Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0636 - Der dunkle Lord

0636 - Der dunkle Lord

Titel: 0636 - Der dunkle Lord
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Er trat an ein Fenster, das kein Fenster war. Hier gab es nur eine geschlossene, feste Wand, aber Magie gaukelte hier ein Fenster vor, das tatsächlich zeigte, was draußen vor den Burgmauern zu sehen war. Ein blauer Himmel, vorbeiziehende Vögel.
    Die Druidin betrachtete Merlin. Obgleich der Zauberer von Avalon uralt war, war sein Körper jung und straff, mit glatter Haut und festen Muskeln. Nicht einmal der weiße Schopf und der lange, weiße Bart konnten den Eindruck ewiger Jugendlichkeit zerstören. Merlin war jung und alt zugleich - er war zeitlos.
    Und die vergangenen Stunden voller märchenhafter Zärtlichkeit und rasendem Sex schienen ihn irgendwie verjüngt zu haben. So wie Teri erschöpft und entspannt war, wirkte Merlin gestärkt und dynamisch. Beinahe war es, als habe jene Kraft, die den Zauberer seit Jahrtausenden am Leben erhielt, sich an Teris Jugendlichkeit gestärkt und erneuert.
    Am ›Fenster‹ wandte Merlin sich wieder um; sein Blick ruhte auf ihrer Schönheit wie ihrer auf seinem Körper.
    »Es ist gut, daß du gerade jetzt hierher gekommen bist«, sagte er leise. »Ich brauche deine Hilfe. Ein alter Feind ist zurückgekehrt.«
    Teri rollte sich auf die Seite und stützte sich auf einen Ellenbogen. »Wovon sprichst du, Merlin?« Ein wenig war sie enttäuscht. Sie schwelgte noch in der Erinnerung an die erlebte Ekstase, und Merlin sprach von einem alten Feind. Von einem Augenblick zum anderen zerstörte er die Stimmung, in der Teri sich eben noch befunden hatte. Sie versuchte diese Stimmung noch ein wenig zu retten, aber sie ahnte bereits, daß es ihr nicht gelingen würde.
    »Ich habe seine Paradox-Magie gefühlt«, sagte Merlin. »Durch ihre Anwendung hat er sich verraten.«
    »Paradox-Magie?« fragte Teri.
    »Er ist ein Meister in dieser Kunst. Er ist der Herr des Dunklen Ordens. Das Kreuz der drei Monde wird…« Merlins Stimme war leiser geworden, verstummte jetzt. Er kam vom ›Fenster‹ zurück und trat an das Lager, dessen weiche Felle Teris nackte Haut streichelten. Merlin streckte die Hand aus, griff nach der Druidin und befand sich im nächsten Moment mit ihr zusammen an einem anderen Ort innerhalb der Burg.
    Im Saal des Wissens !
    Ein riesiger Raum, von seinen Abmessungen allein schon größer als der Grundriß der Burg, die Wände eine gigantische Sammlung glitzernder und funkelnder Kristalle. Doch diese Kristalle dienten nicht als Dekor, sondern in ihnen war Wissen gespeichert. Jeder Kristall war eine kleine Datenbank für sich, auf die Merlin jederzeit zurückgreifen konnte.
    Manchmal fragte Teri Rheken sich, ob er überhaupt noch wußte, welches Wissen wo gespeichert und abrufbar war.
    Es gab noch etwas anderes in diesem Saal, der nur Unsterblichen Vorbehalten war und in dem jeder auf der Stelle starb, der nicht zu den Unsterblichen gehörte und nicht von Merlin autorisiert worden war: die Bildkugel. Ein großes, über einem Sockel schwebendes Gebilde, das in holografischer Darstellung jeden Ort und jede Person zeigen konnte, die sich irgendwo auf der Erde befanden.
    »Schau ihn dir an«, sagte Merlin.
    Teri hatte ein paar Probleme, das Gleichgewicht wiederzuerlangen; eben noch hatte sie auf ihren Fellen gelegen und sollte jetzt, einen Atemzug später, aufrecht stehen. Merlin hielt sie, sorgte dafür, daß sie nicht strauchelte und stürzte. Unwillkürlich drängte sie sich an ihn und spürte die Wärme seiner Haut auf ihrer.
    »Das ist eine Premiere«, murmelte sie.
    »Bitte?« fragte er irritiert.
    Sie lächelte. »Daß wir beide splitternackt in diesem Saal stehen.« Bei ihr war es weniger ungewöhnlich; sie verzichtete oft auf Kleidung, und meist bestand das, was sie am Leib trug, ohnehin nur aus feingesponnener Silbermond-Magie. Bei Merlin war das etwas ganz anderes…
    Aber er ging nicht auf ihre Bemerkung ein; er reagierte nicht einmal, als sie nun den Arm um seine Taille legte. Statt dessen deutete er auf die Kugel.
    Darin begann sich etwas abzuzeichnen. Es entstand aus düsteren Nebelwolken heraus. Eine große Gestalt in einem dunklen Umhang, der fast den gesamten Körper bedeckte. Nur der Kopf, ein Teil der Arme und die Hände waren sichtbar. Schwarzes, halblanges Haar umrahmte ein Ge sicht, das maskenhaft starr wirkte. Selbst die Augen blieben seltsam leblos.
    »Ein Puppengesicht«, flüsterte Teri.
    »Mein alter Feind«, sagte Merlin »Als er das letzte Mal versuchte, mich zu vernichten, durchkreuzten Zamorra und seine Gefährtin seinen Plan. Er floh. Aber jetzt ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher