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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee
Autoren: Karl May
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Gelächter der Trinker erregt hatten. Sie waren, als ob sie sich vor andern Menschen fürchteten, scheu auf die Seite gegangen und lehnten nun an einem aus starkem Holz gefertigten mannshohen, ebenso breiten und gleich langen Kasten. Dort schienen sie auf nichts zu achten, und selbst als der Cornel jetzt auf sie zukam, erhoben sie die Augen nicht eher, als bis er hart vor ihnen stand und sie anredete: „Heißes Wetter heut! Oder nicht, ihr roten Burschen? Da tut ein Trunk wohl. Hier, nimm, Alter und schütte es auf die Zunge.“
    Der Indianer rührte kein Glied und antwortete in gebrochenem Englisch: „Not to drink  – nicht trinken.“
    „Was, du willst nicht?“ brauste der Besitzer des roten Kehlbartes auf. „Es ist ein Drink, verstanden, ein Drink! Diesen zurückgewiesen zu sehen, ist für jeden veritablen Gentleman, wie ich einer bin, eine blutige Beleidigung, welche mit dem Messer vergolten wird. Doch vorher muß ich wissen, wer du bist. Wie heißt du?“
    „Nintropan-hauey“, antwortete der Gefragte ruhig und bescheiden.
    „Zu welchem Stamm gehörst du?“
    „Tonkawa.“
    „Also zu den zahmen Roten, welche sich vor jeder Katze fürchten, verstanden, vor jeder Katze, und wenn es auch nur das kleinste Kätzchen wäre! Mit dir werde ich kein Federlesens machen. Also, willst du trinken?“
    „Ich nicht trinken Feuerwasser.“
    Er sagte das trotz der Drohung, welche der Cornel ausgesprochen hatte, ebenso ruhig, wie vorher. Der letztere aber holte aus und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
    „Hier dein Lohn, du roter Feigling!“ rief er aus. „Ich will mich nicht anders rächen, weil so eine Kanaille zu tief unter mir steht.“
    Kaum war der Hieb erteilt, so fuhr die Hand des Indianerknaben unter die Zunidecke, jedenfalls nach einer Waffe und zugleich flog sein Blick zum Gesicht seines Vaters empor, was dieser jetzt tun und sagen werde.
    Das Gesicht des Roten war ein so ganz andres geworden, daß man es jetzt fast nicht hätte wiedererkennen mögen. Seine Gestalt schien emporgewachsen zu sein, seine Augen leuchteten auf, und über seine Züge zuckte eine plötzlich lebendig gewordene Energie. Aber ebenso schnell senkten sich seine Wimpern wieder nieder; sein Körper fiel zusammen, und sein Gesicht nahm den vorherigen ergebenen Ausdruck an.
    „Nun, was sagst du dazu?“ fragte der Cornel höhnisch.
    „Nintropan-hauey danken.“
    „Hat dir die Ohrfeige so sehr gefallen, daß du dich für sie bedankst? Nun, da hast du noch eine!“
    Er holte abermals aus, schlug aber, da der Indianer den Kopf blitzschnell senkte, mit der Hand gegen den Kasten, an welchem die Indsmen lehnten, daß es einen lauten, hohlen Ton ergab. Da erscholl von innen erst ein kurzes, scharfes Knurren und Fauchen, welches schnell zu einem wilden, gräßlichen Schrei anschwoll, dem ein solch donnerähnliches Brüllen folgte, daß man meinte, das Schiff erzittere unter diesen entsetzlichen Tönen.
    Der Cornel sprang einige Schritte zurück, ließ das Glas fallen und schrie mit erschrockener, heftig gellender Stimme: „Haevens! Was ist das? Welch eine Bestie steckt in diesem Kasten? Ist das erlaubt? Man kann vor Schreck den Tod oder wenigstens die Epilepsie davontragen!“
    Der Schrecken hatte nicht nur ihn, sondern auch die andern Passagiere ergriffen. Die an Deck sich befindlichen Männer hatten ebenso wie der Cornel laut aufgeschrien. Nur vier von ihnen hatten mit keiner Wimper gezuckt, nämlich der Schwarzbärtige, welcher jetzt ganz vorn am Bug saß, der riesenhafte Herr, welchen der Cornel zum dritten Drink einladen wollte und die beiden Indianer. Diese vier Personen hatten ebensowenig wie die anderen gewußt, daß sich ein wildes Tier an Bord und zwar dort in dem Kasten befinde, aber sie besaßen eine so große und langgeübte Selbstbeherrschung, daß es ihnen nicht schwer wurde, ihre Überraschung zu verbergen.
    Das Gebrüll war auch unter Deck in den Kajüten gehört worden. Es kamen mehrere Damen unter lautem Geschrei herauf und erkundigten sich nach der Gefahr, die ihnen drohe.
    „Es ist nichts, Ladies und Mesch'schurs“, antwortete ein sehr anständig gekleideter Herr, welcher soeben auch aus seiner Kabine getreten war. „Nur ein Pantherchen, ein kleines Pantherchen, weiter gar nichts! Ein allerliebster Felis panthera , nur ein schwarzer, nur ein schwarzer, Mesch'schurs!“
    „Was? Ein schwarzer Panther!“ heulte ein kleines, bebrilltes Männlein auf, dem man es ansah, daß er mehr in zoologischen Büchern als im
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