. Obwohl ich mir einen besseren Ort vorstellen kann, um die Nacht zu verbringen.«
    »Ja, da sagen Sie was. Sie können auch mal einen kleinen Gang nach draußen machen. Außerdem steht in der Leichenkammer ein Radio. Das können Sie sich holen.«
    »Mal sehen.« Ich räusperte mich. »Und Sie sind sicher, Mr. Walters, dass ich die einzig lebende Person bin, die sich in diesem großen Bau aufhält?«
    Der Blick des Mannes enthielt einen starken Vorwurf, dass ich mich für meine Frage schon beinahe schämte. »Ich bitte Sie, Mr. Sinclair, wer sollte denn hier anwesend sein außer Ihnen?«
    »Derjenige, der sich an den Leichen zu schaffen macht.«
    »Nein, auf keinen Fall. Dann hätten Sie ihn ja sehen müssen.«
    »Es sei denn«, erklärte ich lächelnd, »er ist schon vorher hier gewesen.«
    »Ausgeschlossen.«
    Davon war ich nicht unbedingt überzeugt und deutete hoch zur Galerie. »Dort sind Türen, und sie sind verschlossen. Können Sie mir sagen, wohin sie führen?«
    »Ja, sie führen ins Nichts.«
    »Soll ich das glauben?«
    Vernon Walters rutschte über die Schreibtischkante. »Bitte; nehmen Sie das nicht so wörtlich. Dahinter befindet sich so etwas wie ein Niemandsland.« Er holte wieder sein großes Taschentuch hervor und wischte den Schweiß aus seinem Gesicht. So wie der Mann schwitzte, kam es mir schon unnatürlich vor. Wahrscheinlich würde er mal abnehmen müssen.
    »Pardon, Mr. Walters, auch damit kann ich nicht viel anfangen. Eric Lamont sah die Dinge anders. Er sprach von einem Krankenhaus, das dieser Bau mal beherbergt hat.«
    Walters lachte. Er sah schon beinahe erleichtert aus. »Ach, das haben Sie gemeint. Nun ja, wenn Lamont von einem Krankenhaus gesprochen hat, ist das übertrieben.
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