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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht
Autoren: Paul Wolf
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Barons de Conde ließ ihn nicht mehr los.
     

     

Vergangenheit
    Die Tage nach dem furchtbaren Schicksalsschlag, der mich getroffen, waren öd und leer. Oft dachte ich daran, meinem Leben ein Ende zu machen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß das Leben ohne meine Frau und meine geliebten Kinder noch einen Sinn für mich haben konnte. Aber je weiter die Zeit voranschritt, einen desto größeren Abstand gewann ich zu den Ereignissen auf dem Eulenberg. Ich konnte wieder klarer denken, und wenngleich der Schmerz über den Verlust meines Glücks weiterhin tief in meiner Seele brannte, so begann ich die Dinge doch mit anderen Augen zu sehen.
    In den Tod gehen. das wäre Feigheit und Kapitulation vor der Wirklichkeit gewesen. Und im Tod hätte ich sicherlich keine Ruhe und Erlösung gefunden, da die Schuld, die ich auf mich geladen hatte, dadurch nicht getilgt worden wäre.
    Ich hatte geglaubt, schlau zu sein, doch der Fürst der Finsternis war um vieles schlauer gewesen und hatte meine Seele bekommen. Das heißt, besaß er sie wirklich? Hätte ich dann nicht ein Werkzeug des Bösen sein müssen? Wäre ich dann nicht selbst zu einem Dämon geworden? Doch anstatt mich mit den Dämonen verbunden zu fühlen, begann ich sie zu hassen. Ja, mein Haß gegen Asmodi und seine finsteren Heerscharen wuchs von Tag zu Tag, und irgendwann glomm der Gedanke an Rache in mir auf, der immer stärker wurde und schließlich all mein Denken und Wollen bestimmte.
    Ich würde mich rächen. Aber wie?
    Bald nach Neujahr erfuhr ich von der Verordnung, die Papst Innozenz VIII. in Rom erlassen hatte.
    In seiner Bulle Summis diserantes-affeetibzis befahl er der Kirche das Aufspüren von Hexen und Dämonen zur Errettung der christlichen Menschheit. Wenig später erreichte mein Schloß die Kunde, daß der Papst auch zwei Dominikaner für die deutschen Lande bestimmt hatte, wo das Hexenwesen in den letzten Jahren besonders zu blühen schien.
    Die beiden Dominikaner, die als Ketzerrichter ernannt waren und von Innozenz VIII. ausgedehnte Vollmachten erhalten hatten, hießen Heinrich Institoris und Jakob Sprenger. Ersterer war für Oberdeutschland verantwortlich, letzterer für die Rheingegend.
    Als mir dann bekannt wurde, daß die beiden Dominikaner sich in Konstanz aufhielten, um die allgemeinen Richtlinien für die Hexenverfolgung auszuarbeiten, beschloß ich, ebenfalls nach Konstanz zu fahren.
    Aber die schlechte Witterung, langanhaltende Schneefälle und Temperaturen, die tief unter den Gefrierpunkt sanken, verhinderten meine Abreise. Am 21. Januar war es dann endlich soweit. Der Schnee schmolz, die Temperaturen stiegen an. Ich packte alles zusammen, was ich für einen längeren Aufenthalt benötigte, nahm alles Geld an mich, das ich im Schloß aufbewahrte, und fuhr mit meinem Diener Eustache in der Kutsche nach Konstanz.
     

     
    Ich stieg in dem recht anständigen Gasthof Zum heiligen khindlein ab, den ich von früheren Reisen in guter Erinnerung hatte. Dort konnte ich meine Kutsche einstellen, die Pferde bekamen einen guten Stall, und auch der Kutscher und mein Diener Eustache wurden ordentlich versorgt.
    „Dem Herrn Baron wird es gut bei uns gefallen“, versicherte die fette Wirtin, die einen ordentlichen Eindruck machte, und auch das Gesinde war nicht so schmutzig wie anderswo. Die vier Mädchen hatten saubere Schürzen um ihre drallen Körper gebunden, und die Wirtin achtete darauf, daß keiner der Gäste ihnen unter die Kittel langte.
    Auch das Zimmer, das ich bekam, erfüllte meine Ansprüche. Es war geräumig und mit kunstvoll geschnitzten Bauernmöbeln ausgestattet. Freilich, der Luxus war nicht übermäßig, aber ich glaubte der vertraulichen Aussage des Mädchens Brunhilde, daß man in diesem Gasthof weniger Angst vor Läusen und Wanzen zu haben brauchte als in jedem anderen von Konstanz.
    Da ich müde von der Reise war, ging ich früh zu Bett und beschloß, mich erst am nächsten Tag um meine Angelegenheiten zu kümmern. Doch ich schlief schlecht. In meinen Träumen verfolgte mich das Gelächter Asmodis, und er ließ mich auf meiner Flucht vor ihm von den Teilen des zerstückelten Esels verfolgen.
    Dann tauchen zwei männliche Gestalten in langen Kutten auf und retteten mich, Kruzifixe schwingend. In den Gewölben der Inquisition sprachen Heinrich Institoris und Jakob Sprenger den Bannfluch gegen Asmodi aus und vertrieben ihn für alle Zeiten aus dieser Welt.
    Solche und ähnliche Träume hatte ich jede Nacht, seit ich von der
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