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0662 - Wächter der Knochengruft

0662 - Wächter der Knochengruft

Titel: 0662 - Wächter der Knochengruft
Autoren: Werner Kurt Giesa
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pflanzte Bancroft sein mühsam herangezüchtetes Übergewicht hinter den Schreibtisch und fand sich allmählich mit dem Gedanken ab, seiner Tätigkeit als bereits zum zweiten Mal wiedergewählten obersten Gesetzeshüters des Dade-Counties nachgehen zu müssen, statt am gut überschatteten Tisch eines Straßencafés zu sitzen und den Anblick der hübschen Mädchen zu genießen, die in kurzen Kleidchen und Röckchen und Höschen, knappsten Tops und Shirts und beinahe durchsichtigen Blusen vorbeiflanierten.
    Als erstes hinterließ er einen Kaffeefleck auf dem Schnellhefter, den ihm jemand auf den Schreibtisch gelegt hatte; das war keine Routinehandlung, sondern ein ärgerliches Mißgeschick. Ärgerlich deshalb, weil dieser Kaffee nach texanischer Art aufgebrüht war - das Hufeisen schwimmt oben. »Verschwendung«, murmelte Bancroft, der Dienst und Frühstück heute einsatzplanmäßig spät anfing, etwa gegen elf Uhr vormittags, »dieses Papier weiß gar nicht zu würdigen, was es da… hm.« Er öffnete den Schnellhefter und überflog die Berichte der vergangenen Nacht.
    Da hatte es eine Schießerei gegeben. Ein von einem guten Dutzend Kugeln durchlöcherter Mann war auf der Straße gefunden worden; Nachbarn, die die Schüsse gehört hatten, alarmierten die Polizei. Die fand allerdings nur noch den Toten, sowie Scherben einer zertretenen Sonnenbrille und ein zerfetztes Top, Größe 38. Der Tote war bereits obduziert worden, und unter seinen Fingernägeln fanden sich Stoffasern, die von eben diesem zerfetzten Textil stammten.
    Der Verdacht lag nahe, daß der Tote versucht hatte, eine Frau zu überfallen, und die hatte ihn niedergeschossen und war geflohen.
    Aber einer der alarmierten Nachbarn wollte einen Pickup starten und davonrasen gesehen haben, nur konnte er leider weder Farbe noch Kennzeichen des Wagens nennen.
    Immerhin - die Kugeln, die im Körper des Toten steckten, waren nach dem Kaliber zu urteilen aus einer Pistole abgefeuert worden. Nur hatte niemand Patronenhülsen gefunden. Bei einem Revolver wäre das normal gewesen, da blieben sie in der Trommel stecken, aber eine Automatikpistole warf die leeren Hülsen aus. Bancroft konnte sich nicht vorstellen, daß jemand so viele Hülsen, wie hier Kugeln verschossen worden waren, penibel aufsammelte, während er damit rechnen mußte, daß die Schüsse gehört worden waren und die Polizei alarmiert worden war. Und im Großraum Miami waren die Cops schnell…
    Das sprach dafür, daß tatsächlich ein Fahrzeug im Spiel war, und aus diesem Fahrzeug heraus mußte geschossen worden sein. Dann lagen auch die Geschoßhülsen im Wagen.
    Aber das zerrissene Kleidungsstück und die Brillenscherben…
    Die Straße, in der sich der Vorfall abgespielt hatte, kam dem Sheriff bekannt vor. Den Namen hatte er schon einmal in einem anderen Zusammenhang gehört, gelesen… aber das mußte schon geraume Zeit zurückliegen. Ein Jahr? Länger. Anderthalb bestimmt. Aber es wollte ihm nicht einfallen.
    Vielleicht später…
    Er widmete sich dem nächsten Bericht.
    Ein explodierter Mitsubishi-Pickup, in einer abgelegenen Gegend total ausgebrannt. Im Fahrzeug die verkohlten Überreste eines noch nicht identifizierten Mannes.
    »Würde mich gar nicht wundern, wenn in der Karre Patronenhülsen eines ganz bestimmten Kalibers gefunden würden«, murmelte Bancroft, sah nach, ob vermerkt war, wohin das ausgebrannte Wrack gebracht worden war, und rief dort an, um es dahingehend untersuchen zu lassen.
    »Haben wir schon gefunden und uns darüber gewundert, Sheriff«, kam es zurück. »Wollen Sie die Hülsen haben?«
    »Her damit!« verlangte Bancroft und legte auf.
    Da schienen zwei Fälle miteinander verknüpft zu sein.
    Und plötzlich fiel ihm auch wieder ein, woher ihm der Straßenname bekannt vorkam.
    Das lag nun gut anderthalb Jahre oder etwas mehr zurück. Damals war auch Zamorra mit von der Partie gewesen, dieser gespensterjagende Professor aus Frankreich, der eine so verdammt hübsche und so verdammt erfreulich freizügige Freundin hatte und häufig bei Robert Tendyke zu Gast war. Mit jener Nicole Duval zusammen war Bancroft damals in einem Haus in dieser Straße gewesen.
    Franco hatte der Typ geheißen, um den es ging; sein Nachname war Bancroft entfallen.
    »Na hoppla«, sagte der Sheriff. »Wollen doch mal sehen, ob ich mein Gedächtnis nicht noch ein bißchen mehr auffrischen lassen kann.«
    Er griff wieder zum Telefon und rief in Tendyke's Home an.
    Vielleicht ergab es sich ja, daß er
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