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0669 - Blackwood, der Geistermann

0669 - Blackwood, der Geistermann

Titel: 0669 - Blackwood, der Geistermann
Autoren: Jason Dark
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konnte.
    Die schaurige Szene strahlte eine besondere Atmosphäre ab. Das Licht zeichnete kleine Kreise gegen die Decke, ohne jedoch allzu hell zu wirken.
    Stumm wie Säulen umstanden die sechs jungen Mädchen den Sarg. Sie alle trugen dunkle Kleidung.
    Manche Mäntel reichten bis zu den Knöcheln, aber die Strähnen in den Haaren zeigten verschiedene Farben, was die Haarindustrie halt so anbot.
    Bis auf eine Person waren die Bankreihen unbesetzt. In der Ersten saß einsam und verlassen eine Frau, über deren Haare Lichtreflexe hinwegglitten.
    Jane hatte Mrs. Ferrer nie gesehen. Johns Beschreibung nach musste es die Mutter sein. Auch sie bewegte sich nicht und schien auf der Bank festgefroren zu sein.
    Jane entschied sich für die linke Seite. Sie trat nur mit den Ballen auf, nicht mit den Hacken, denn nur so waren ihre Schritte kaum zu hören.
    Auch wenn sie entdeckt sein sollte, so nahm niemand Notiz von ihr. Die Gesichter der sechs Mädchen waren stur auf den offenen Sarg gerichtet.
    Als Jane die erste Reihe erreicht hatte, blieb sie stehen und streckte den Kopf vor.
    Die Gesichter der Mädchen waren ebenso bleich wie das der Toten, die sie genau erkennen konnte.
    Man hatte ihr ein schwarzes Leichenhemd übergestreift, das die Bleichheit des Gesichts und der Hände noch deutlicher hervortreten ließ.
    Sie bot ein schauriges Bild, und Jane fröstelte beim Anblick des maskenhaften Totengesichts.
    Die Frau in der ersten Reihe drehte den Kopf nach links. Jane sah das verweinte Gesicht und die roten Augen, nickte der Person zu und betrat die Reihe.
    Neben der Fremden nahm sie Platz.
    Zwischen den beiden Frauen befand sich nur ein handbreiter Raum. Die andere sprach nicht, dennoch las Jane die Frage in ihren Augen.
    Sie nickte, ein erstes Zeichen der Verständigung. »Mrs. Ferrer?«, hauchte sie.
    Nicken, dann die Unsicherheit. Die Frau bewegte ihre Hände übereinander, als wollte sie die Verlegenheit wegstreicheln. »Wer - wer sind Sie denn, Miss…?«
    »Jane Collins.«
    Kate Ferrer nickte, als könnte sie alles mit dem Namen anfangen. Dennoch sagte sie: »Es tut mir Leid, aber ich habe Sie noch nie zuvor gesehen. Kannten Sie meine Tochter?«
    »Nein.«
    Sie zuckte zurück. »Was - was tun Sie dann hier?«
    »John Sinclair ist auf dem Friedhof. Er will am Grab warten, Mrs. Ferrer.«
    Zunächst floss ein dünner Atem über ihre Lippen, der sich Sekunden später verstärkte. »Dann gehören Sie zu ihm?«
    »So ungefähr.«
    »Das ist gut. Ja, das ist gut. Danke.«
    Jane räusperte sich leise. »Können Sie mir sagen, wer die Mädchen dort sind?«
    »Die Freundinnen meiner Tochter. Sie alle gehören zu der Clique, die sich dem Teufel verschrieben hat.«
    »Das dachte ich mir. Was bedeutet das Ritual?«
    »Kann ich Ihnen nicht sagen. Sie haben die schwarzen Dochte angezündet und stehen dort, als würden sie darauf warten, dass sich meine Tochter aus dem Sarg erhebt.« Die Frau schüttelte sich. »Eine schreckliche Vorstellung.«
    »Stimmt.« Jane legte den Kopf schief. »Das scheint mir nach einem Ritual auszusehen, allerdings einem heidnischen.«
    »Jedenfalls nicht christlich.«
    »Was wissen Sie noch?«
    »Gar nichts, überhaupt nichts. Ich sitze hier und komme mir bei der Beerdigung meiner eigenen Tochter vor wie eine Fremde. Ich drehe bald durch, meine Ruhe ist nur gespielt.«
    »Keine Sorge, ich bin bei Ihnen.«
    »Und Sie kennen John Sinclair tatsächlich?«
    »Wir arbeiten zusammen.«
    »Gut, das ist gut.« Mrs. Ferrer fragte nicht mehr weiter, weil Bewegung in die Mädchen kam. Nein, es war kein Tanz, den sie aufführten, dafür gingen sie zu langsam, aber sie umrundeten den offenen Sarg mit kleinen Schritten und begannen damit, Worte zu flüstern, die für beide Zuhörerinnen unverständlich waren.
    Aber sie sprachen lauter, und Jane Collins war in der Lage, einiges davon zu verstehen.
    Sie dachte automatisch an früher und damit an die Zeit, als sie noch dem Teufel gedient hatte. Im Nachhinein, war das sehr schlimm für sie gewesen, hatte allerdings auch seine Vorteile gehabt, denn etwas Wissen steckte noch in ihr.
    Und deshalb konnte sie auch einiges von dem verstehen, was die sich um den Sarg bewegenden Frauen flüsterten. Sie sprachen vom Teufel, von der Hölle und von der Allmacht des Fürsten der Finsternis, der seine Diener nicht im Stich ließ.
    Jane musste zugeben, dass sie schon verdammt tief in diese schreckliche Materie vorgedrungen waren, denn diese Rufe und blasphemischen Gedichte gehörten
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