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1014 - Der Seelenkompaß

1014 - Der Seelenkompaß

Titel: 1014 - Der Seelenkompaß
Autoren: Jason Dark
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würden wir ihm versalzen. Bisher war auch alles glattgegangen. Niemand hatte uns gestört. Zwar waren die Ausstellungsstücke nicht dazu angetan, einen Menschen fröhlich zu stimmen, aber sie taten uns nichts. Niemand bewegte sie, und sie bewegten sich auch nicht von allein. Sie blieben in ihren Vitrinen liegen.
    Wir waren durch mehrere Räume gegangen, aber wir waren noch nicht am Ziel.
    »Er ist der letzte Raum«, erklärte Warren, als wir einen Durchgang passiert hatten.
    »Wunderbar«, lobte ich. »Dann haben wir es ja bald geschafft.«
    Der letzte Raum war im Vergleich zu den anderen ziemlich klein. Wieder schaltete ich das Licht an, und unter der Decke schickten Strahler ihre hellen Lanzen gegen verschiedene Vitrinen, in denen sich keine Mordwaffen mehr befanden, sondern Bücher, deren Inhalt wahrscheinlich aus Polizeiprotokollen bestand.
    Ein Schrank stach uns besonders ins Auge. Er war breit und stand an exponierter Stelle, dem Eingang direkt gegenüber. Hinter seinen ebenfalls breiten Glastüren sahen wir die Buchrücken dicht an dicht. Außerdem schien der Schrank wichtig zu sein, denn Warren blieb direkt neben ihm stehen.
    »Sind wir am Ziel?« fragte Jane. »Ist das Ihr so großartiges Refugium?«
    »Ich bitte Sie. Ihnen hätte ich wirklich mehr zugetraut.« Er schüttelte den Kopf. »Aber indirekt haben Sie trotzdem recht. Wir befinden uns dicht davor.«
    »Da sind wir gespannt.«
    Warren lachte leise. Dann sagte er:
    »Sie müssen mir helfen.«
    »Wobei?«
    »Der Schrank muß zur Seite gerückt werden. Da Sie mir ja die Hände auf den Rücken gefesselt haben, werde ich damit meine Schwierigkeiten bekommen.«
    Wir konnten nichts anders tun, als ihm zu glauben. Außerdem lehnte sich Warren bereits mit der Schulter gegen die Schmalseite, als wollte er den schweren Schrank allein zur Seite schieben.
    Ich half ihm dabei und wunderte mich darüber, wie relativ einfach es doch war. Dann stellte ich fest, daß dieser Schrank auf Rollen lief.
    Als er zur Seite gerollt worden war, sah Jane Collins zuerst, was sich hinter ihm befand. »John, da ist eine Tür.«
    Warren kicherte. »Überrascht? Das hätten Sie nicht zu sein brauchen. Es ist der Zugang zu meinem Refugium.«
    »Das im Keller liegt - oder?«
    »Ja, Sinclair, im Keller. Damit Sie zufrieden sind, lüfte ich einen Teil des Geheimnisses. Wir werden jetzt hinabsteigen und die Seelenhalle betreten.«
    »Etwa die Heimat des Seelenfressers?«
    »Auch. Er wartet auf Nachschub. Er wird sich freuen, wenn er euch beide sieht.«
    »Aber wir sind keine Killer.«
    Er lachte wieder. Diesmal hörte es sich an, als wollte er uns dabei anspucken. »Wirklich keine Killer? Das glaube ich nicht. Vor allen Dingen nicht bei Ihnen, Sinclair.«
    »Gehen Sie. Ich will hier nicht noch den Rest der Nacht vertrödeln.«
    »Keine Sorge.« Er drehte mir den Rücken zu. »Wie wäre es, wenn Sie mir jetzt die Fesseln abnehmen?«
    »Keine Chance, Warren.«
    »Ja, dann öffnen Sie.«
    Jane und er waren zurückgetreten, damit ich den nötigen Platz bekam. Bevor ich die Tür aufzog, erhaschte ich noch einen Blick auf Warrens Gesicht. Auf ihm und in den dunklen Augen lag eine schon fühlbare Spannung, gepaart mit einer gewissen Erwartungshaltung, die mich noch vorsichtiger werden ließ. Ich rechnete mit einer Überraschung beim Öffnen dieser schweren Tür. Eventuell sogar mit einem Angriff aus dem dahinter liegenden Dunkel, doch diese Befürchtungen bestätigten sich nicht. Alles blieb normal und ruhig.
    Wir schickten Warren vor. Bereits nach drei Schritten blieb er stehen und drehte sich Jane und mir entgegen, denn wir waren ihm langsamer gefolgt.
    »Gibt es hier Licht?« fragte ich.
    »Ja, an der Wand.«
    Jane drehte diesmal den altmodischen Schalter, der noch klickte, bevor die Lampen unter der Decke angingen, deren Schein auf eine alte, in die Tiefe führende Steintreppe fiel.
    Phil Warren schaute nicht uns an, sondern blickte auf einen Kaftan, der an einem Wandhaken hing.
    Darüber ein Hut, der wie eine orientalische Kopfbedeckung aussah, vergleichbar mit einem Fes der Türken.
    »Wollen Sie den überziehen und den Hut aufsetzen?« fragte ich.
    »Heute nicht.«
    »Wie schön, dann können wir ja gehen. Das Spiel kennen Sie ja, Warren. Gehen Sie vor.«
    »Gern.«
    Er lächelte und benahm sich dabei wie jemand, der genau wußte, daß er gewonnen hatte.
    Warren ging vor. Er bewegte sich wie jemand, der hier jede Stufe genau kannte. Ihm war nichts fremd, und bei ihm kam man auch nicht
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