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089 - Lebende Leichen

089 - Lebende Leichen

Titel: 089 - Lebende Leichen
Autoren: Larry Brent
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    Larry Brent fuhr weiter. Er war nachdenklich geworden. Das Argument des jungen Tankwarts hatte ihn doch etwas beeindruckt. Drei seltsame Vorgänge, alle in einer Nacht und in einer mittelgroßen Stadt, da half der Hinweis auf den allmächtigen Zufall nicht viel.
    Die Landschaft wandelte abrupt ihr Gesicht. Die Weiden und Äcker verschwanden. An ihre Stelle traten gelbgraue Sanddünen mit verstreuten Waldungen kahler Kiefern. Auch die Natur schien zu verstummen. Nisteten hier keine Vögel, lebten hier keine Tiere? Kahle, bizarre Felsklippen tauchten links und rechts vor ihm auf. Sie reichten bis an die Straße heran.
    Als Larry Brent eine Kurve nahm, sah er links die Abzweigung einer schmalen Straße. Sie führte in langen Windungen einen nahezu kahlen Hügel hinauf, wo ein schloßähnliches, düsteres Gebäude mit einem gedrungenen, runden Turm, den einige Zinnen krönten, stand.
    Es sah aus, als stamme das Bauwerk aus der Türkenzeit. Oder war es gar eine alte Festung Attilas? Larry mußte lächeln. Der Tankwart und dessen Großvater waren ihm eingefallen.
    Larry Brent wußte nicht, daß ihm die Heunenburg, so hieß sie, einige Tage später fast zum Schicksal werden sollte und daß sie für ihn eines der seltsamsten und grausigsten Dramen bereithielt.
    Bei der übernächsten Biegung, nachdem er ein Stück Wald durchfahren hatte, lag plötzlich Moolstadt vor ihm. Am Ende einer kilometerlangen Geraden. Er hielt an. Sein Blick schweifte über die Zusammenballung von eintönig grauen Häusern mit düsteren Schieferdächern, überragt von einem gedrungenen Kirchturm. Da war nichts mehr zu sehen von leuchtend weißen Häusern und roten Ziegeldächern. Rings um die Stadt lagen kahle Sandhügel.
    Seltsam. Larry Brent spürte, wie ihn bei diesem Anblick plötzlich fröstelte er. Sollte er weiterfahren?
    Unsinn! Die Stadt war eine Stadt wie tausend andere. Hier wohnten gute und schlechte Menschen, wie überall. Und Larry wollte wissen, was es mit diesen wandelnden Toten auf sich hatte. Er glaubte kein Wort davon. Für alles gab es eine natürliche Erklärung.
    Larry fuhr weiter. Aber vielleicht nur hundert Meter. Dann sah er am Straßenrand einen alten, klapprigen Wagen. Ein jüngerer Mann mit heller Hose und rotem Hemd wechselte einen Reifen.
    Larry Brent fuhr langsam an ihn heran und hielt. » Kann ich helfen? «
    Der junge Mann, der in der Hocke neben dem Wagen kniete, schüttelte den Kopf. » Danke, ich bin gleich fertig. «
    Im Wageninnern sah Larry Brent weiße Kissen, ein Federbett. Auf den Kissen lag der Kopf einer Frau. Sie mußte bis auf die Knochen abgemagert sein, ihre Haut war gelb und runzelig, das schüttere Haar hing ihr strähnig ins Gesicht. Ihr Blick war glanzlos auf Larry Brent gerichtet.
    Der PSA-Agent fragte: » Bringen Sie sie ins Krankenhaus? «
    Der Mann lachte kurz auf. » Im Gegenteil! Ich habe sie dort rausgeholt! Es ist meine Mutter.
    Sie lebt nur noch ein paar Tage. Aber sie soll nicht in Moolstadt sterben. Ich fahre sie irgendwohin, wo sie es ohne Angst tun kann. Und wo es dann ein für allemal vorbei ist. Das bin ich ihr schuldig, verstehen Sie? Oder wissen Sie nicht, was in Moolstadt los ist? «
    » Ich habe davon gehört. Aber ist denn da etwas Wahres dran? «
    Der junge Mann richtete sich auf sah Larry Brent erst schweigend an und sagte dann:
    » Glauben Sie denn, daß ich meine sterbende Mutter zum Vergnügen spazieren fahre? Bei uns wandeln die Toten! Ich bin weiß Gott nicht fromm. Aber haben Sie schon mal was vom Jüngsten Gericht gehört? So fängt ’ s doch an, nicht? Ich würde selbst mit einer kaputten Achse so weit fahren, wie es nur geht! «
    Er warf sein Handwerkszeug in den Kofferraum, schloß ihn und stieg ein. Durch das heruntergedrehte Fenster rief er Larry Brent zu, bevor er abfuhr: » Und Ihnen kann ich nur sagen, drehen Sie um, Mann! Niemand weiß, was noch kommt! «
    Larry Brent nickte. » Das ist gerade der Grund, warum ich hinfahre! «
     
    ●
     
    Auf dem Marktplatz von Moolstadt hielt Larry Brent seinen Wagen an.
    Graue, schmale zweistöckige Häuser ringsum, ausgetretene Kopfsteinpflaster, ein toter Springbrunnen auf der einen Hälfte des Platzes, eine Pestsäule mit den Figuren der Dreifaltigkeit auf der anderen. Dort, wo die Straße auf den Platz mündete, ein gedrungenes Gebäude mit etwas höheren gotischen Fenstern. Es war offenbar das Rathaus. Ein paar Obst- und Gemüsestände auf dem Platz, Frauen mit dunklen Kopftüchern dazwischen. Zwei Gendarmen mit
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