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1137 - Madame Tarock

1137 - Madame Tarock

Titel: 1137 - Madame Tarock
Autoren: Jason Dark
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anrufen«, sagte er. »Wir können ihn nicht einfach hier liegenlassen, aber wir brauchen nicht unbedingt hier am Ort zu bleiben - oder?«
    »Nein, das brauchen wir nicht.«
    Er schloß für einen Moment die Augen. »Alles, was recht ist, das habe ich mir nicht vorstellen können. Dabei habe ich sie nicht unterschätzt, John. Schon nach dem Vorfall am Friedhof nicht, als Rosner erledigt wurde. Wer ist sie?«
    »Eine Wahrsagerin.«
    »Reicht dir das?«
    »Natürlich nicht.«
    »Sie ist mehr, John, viel mehr, das kann ich dir sagen. Sie ist verdammt gefährlich. Sie beherrscht nicht nur die Karten, sondern auch die Natur durch die Karten. Und du kannst auf sie schießen, ohne dass sie stirbt. Sie fängt die Kugeln auf wie eine dicke Holzplatte. Hast du eine Erklärung?«
    »Es muss uns klar sein, dass wir es bei ihr nicht mit einem normalen Menschen zu tun haben. Zingara ist nicht nur die Frau, die in die Zukunft schaut oder wie auch immer. Sie ist einfach mehr, und ich kann mir vorstellen, dass jemand sie geschickt hat.«
    »Wie meinst du das?«
    »Es ist schwer zu sagen. Ich denke natürlich auch an einen weiblichen Zombie…«
    Harry unterbrach mich durch sein Pfeifen. »An eine lebende Tote, die bisher alle Menschen genarrt hat, die zu ihr kamen?«
    »Davon müssen wir ausgehen.«
    Harry schüttelte den Kopf. »Einschließlich irgendwelcher Politiker und auch Industriemanager. Verdammt noch mal, wenn das an die Öffentlichkeit kommt, brennt die Hütte.«
    »Wir werden zusehen, dass so etwas nicht passiert«, erklärte ich.
    »Wir schon. Aber was ist mit den beiden Bodyguards? Jedenfalls wird sich Victors Ableben in der Berliner Unterwelt sehr schnell herumsprechen. Dann geht der Kampf um die Nachfolge los, was meine Sorge nicht sein soll. Ich will Madame Tarock.«
    »Wir haben sogar einen Termin.«
    »Willst du ihn einhalten?«
    »Was hindert uns daran?«
    »Ich will nicht brennen, John!«
    »Ich auch nicht. Sie wird auch wissen, daß wir nicht so leicht zu überrumpeln sind wie Koss. Er war nicht gewarnt, im Gegensatz zu uns. Ruf die Polizei an, damit Koss weggeschafft wird. Ich überlasse es dir, ob du es anonym machen willst oder nicht und…«
    Dass ich mitten im Satz stoppte, hatte einen Grund. Auf dem Deck des Nachbarboots stand eine dürre Gestalt. Sie trug einen grauen Kittel und hielt die Arme verschränkt. Auf dem Kopf saß eine Wollmütze, die den größten Teil seiner Haare verdeckte.
    »Warte noch mit dem Anruf«, sagte ich zu Harry und ging auf das zweite Boot zu. Der Mann dort bewegte sich nicht. Ich konnte mir vorstellen, dass er alles gesehen hatte. In Höhe des Hecks blieb ich stehen. Jetzt trennten uns etwas mehr als drei Meter.
    »Sie haben alles beobachtet?« fragte ich ihn.
    »Kann sein.«
    »Wer sind sie?«
    »Ich lebe hier.«
    »Aha.«
    »Wer sind Sie denn?«
    »Polizist«, erwiderte ich ganz allgemein.
    Der Typ lachte kurz auf. Es hörte sich an, als wollte er mir nicht glauben.
    »Entsetzt oder verwundert scheinen Sie mir nicht zu sein.«
    »Bin ich auch nicht.«
    Ich nickte ihm zu. »Akzeptiert. Aber dafür haben Sie bestimmt Ihre Gründe.«
    »Das kann schon sein. Man muss Zingara einfach kennen, um mit ihr umgehen zu können.«
    »Ausgezeichnet. Es hört sich an, als wäre Ihnen der Fehler nicht passiert.«
    »So ist es. Ich kannte sie. Wir sind gut miteinander ausgekommen. Sie ist eine wunderbare Frau. Für mich ist sie ein Enigma, ein Rätsel, aber trotzdem offen. Niemand versteht sie so ganz, aber wer sich mit ihr unterhält, kann aus ihrem reichen Schatz an Erfahrungen schöpfen. Sie weiß viel. Sie sieht viel, und sie sieht auch etwas, das andere Menschen nicht sehen.«
    »Hört sich gut an. Was denn?«
    Der Mann legte den Kopf schief. »Sind Sie ein Zweifler oder ein Glaubender?«
    »Das kommt auf die jeweilige Situation an. Man müßte mich schon überzeugen, und ich denke mir, dass Sie das schaffen. Was meinen Sie?«
    Er runzelte die Stirn und blickte an mir vorbei, weil er gesehen hatte, dass auch Harry Stahl näherkam.
    »Mein Name ist Stahl«, sagte Harry. »Das ist mein Kollege John Sinclair. Wer sind Sie?«
    »Ich heiße Otto E.«
    »Toll. Nicht mehr?«
    »Nein, das reicht. Unter diesem Namen bin ich bekannt. Vielleicht werde ich noch mal berühmt.« Er begann zu lachen und löste seine Arme von der Brust.
    »Warum sollten Sie berühmt werden?«
    »Als Künstler bestimmt. Ich bin Maler. Irgendwann werden die Menschen erkennen, dass ich ihnen durch meine Bilder den richtigen
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