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0734 - Dem Wahnsinn nahe

0734 - Dem Wahnsinn nahe

Titel: 0734 - Dem Wahnsinn nahe
Autoren: Jason Dark
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Zurückgekehrten.«
    Er schloß für einen Moment die Augen und hielt sie auch noch geschlossen, als er anfing zu reden.
    »Ich möchte es nicht tun, aber Sie lassen mir keine andere Wahl.«
    »Weiter.«
    »Sie werden etwas zu sehen bekommen, was Sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben. Vielleicht werden Sie mich verfluchen, vielleicht werden Sie durchdrehen, aber ich sage Ihnen, daß es so furchtbar ist, daß mir die Worte fehlen.«
    »Das glaube ich Ihnen sogar.«
    »Und Sie wollen diesen Weg trotz allem einschlagen?«
    »Ich habe einmal ja gesagt und werde dabei bleiben, Olson. Ist das klar?«
    Er nickte.
    »Dann kommen Sie.« Da er sich nicht rührte, legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und drehte ihn herum. Den Kopf hatte er gesenkt, und seine Sohlen schleiften über den Boden, als er die ersten Schritte ging. Dabei schüttelte er den Kopf.
    ***
    Der Weg führte uns weder nach oben noch in das Tal hinein. Wir blieben auf gleicher Höhe und wandten uns nach links. Olson ging vor, er kannte sich in diesem Slumviertel aus.
    Nur Ratten sahen wir, ansonsten zeigte sich kein anderes Lebewesen. Selbst die Hunde hatten sich verkrochen. Sie hockten in irgendwelchen Löchern und waren nicht bereit, sie zu verlassen. Dieser Unheimliche schwebte wie ein mörderischer Schatten über sie hinweg und drückte alles zurück.
    Beim Gehen wirbelten wir beide Staub auf. Er war wie Asche, die vom letzten Regen zurückgeblieben war. Sie wallte an uns hoch und kroch überall hin.
    Auch gegen unsere Gesichter, wo sie festklebte und schon bald eine graue Schicht bildete, so daß wir aussahen, als hätte man uns eine Maske übergestülpt.
    Einmal sahen wir einen Mann.
    Er war alt und sehr dünn. Sein langes Hemd wirkte wie ein Totenhemd. Es leuchtete fahl in der Dunkelheit. Der Mann saß mit dem Rücken an eine Hüttenwand gelehnt und schaute hoch, als wir uns ihm näherten. Mit einer ungemein mühsam wirkenden Bewegung hob er seinen rechten Arm, als wollte er uns zuwinken.
    Mark Olson blieb stehen. Dann beugte er sich der ausgemergelten Gestalt entgegen. Er sprach mit ihm in der Heimatsprache. Ich konnte davon nichts verstehen.
    Als der Mann geantwortet und Olson sich wieder aufgerichtet hatte, war sein Gesicht noch blasser geworden. Er sah aus, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen. Er zitterte und wischte fahrig über seine Stirn.
    »Was ist denn los?«
    »Er… er hat ihn gesehen, Sinclair. Der Mann hat ihn tatsächlich gesehen.«
    »Wen?«
    »Den Tod auf zwei Beinen. Den Mann mit dem kalten Gesicht. Er ist hier, verstehen Sie? Er ist tatsächlich hier gewesen, und er durchstreift auch weiterhin das Viertel. Er sucht weitere Opfer. Wollen Sie noch immer bleiben?«
    »Jetzt erst recht.«
    Der Schwede schluckte. »Was sind Sie nur für ein Mensch, Mr. Sinclair? Ich kann es nicht fassen.«
    »Ein guter.«
    »Hören Sie auf, sich selbst zu loben. Sie haben dabei gegrinst, als würden Sie mich nicht ernst nehmen.«
    »Keine Sorge, Olson, ich nehme Sie ernst. Ich nehme Sie sogar verdammt ernst. Aber ich frage mich, warum der Mann hier draußen sitzt und sich nicht versteckt.«
    Olson schaute auf die dürre Gestalt, die jetzt einen Stock umklammert hielt und damit einige Male auf den Boden schlug, als wollte sie damit etwas Besonderes beweisen oder andere warnen. »Er ist zu alt. Er hat sein Leben hinter sich, und er will die anderen warnen, indem er mit dem Stock gegen die Erde schlägt.«
    »Hat es Sinn?«
    »Für ihn schon. Es beruhigt sein Gewissen. Erreichen kann er damit leider nichts. Lassen Sie uns gehen.«
    »Ist es noch weit?«
    Olson, der mir den Rücken zugedreht hatte, wandte den Kopf. »Nein, nicht mehr.«
    Wir erreichten sehr bald einen schmalen Pfad. Nebel trieb uns entgegen. Nein, es war kein direkter Nebel, es war mehr ein warmer Dunst, und er stieg aus dem Boden dieses verfluchten Hügels auf, der nur mehr eine alte Müllkippe war. Vergiftet und verrottet, der in seinem Innern den Tod gelagert hatte.
    Der Pfad führte bergab. Die Hütten umrahmten ihn wie Schatten. Löcher markierten den Weg. In einem schimmerten dunkle Pfützen, die zudem widerlich stanken. Fliegen, dick und fett, umsummten sie. Wenn wir in ihre Nähe gerieten, suchten sie sich neue Beute aus, und wir waren ständig dabei, sie wieder zu vertreiben.
    »Da ist es!«
    Der Schwede war stehengeblieben und streckte seine Hand aus. Er wies auf eine etwas größere Hütte, die für mich aussah, als wäre sie aus einem festeren Material gebaut.
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