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0573 - Der uralte Henker

0573 - Der uralte Henker

Titel: 0573 - Der uralte Henker
Autoren: Jason Dark
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aufnehmen, denn es war ein besonderer. Lange hatte er gezögert, aber jetzt war die Zeit reif.
    Wenn die anderen gewußt hätten…
    Ein hohl klingendes Kichern drang aus seinem Mund, als er die Arme nach einer Astgabel reckte. Mit beiden Händen mußte er zugreifen, um einen bestimmten Gegenstand fassen zu können. Der klemmte jedoch fest.
    Der Mönch zog stärker, spürte den Ruck, als sich der Gegenstand aus der Verklemmung löste, und der Abt durch den Gegendruck nach hinten fiel.
    Er landete auf dem Rücken, seine Beute aber mit beiden Händen festhaltend.
    Lautes Keuchen durchdrang die Stille der Lichtung. Es verstummte erst, als sich der Abt den Gegenstand vor sein Gesicht preßte. Nur noch ein leises Rascheln war zu hören, als Ricardo aufstand und einen bestimmten Weg einschlug.
    Er war bereit…
    ***
    Die Wolke blieb, der Spuk ging nun auf Nummer Sicher. Ich trat auf den Henker zu. Mein verblaßtes Kreuz hatte ich weggestreckt, ich brauchte es nicht mehr.
    Vor dem Unheimlichen blieb ich stehen. »Willst du vorangehen?« fragte ich ihn.
    »Nein, du!«
    Die Treppe war einfach zu schmal, um zwei Personen nebeneinander hergehen zu lassen.
    »Ich kenne den Weg nicht.«
    »Den beschreibe ich dir. Außerdem will ich dich nicht gern in meinem Rücken haben.«
    »Traust du mir nicht?«
    »Keinem, der so ist wie du. Der sich auf Dinge verläßt, die der Teufel haßt.«
    »Du doch auch – oder?«
    »Ja.«
    Daß er damit mein Kreuz gemeint hatte, war mir längst klar geworden. Ich drückte mich an ihm vorbei. Trotz der Finsternis konnte ich sein Gesicht erkennen. Es erinnerte mich an Faltenpuzzle. Bisher hatte ich seine Haut noch nicht berührt. Zombies haben meist eine kalte Haut, die sich wie Teig anfühlt. Bei Lorenzo wollte ich daran nicht glauben. Seine Gesichtshaut, zudem leicht dunkel, erinnerte mich mehr an brüchiges Leder, das nur noch mühsam zusammengehalten wurde.
    Der Spuk blieb bei uns. Zwar zeigte er seine Augen nicht mehr, aber der grauschwarze, dünne Schleier blieb wie ein Umhang, der über den Stufen hing, sich mal verdichtete und dann wiederum aussah wie ein dünnes Kleid.
    Ich kannte die Treppe nicht und setzte dementsprechend vorsichtig meine Schritte.
    Eines hatten die Stufen gemeinsam. Sie waren sehr steil. Leider auch unterschiedlich hoch, so daß ich bei manchen von ihnen mein Bein stark ausstrecken mußte.
    Lorenzo, der Henker, ging hinter mir her. Wenn er die Stufen nahm, schlurften seine Schritte, als hätte er große Mühe, sich überhaupt zu bewegen. Begleitet wurde er von einem Kratzen, weil die Schwertspitze über die Stufenkanten schabte.
    Am Ende der Treppe wartete ich im Schutz einer hinter mir hochwachsenden Mauer. Ich schaute dem Henker entgegen, weil er sich aus den dunklen Schwaden löste. Ein nächtliches Gespenst, das seinen Platz zwischen den alten Klosterbauten gefunden hatte.
    Auch der Saum seines Gewandes zeigte zackige Stellen. Dort war der Stoff eingerissen. Wenn er gegen die Schienbeine des Henkers schlug, wallte Staub auf.
    »Da du dich hier auskennst, wirst du mir sagen, wohin ich nun gehen muß.«
    »Freust du dich darauf?«
    »Auf den Teufel?«
    »Ja.«
    Ich nickte ihm zu. »Irgendwie schon. Es gibt Dinge, die mich besonders interessieren. Ich bin gespannt darauf, wie der Höllenherrscher reagiert, wenn er dich, seinen alten Gefangenen, sieht. Wahrscheinlich wird er längst wissen, daß du befreit worden bist. Ich kenne ihn ziemlich gut. Der Teufel verkraftet es nicht so leicht, wenn man gewisse Dinge wegnimmt, die er für sich beansprucht.«
    »Das ist mir egal.«
    Ich hob die Schultern. »Du mußt es wissen. Noch einen Rat, Henker. Stell dir die Sache nur nicht so einfach vor. Nicht ohne Grund herrscht Asmodis über solch ein gewaltiges Reich. Er ist eine Figur, die sich zudem verstellen kann. Er ist heimtückisch, er ist grausam, auch falsch-freundlich, aber stets auf seinen Vorteil bedacht, die Seelen der Menschen in seine Gewalt zu bekommen. Man kann ihn nicht begreifen, er ist eine Macht, er ist das Böse an sich, und er ist nicht einmal eine Person, denn er setzt sich aus dreien zusammen, um eine zu formen.«
    »Du kennst dich aus.«
    »Ich habe mich mit ihm beschäftigt, glaub mir. Asmodis, Beelzebub und Baphomet, das sind die drei, die sich in dem absolut Bösen, eben Luzifer, vereinen.«
    Der Henker schüttelte den Kopf. »Ich lasse mir von dir keine Furcht einjagen. Zu lange schon habe ich über meine Rache nachgedacht. Ich habe mir alles genau
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